Eine unglaubliche Welt. Sabine von der Wellen

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Eine unglaubliche Welt - Sabine von der Wellen

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aufgeklärt.

      Gerrit nickt kurz und sein Magen scheint einem Fußballspieler auszuweichen, der ihn für einen Ball hält.

      Thomas Mehring! Der Junge aus seiner Basketballmannschaft, der erst vor drei Wochen neu zu ihnen ins Team gestoßen war. Ein außerordentlich guter Spieler! Gerrit hatte sich am letzten Montag beim Training noch die Flasche Wasser mit ihm geteilt. Und nun …?

      „Kommen Sie doch einfach rein und machen Sie ihre Durchsuchung. Meine Eltern werden schon nichts dagegen haben.“

      Die beiden Polizeibeamten starren mit unsicherem Blick auf die Gestalten in der Küche und treten ins Haus. Dann teilen sie sich auf und sehen in jeden Raum, vom Dachboden bis zum Keller.

      Gerrit geht unterdessen in sein Zimmer zurück und blickt aus tränenverschleierten Augen niedergeschlagen an die Wand. Thomas Mehring! Er war so ein guter Spieler!

      Er sieht ihn vor sich, wie er ihm breit grinsend die Flasche gereicht hatte. Sein Trikot sah genauso dreckig und verknittert aus, wie Gerrits und seine Knie waren genauso aufgeschürft gewesen. Er hatte dunkles, wirres Haar, das sich wohl nur triefend Nass bändigen ließ.

      „Was gibt es dieses Jahr bei dir zu Weihnachten?“, hatte er Gerrit gefragt.

      „Keine Ahnung.“

      „Ich wünsche mir eine Katze“, hatte Thomas noch schnell gesagt, bevor der Trainer hereingestürmt kam und die beiden wieder auf das Spielfeld holte.

       Eine Katze!

      Wieder sieht Gerrit das blasse Gesicht seiner Schwester Nina vor sich. „Ich will wieder nach Hause!“, und er denkt wieder an die Katze auf ihrem Arm.

      Gerrit kennt die Katze, die Nina in seinen Träumen umklammert hält. Nie wieder wird er sie vergessen. Sie spukt Tag und Nacht in seinem Kopf herum, unheilbringend und für ihn der Schlüssel zum Verschwinden der Kinder.

      Sie war eine besonders große Katze, mit derart leuchtend grünen Augen, wie Gerrit sie noch nie gesehen hatte. Ihr Fell war wuschelig, grau und mit schwarzen Streifen darin, die wie Ornamente wirkten.

      Ja, Gerrit kennt diese Katze und war ihr schon begegnet.

      Als er vor zwei Jahren bei einem Klassenkameraden den Nachmittag verbrachte, saß sie plötzlich auf dessen Gartenmauer und sah Gerrit an. Er dachte damals, dass sie Andreas gehört und streichelte sie. Als dieser dann mit einem Eis aus dem Haus kam, war sie schnell verschwunden.

      Aber am Abend, als er auf dem Heimweg war, hatte sie mitten auf dem Fahrradweg gesessen.

      Gerrit war angehalten und vorsichtig auf sie zugegangen, denn irgendetwas an dem Tier machte ihm Angst. Er war sowieso kein großer Katzenfreund. Sein Traum war immer ein Hund gewesen, so ein Colli wie Lessie oder ein Berner Sennenhund oder Golden Retriever.

      „Hallo, Miezekatze! Was machst du denn hier, so weit weg von zu Hause?“

      Er hatte ja zu diesem Zeitpunkt noch gedacht, sie gehöre Andreas.

      Schnurrend hatte sie sich erhoben und war um seine Beine gestrichen, woraufhin er sie gestreichelt hatte. Sie war sogar schnurrend und nach Streicheleinheiten lechzend auf seinen Schoß geklettert, als er sich hinhockte.

      Doch Gerrit hatte an diesem Tag nicht viel Zeit gehabt. Aber als er sein Fahrrad besteigen wollte, begann die Katze fürchterlich zu mauzen und zu jammern.

      Er war trotzdem weggefahren, wollte aber am nächsten Tag nach ihr sehen und ihr etwas zum Fressen mitbringen.

      Tatsächlich hatte die Katze am folgenden Tag fast an derselben Stelle auf ihn gewartet. Er hatte sie gefüttert und sie sich von ihm ihre Streicheleinheiten geholt.

