Die Cousine aus Frankreich. Catherine St.John

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Die Cousine aus Frankreich - Catherine St.John

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Westen segeln würden, müsste es seit Neuestem im Norden hell werden. Also was soll das alles?“

      Tatsächlich war backbord – welche Himmelsrichtung es auch immer sein mochte, auf die Louis´ anklagender Zeigefinger wies – eine schwache hellere Färbung wahrzunehmen.

      Georges antwortete zunächst nicht. Während der lastenden Stille lief es Geneviève trotz der tröstenden Worte von Georges kalt über den Rücken: Bestimmt war jetzt alles aus: Louis würde verhindern, dass man sie in England absetzte, und in Frankreich ungeheuren Krach schlagen – sie würden alle auf der Guillotine sterben. Nur mühsam bewahrte sie äußerlich die Ruhe und zwang sich, auf Georges zu vertrauen: Hoffentlich fiel ihm etwas ein, um Louis zu beruhigen!

      Da hörte sie Georges bedächtig sagen: „Wohl, Louis, da magst du schon recht haben. Wir fahren tatsächlich nicht nach Westen, sondern nach Norden.“

      „Nach Norden? Aber – nach England?!“

      „Nach England“, bestätigte Georges mit bewunderungswürdiger Gelassenheit.

      „Das dulde ich nicht! England ist ein feindliches Land! Du verrätst die Revolution, wenn du einem Feind der Republik zur Flucht verhilfst!“

      Das hatte sie befürchtet. Um Gottes willen – was sollte sie jetzt tun? Geneviève wurde von einer derartigen Verzweiflung erfasst, dass sie sich vornahm, eher über Bord zu springen und zu ertrinken, als sich nach Frankreich zurückschaffen zu lassen – sterben müsste sie ja auf jeden Fall. Aus diesen morbiden Gedanken wurde sie durch Georges´ Stimme gerissen, die Louis antwortete: „Das duldest du nicht? Du hängst ja auch schon mit drin. Schließlich sehen es die guten republikanischen Bürger gar nicht gerne, wenn man von einem Flüchtling Geld annimmt – sie schimpfen doch immer über die Korruption. Du kannst es ihm natürlich wieder zurückgeben -“

      Er hielt inne und registrierte befriedigt, dass sich bei Louis die erwartete Wirkung einstellte: Sein Gesicht wurde immer länger. Dann sprach Georges weiter: „Ich würde ja sagen, die Gefahr ist geringer, dass das hier rauskommt, als dass deine Frau von deinen Spielschulden erfährt und dir den Kopf abreißt – aber natürlich musst du das selber entscheiden. Ich will dir da nicht reinreden, schließlich leben wir in einer freien Republik.“

      Der spöttische Unterton war unverkennbar; Geneviève, die gebannt lauschte, konnte sich trotz ihrer Befürchtungen ein Lächeln nicht verkneifen.

      Louis stand einige Minuten stumm da und wog die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander ab; dann gab er sich einen Ruck und erklärte: „Na gut, mir soll´s recht sein. Aber wo willst du fischen?“

      „Auf dem Rückweg – von hier bis Cap Hague gibt es ausgezeichnete Fischgründe, da kriegen wir bestimmt genug zusammen.“

      Die Nacht neigte sich mehr und mehr ihrem Ende zu; allmählich tauchten aus der nächtlichen Schwärze Meer und Himmel in einer fahlen graublauen Tönung auf; in ihrer näheren Umgebung nahm Geneviève Farben wahr, die sich aus dem Dämmerungsgrau immer deutlicher herausschälten: Louis´ knallrotes Halstuch, sein Haar von stumpfem Braun, Georges´ blau gestreifte Hosen, eine gelb gestrichene Tonne, neben der sie die ganze Nacht gesessen hatte, ohne sie auch nur bemerken. Sie bildete sich ein, in der Ferne die englische Küste erkennen zu können. Der Wind blies unvermindert kräftig: eigentlich erstaunlich, dass sie nicht seekrank geworden war, denn das Meer war nicht besonders ruhig zu nennen.

      Plötzlich spürte sie, wie steif und klamm ihre Glieder von der langen Nacht waren, die sie fast unbeweglich in der Kälte des Windes verbracht hatte; vor Aufregung, es könnte etwas schief gehen, hatte sie gar nicht so sehr gefroren. Nun erhob sie sich ungelenk und streckte sich ausgiebig, die Arme weit nach hinten ausgestreckt.

