Mord nach W.E.G.. Peter Jokiel
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Mir reicht es auch für heute, also mache ich Feierabend.
Da mir der Apfelkuchen noch im Magen liegt, bin ich froh, dass meine Frau etwas Leichtes zum Abendessen vorbereitet hat. Es gibt Fisch mit Risotto und Feldsalat, einfach ein Traum. Außerdem ist heute wieder mal Krav Maga Training angesagt und das mit meinem Kumpel Dominik.
Da ich seit der Geburt meines Sohnes nicht mehr regelmäßig trainiere, freue ich mich auf den Abend. Sich mal wieder richtig auspowern und mal sehen was man noch drauf hat ist nicht nur gut für die Figur, sondern auch fürs Ego. Krav Maga ist eine israelische Selbstverteidigungskunst und mit keiner Kampfsportart zu vergleichen. Das Training ist nicht nur härter, es ist auch vielseitiger und auf alle möglichen Angriffe hin ausgerichtet. Es gibt keine vorgeschriebenen Formen die zu beherrschen sind, sondern es geht nur darum, sich mit Härte und Hirn jedem erdenklichen Angriff entgegen zu stellen bzw. diesen abwehren zu können.
Das Training findet im Sport Centrum in der Schüblerstraße, hinter dem Business Tower statt und als ich auf den Parkplatz fahre weiß ich sofort, dass Dominik schon da ist. In ganz Nürnberg gibt es keinen zweiten knallroten 65er Mustang.
Nach knapp zwei Stunden Schinderei und einer ausgiebigen Dusche setze ich mich mit Dominik an die Bar und wir kommen natürlich auch auf meinen Fall zu sprechen. „Verstehe ich das jetzt richtig“, fängt er an, „Du bist zwar immer noch unser Polizeisprecher, ermittelst aber trotzdem?“
Da er ebenfalls bei der Polizei ist, kennt er natürlich auch die Strukturen und weiß, dass das eigentlich so nie und nimmer gehandhabt wird. „Du scheinst ja bei einigen Leuten einen großen Stein im Brett zu haben“, meinte er.
So ganz kann ich ihm da gar nicht widersprechen, denn ich weiß genau, dass ich eine ganze Menge mehr Freiraum habe, als es eigentlich üblich ist. Nachdem ich ihm meine Erkenntnisse erzählt habe und er mir aufmerksam zuhörte, meint er nur, „Ich werde mal sehen, ob ich deinen Russen nicht auftreiben kann. „
Jetzt könnte man denken er schaut sich eben ein bisschen mehr um wenn er auf Streife ist. Aber jeder der Dominik kennt weiß, sollte der Verdächtige sich in unserem Viertel noch rumtreiben, dann findet er ihn auch. So ein kleines Mauseloch gibt es gar nicht, dass sich unser Mann vor Dominik darin verstecken könnte. Da bin ich mir sicher.
Wenn er nicht schon in der Maschine nach Novosibirsk sitzt, hat er jedenfalls ganz schlechte Karten. Sorgen muss ich mir um meinen Freund auch nicht machen, wenn überhaupt, dann tut mir schon eher der Russe ein wenig leid, sobald er auf Dominik trifft. Dominik war nicht nur ein erstklassiger Krav Maga Kämpfer, er war auch kurz davor seine Gradierung als Trainer zu erlangen. Ich bedankte mich für seine Hilfe und wünschte ihm viel Erfolg.
Mit diesen Worten verabschieden wir uns voneinander und ich mache mich auf den Heimweg, in der Hoffnung dass meine Frau noch nicht schläft und vielleicht auch noch nicht müde ist. Man weiß ja nie, was der Abend noch so bringt.
Als ich am nächsten Tag im Büro aufschlage, gehe ich erst mal zu meiner Chefin, Frau Wachter, um die neuen Erkenntnisse zu besprechen.
Nach meinen Ausführungen über das Kaffeekränzchen mit Frau Probst und meinem Plan, wie ich vorhabe, mit der Presse umzugehen, bemerke ich ein leichtes Schmunzeln.
„Sieht so aus, als hätte sich Ihr Bauchgefühl nicht geirrt„, meint Frau Wachter, „Und das mit der Hinhaltetaktik der Journalisten inklusive möglicher erweiterter Hintergrundstory scheint ja auch zu funktionieren. So weit, so gut. Aber bitte vergessen Sie nicht, dass Sie Polizeisprecher sind und ermitteln gehört nicht zu Ihren Aufgaben. Haben wir uns verstanden?“
Jetzt bin ich doch etwas angefressen. „Natürlich sind mir meine Aufgaben durchaus bewusst, Frau Wachter. Da ich jedoch durch persönlichen Kontakt zu Bewohnern der Anlage, welche von Frau Vogel verwaltet wurde, erst auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht wurde, wäre es zweckdienlich den Kontakt weiter zu nutzen um die genauen Hintergründe an das Licht zu bringen. Natürlich werde ich mich nicht bei der Mordkommission einmischen, jedoch glaube ich kaum, dass ohne meine Wenigkeit der Ermittlungsstand schon so weit fortgeschritten wäre.“
„Ist ja schon gut, so war es ja auch wieder nicht gemeint, Herr Bosch. Sie müssen nicht gleich an die Decke gehen. Am besten Sie geben ihre Erkenntnisse an den Kollegen Köster weiter und sollte er noch Fragen haben oder ihre Hilfe benötigen, so denke ich, werden Sie ihn nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen.
Bitte sind Sie vorher aber noch so gut und rufen bei unseren Nürnberger Nachrichten an und versuchen die von Ihnen angestrebte Vereinbarung mit dem Leiter des ‘Polizeiberichtes‘ zu treffen. Da ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann, werde ich Ihnen etwas Spielraum geben und hoffen dass es sich lohnt“.
Nach diesen aufmunternden Worten verabschiede ich mich aus dem Büro meiner Chefin und weiß nicht gleich, ob ich mich jetzt ärgern sollte oder ob ich mich einfach mal am Arsch lecken lassen sollte. Ich entschied mich für letzteres.
Nach dem Telefonat mit den Nürnberger Nachrichten und noch ein paar üblichen Verdächtigen wie z.B. dem Lokalfernsehen, habe ich mir wieder etwas Zeit und Wohlwollen erschlichen und hoffe nur dass ich das nicht noch bereuen werde. Ich wusste genau, dass es mit meiner geplanten Exklusivstorie eine Gradwanderung sein würde und ich es auf jeden Fall schon geschickt anstellen musste um nicht von anderen Pressevertretern in der Luft zerrissen zu werden. Wie ja immer so schön heißt, des einen Freud ist des anderen Leid. Aber ich hatte da schon eine ungefähre Vorstellung wie ich das bewerkstelligen wollte. Dazu kam ja auch, dass es im Moment noch gar nicht allzu viel zu berichten gab. Jedoch hoffte ich doch sehr dass sich dieser Zustand bald änderte. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich immer zuletzt.
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