Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie страница 17
Es ärgerte mich, dass seine Idee auch noch gut war und ich nicht selbst darauf gekommen bin. Weshalb ich an meinem Vorhaben festhielt. »Es endet hier.«
»Wieso?« Derrick klang gleichzeitig wütend und ängstlich, eine bizarre Kombination, wenn man mich fragte.
»Weil die Menschen in diesem Dorf wissen sollen, das ich sie rette!«, zischte ich ihn an.
Derricks Lippen wurden dünn. »Es geht nur um deinen Stolz. – Ich fürchte um dein Leben, Namenloser, wenn du nicht lernst, deinen Stolz hinter dein Überleben zu stellen!«
»Jemand muss für Ablenkung sorgen, während die anderen rausschleichen«, erwiderte ich ausweichend und wandte mich ab. Damit war die Diskussion für mich beendet.
Derrick rieb sich verzweifelt die Stirn, aber er kannte mich und wusste, dass es sinnlos war.
Stolz würde eines Tages mein Tod sein, ich wusste das ebenso wie Derrick. Aber nicht an diesem Tag! Mein Stolz würde es nicht zulassen, dass ich draufging noch bevor Carapuhr meinen Namen flüsterte als sei ich ein göttliches Wesen.
»Warum du?«, fragte Derrick und warf einen hasserfüllten Blick auf Janek, der sich ebenfalls eine Rüstung anlegte. »Und er?«
Mit Blick auf die Türen, wo mittlerweile die Soldaten mit vereinten Kräften versuchten, einzudringen, sagte ich wie zu mir selbst, obwohl auch Derrick mich hören konnte: »Sie sollen ihren Retter sehen ... und vor ihm erzittern.«
Derricks Hand packte meinen Arm und drehte mich ein Stück zu sich zum.
Ich starrte ihm entgegen, und egal was er mir hatte sagen wollen, es verlor sich in jenem Augenblick als wir uns in die Augen sahen und er meine Entschlossenheit erkannte.
Er atmete unglücklich aus und musste sich sichtlich von meinem Anblick losreisen. Ich sah ihm nach, als er mit meinen Männern das Gebäude durch eine Geheimtür verließ, die in einen Fluchttunnel führte. Wir konnten alle nur hoffen, dass Janek sie nicht in eine Falle laufen ließ.
Ich blieb zurück. Mit Janek. Teils, weil ich befürchtete, im Tunnel würde eine Falle lauern, teils, weil ich mich danach sehnte, meinen Feinden endlich im Kampf entgegen zu treten.
Ich wandte mich dem Tor zu und zog mein Schwert, nachdem Derrick ohne einen weiteren Blick verschwunden war, die Tür zum Tunnel blieb offen.
Janek trat neben mich. Er passte mit seinem drahtigen, kleinen Körper besser in die Soldanrüstung der Elkanasai als ich mit meiner großen und muskulösen Barbarengestalt.
Mit neunzehn Jahren war ich noch nicht ausgewachsen und überragte bereits jetzt schon Derrick, der alles andere als klein war. Manolo der Berg wurde früher auch Manolo der Siebenfuß genannt, weil er sieben Fuß hoch war, mittlerweile hatte ich Manolo fast eingeholt. Meinem allmächtigen Gott sei dank, war ich aber nicht so fett wie er.
Mit dem Blick auf die Türen, deren Holzlatten langsam nachgaben und deren Splittern das Rammen gegen die Tür übertönte, sagte ich drohend: »Sollte dies hier eine Falle sein, werde ich dich töten.«
Janek erwiderte ruhig: »Wenn es keine Falle ist, schuldet Ihr mir etwas.«
Ich schnaubte herablassend. »Ich schulde niemanden etwas ... außer mir selbst, vielleicht.«
Lächelnd legte Janek einen Pfeil in den Bogen. »Überlebe ich das hier, schulde ich Euch nicht nur mein Leben, wisst Ihr?«
Gib einem Mann die Möglichkeit, Rache zu nehmen, und du hast seine lebenslange Treue inne. Dieser Satz stammt von mir, eine Weisheit, die ich selbst erkannt hatte und deren Wahrheit von den Männern unterstrichen wurde, die mir zur Seite standen, obwohl ich ein ziemliches Arschloch sein konnte.