      Das war in etwa der Punkt gewesen, an dem Gerrit zum ersten Mal in seinem Leben dachte, dass auch Katzen unglaublich tolle Tiere sind. Doch dann war sie plötzlich unruhig geworden und von seinem Arm heruntergesprungen. Und sie war losgelaufen und hatte immer wieder geschaut, ob er ihr auch folgte. Und er tat es, weil sie sofort jämmerlich zu mauzen begann, wenn er ihr nicht mehr folgen wollte.

      Sie hatte ihn damals zu dem alten Gasthaus in Tütingen gelockt, wo es den Schotterweg gibt, der zu den Tischteichen führt, von denen seine Mutter immer die Forellen kaufte. Dann war sie von der Hauptstraße in eine Nebenstraße eingebogen, die Gerrit damals noch nicht kannte.

      Er weiß noch genau, dass ihm vor zwei Jahren das Ganze ziemlich unheimlich vorkam, denn zu dem Zeitpunkt beklagten drei Familien das Verschwinden ihrer Kinder.

      Er war der Katze aber dennoch ein Stück gefolgt, bis es ihm zu dumm wurde. Da sie ihn auch nicht mehr an sich herankommen ließ, bis auf ein paar Meter, war er irgendwann stehen geblieben.

      Das hatte die Katze erneut mit lautem Gejammer honoriert. Aber Gerrit hatte sein Fahrrad unten auf dem Fahrradweg zurückgelassen und befürchtete, dass es ihm jemand klauen könnte. Daher war er zurückgelaufen, was vielleicht sein Glück war.

      Doch am nächsten Tag war er wieder mit einer Tüte voller Leckereien zu der alten Gaststätte geradelt. Dabei hatte er immer wieder Ausschau nach der Katze gehalten und sie tatsächlich auf einem Holzstoß, nicht weit von der Stelle, wo er sie am vorangegangenen Tag stehen gelassen hatte, sitzen gesehen.

      Er war zu ihr gegangen und sie hatte sich erneut von ihm streicheln lassen. Doch dann war sie wieder unruhig geworden und wollte auf den Boden gesetzt werden.

      Gerrit hatte sich damals gedacht, dass sie ihm vielleicht ein Nest mit kleinen Katzen zeigen wollte, die sie selbst nicht mehr ernähren konnte. Für den Fall hatte er in einer Tüte auf seinem Gepäckträger eine kleine Schüssel und eine Flasche Katzenmilch, die er vor seiner Tour aus dem großen Einkaufsladen gegenüber der Schule geholt hatte.

      Als die Katze merkte, dass er ihr folgen wollte, lief sie schnell und zielstrebig dem Wald entgegen, der am Ende der schmalen Straße begann.

      Wie leichtgläubig er ihr gefolgt war!

      Er kann sich sehr gut vorstellen, dass auch andere Kinder vor ihm das getan hatten … und nach ihm seine Schwester ebenfalls.

      Doch die Polizei hatte ihm die Geschichte nicht abgekauft. Dass eine Katze Kinder so weit aus dem Ort lockt, hielten sie für schwachsinnig.

      Doch Gerrit ist sich sicher, dass es da einen Zusammenhang gibt. Aber nur er weiß, mit welch einer Beharrlichkeit sie ihn hinter sich hergelockt hatte.

      Die Katze war an diesem Tag in die Querstraße eingebogen, die am Waldrand entlangführt. In diesem Wald war er als kleiner Junge mit seinem Vater hin und wieder zum Pilze suchen gegangen und an diesem Tag sollte er der Katze in den Wald folgen.

      Der Weg, auf dem sie in den Wald gelaufen war, war sandig und schwer mit dem Fahrrad zu befahren und Gerrit hatte keine große Lust, ihr dort hinein zu folgen. Er war sich nicht sicher, ob er aus dem Wald auch wieder herausfinden würde. Sein Vater hatte ihm einmal erklärt, dass dieses Waldgebiet sehr groß ist. So war er stehengeblieben.

      Daraufhin hatte die Katze erneut herzzerreißend gejammert.

      „Ich kann dir nicht weiter folgen. Das geht nicht!“, hatte er ihr noch mit einem schlechten Gewissen zugerufen, als könne sie ihn verstehen.

      In dem Moment war das Auto

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