      Unglücklicherweise ah Louis gerade in diesem Augenblick in ihre Richtung und stellte zu seiner Verblüffung fest, dass der junge Bursche eine etwas ungewöhnliche Figur besaß: zwar schlank, fast mager, aber an gewisser Stelle doch unverkennbar sanft gerundet. Na, das war aber mal eine angenehme Überraschung!

      „He! Georges! Stell dir vor – das ist ja ein Mädchen!“, rief er aufgeregt und näherte sich, ein schmieriges Grinsen, das er wohl für sehr verführerisch hielt, im Gesicht, der zu Tode erschrockenen und völlig erstarrten Geneviève.

      „Na“, fuhr er fort, während er sie auf eine Weise musterte, die ihr das Blut in die Wangen trieb, „so ein hübsches Kind! Steht dir gut, die Hose da. Und dir ist es nur drei lumpige Louis d´or wert gewesen, dass sie dir nicht deinen niedlichen Hals abgeschnitten haben? Also das nenne ich ganz schön undankbar. Da möchte ich schon noch ein bisschen mehr haben!“

      Louis´ erste begeisterte Ausrufe hatte das Möwengeschrei übertönt. Nun erst bemerkte Georges, der am Bug beschäftigt war und dort Louis´ helfende Hand vermisste, dass am Heck offensichtlich etwas vor sich ging. Er befahl den beiden anderen, gut aufzupassen, und begab sich gemächlich nach hinten – gerade recht, um zu sehen, wie Louis Geneviève bei den Schultern gepackt hielt und sich über ihr abgewandtes Gesicht beugte. Sie wehrte sich verzweifelt, stemmte beide Hände gegen seine Brust und versuchte, ihn wegzuschieben – vergeblich, er war ja so viel stärker als sie und lachte nur über ihre wütenden Anstrengungen, sich von ihm zu befreien, ja, es schien ihn sogar nur noch mehr zu reizen.

      „Lassen Sie mich los – ich will nicht – nein!! Georges, Georges, zu Hilfe! Nehmen Sie sofort ihre Hände weg! Georges!!“

      Louis packte sie nur noch fester, zog sie noch enger an sich und knurrte gereizt: „Nun zier´ dich doch nicht so! Kannst deinem Retter ja wohl einen kleinen Gefallen tun. So ein leckeres Püppchen hab ich noch -“

      An dieser Stelle seiner feurigen Liebeserklärung fühlte er sich plötzlich um die eigene Achse gedreht, verlor das Gleichgewicht und wurde unsanft auf das Deck geschleudert. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, stand Georges breitbeinig über ihm, eine Hand in der Hosentasche und in den Augen einen Ausdruck, der Louis nichts Gutes ahnen ließ.

      „Das wirst du gefälligst schön bleiben lassen, du Widerling!“, fauchte er den Verdutzten an, der unsicher zu ihm aufblinzelte. „Wir schaffen sie bestimmt nicht deshalb nach England, damit du sie belästigen sollst. Also lass gefälligst deine dreckigen Pfoten von ihr, hast du verstanden?“

      Das nahm Louis denn doch übel auf: „Sag mal, wie redest du eigentlich mit mir? Bist du vielleicht was Besseres als ich? Und die da, die ist sich wohl zu schade für einen ehrlichen Kerl? Aber jetzt weht ein anderer Wind – feine Leute gibt´s in Frankreich nicht mehr!“

      Mit diesen Worten sprang er auf und wollte auf Georges los. Doch der machte sofort einen Satz zurück und zog die Hand aus der Hosentasche. Der im fahlen Morgenlicht blinkende Gegenstand in seiner Hand ließ Louis auf der Stelle zur Salzsäule erstarren – mit diesem scharfen Messer wollte er nicht so gerne Bekanntschaft schließen.

      Gebannt starrte er auf Georges´ Hand und schluckte trocken, als Georges leise und überdeutlich sagte: „Ich stech´ dich ab wie ein Schwein, Louis, wenn du noch einmal deine dreckigen Hände nach dem Mädchen ausstreckst – ist das klar? Also benimm dich gefälligst!“

      „Das wirst du noch bereuen“, zischte Louis erbost.

      Geneviève, die dem Gespräch atemlos gelauscht hatte, erschauerte, als sie seinen bösartigen Unterton wahrnahm. Ob er wohl Georges, Jean-Baptiste, ja, alle ihre treuen Freunde vor eines dieser Revolutionstribunale schleppen würde – aus Rache?

      Doch Georges schien von solchen Ängsten nichts zu spüren; offensichtlich hatte er sich schon öfter in einer derartigen Situation befunden. „Wenn ich das bereue“, erwiderte er gelassen und begann,

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