»Wir sind zu zweit«, sagte Janek mit einem nervösen Blick auf mich. »Und sie zu hundert.«
Ich umfasste den Griff meines Schwerts mit beiden Händen und richtete die Spitze meiner silbernen Klinge auf die Tür. »Fürchtest du den Tod?«
»Nur das Sterben, Herr«, antwortete Janek.
Unwillkürlich zuckte mein Blick kurz zur Seite auf den nervösen Elkanasai, er zappelte, doch der Bogen in seinen Händen schien so unbeweglich wie die Mauern, die uns umgaben. Ich rechnete es ihm wirklich hoch an, dass er mich ›Herr‹ nannte, das gefiel mir.
Janek hatte keine andere Wahl gehabt, als mit mir hier zu bleiben, denn ich hatte es so beschlossen. Wenn er vorhatte, mir in den Rücken zu fallen, um sich wieder die Gunst seiner Landsleute zu sichern, wollte ich ihn lieber nicht aus den Augen lassen. Natürlich traute ich es Derrick zu, dass er einen Verräter rechtzeitig erkannte und unschädlich machte, aber ich riskierte nicht das Leben meines besten Mannes ... Nun ja, jedenfalls nicht solange es keinen höheren Nutzen hatte. Ich brauchte Derrick dort draußen, denn ihm konnte ich vertrauen. Allerdings hatte Janek trotz meines Plans keine Einwände erhoben, als ich verkündet hatte, dass er bei mir bleiben würde, während die anderen in Sicherheit flohen. Ein weiterer Aspekt, der dazu führte, dass ich eine gewisse ... nennen wir es mal Sympathie für ihn entwickelte.
Als die erste Holzlatte brach und ich den ersten aufblitzenden Metallhelm durch das Loch erspähen konnte, nickte ich Janek kurz zu.
Der junge Elkanasai spannte den Bogen und zielte. Der kurz darauf abgefeuerte Pfeil traf einen Soldaten durch das Loch mitten ins Auge. Janek legte einen zweiten Pfeil ein.
Ein weiteres Loch. Ein weiterer Pfeil.
So dezimierte Janek für mich fünf, vielleicht sechs oder sogar sieben Soldaten, bis die Hohlköpfe hinter der Tür endlich die Visiere ihrer Helme herunterklappten. Ich stand währenddessen recht gelangweilt da und stützte mich auf mein unbenutztes Schwert, nachdem mir bewusstgeworden war, dass dieses Spektakel noch etwas andauern würde ...
Doch dann brach die Tür. Nicht gänzlich, aber ein Teil gab nach und eine Flut Soldaten wurde regelrecht in den Raum gespült, als habe man mit einer Axt eine Spalte in ein Bierfass geschlagen.
»Es sind zu viele!« Janek schüttelte den Kopf, feuerte aber brav weiter Pfeile ab. Er wich langsam zurück, während ich vollkommen ruhig dastand.
Die vorderste Front der Soldaten wurde von den hinteren niedergedrückt, die mit Eile in den Raum stürzten. Ich hörte, wie sie in ihrer Sprache, die ich nicht richtig verstehen konnte, riefen und brüllten. Vermutlich verkündeten sie gerade, dass ihr netter Anführer und einige ihrer Waffenbrüder ermordet worden waren. Oder aber, was wahrscheinlicher war, sie brüllten mir in ihrer Sprache Beleidigungen entgegen. Schwer zu sagen, immerhin waren all ihre Gesichter hinter Helmen verborgen, ich sah nur glänzende Rüstungen, die mit gelben und grünen Stoffen verziert waren.
»Namenloser!«, rief Janek, als ich mich noch immer nicht rührte. »Herr?«
Im letzten Moment packte ich mein Schwert, doch ich musste gar nicht viel tun, denn der erste Mann lief regelrecht in meine Klinge, als habe er sich nur zu gerne in den Tod stürzen wollen. Ein tragischer aber nicht seltener Unfall unter zu eifrigen Soldaten, die keine Rücksicht auf ihre Vordermänner nahmen und sie geradezu in das Schwert des Feindes rennen ließen. Meine Klinge aus scharfem Silber durchbohrte die einfache Rüstung ohne viel Kraftaufwand meinerseits. Ich stach sie dem Soldaten in den Bauch und sie kam mit einer Blutfontäne zum Rücken wieder raus.