Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 57
„Dann ist mein Vater gar nicht tot!“ brachte sie hervor: „Mein Vater lebt!“
„Dein Vater ist kein guter Mensch Sanara,“ sagte Vitras mit einem traurigen Klang in seiner Stimme: „Zudem ist er ausgesprochen gefährlich!“
„So wie dieser Harun Ar Sabah?“
„In gewisser Weise, vielleicht.“ antwortete ihr Vitras: „Dein Vater ist kein Kriegszauberer, nicht einmal ein Magier. Soweit ich weiß glaubt er nicht einmal an die Magie. Aber er ist der Herrscher des größten und mächtigsten Reiches der bekannten Welt... und das führt er mit eiserner Hand. Er und seine Vorfahren haben mit ihren Eroberungskriegen unendlich viel Leid über die Menschen gebracht. Nur aus reiner Machtgier. Wenn ich dabei an deine Mutter denke... nein Sanara, er ist kein Harun Ar Sabah, aber er ist bösartig und gefährlich!“
„Ich denke, du solltest jetzt doch auf dein Zimmer gehen und zumindest versuchen etwas Schlaf zu finden.“ schaltete sich Mai jetzt ein.
„Begleitest du mich Mai?“
„Aber selbstverständlich!“ antwortete sie ihr.
Vitras erhob sich, ging um den Schreibtisch herum und schloss Sanara fest in die Arme. Dankbar registrierte er, dass sie die Umarmung auf die gleiche Weise erwiderte, wie sie es immer tat. Dann neigte er sich zu ihr herunter und küsste ihre Stirn.
„Gute Nacht Großvater!“
Sanara drehte sich um und verließ mit Mai die Gemächer des toten Brehm. Der Kriegszauberer blickte den beiden noch eine Weile hinterher. Er war unendlich dankbar dafür, dass Sanara jemanden wie Mai gefunden hatte. Ihm war schmerzlich bewusst, dass dieser Abend tiefe Spuren bei den beiden hinterlassen hatte. Wie tief sie sich jedoch wirklich bei Mai eingegraben hatten, konnte er nicht erahnen.
Vitras ging wieder zum Schreibtisch, um noch einmal all die Papiere die sich im Geheimfach befanden, anzusehen, als General Kurz in dem verwüsteten Raum erschien. Der General schaute sich ungläubig um:
„Was ist hier tatsächlich geschehen?“ fragte Kurz, als er die beiden Leichen sah, die noch immer auf dem Boden lagen:
„Mir wurde berichtet, Meister Brehm hätte sich vom Balkon gestürzt.“
„Dann wollen wir es bei dieser Version besser belassen. Fürs erste zumindest. Die wahren Umstände würden nur zu wilden Spekulationen, vielleicht sogar Panik führen.“
Dann berichtete Vitras dem General von Brehms Verrat und was sich hier abgespielt hatte. Kurz machte große Augen und schien sichtlich erschüttert. Vitras reichte ihm daraufhin eine der Listen, auf der sämtliche Mitglieder des Rosenbundes aufgeführt waren:
„Ihr müsst diese Leute umgehend verhaften lassen, ausnahmslos. Wir können es uns nicht erlauben, dass Haruns Spione die gesamte Verteidigung der Stadt sabotieren. Kurz überflog die Liste und sog scharf die Luft ein:
„Hier stehen einhundert zwanzig Namen. Einige davon sind sehr einflussreiche Bürger Dirans.“
„Dann fangt ihr besser sofort damit an!“ stellte Vitras unmissverständlich klar.
Das enorme Getöse unzähliger Fanfaren, die Warnsignale von sich gaben, riss die beiden Männer aus ihrem Gespräch. Vitras stürzte sofort auf den Balkon, von dem aus man eine hervorragende Aussicht, über einen Großteil der Stadt hatte.
Weit außerhalb der Stadtmauern, tanzten tausende von Lichtern in der Dunkelheit. Nachdem der Klang der Fanfaren verstummte, erklang aus der Ferne das dumpfe Dröhnen der Kriegstrommeln Kushturs.
„Sie sind da!“ flüsterte General kurz nachdem er dem Kriegszauberer auf den Balkon gefolgt war:
„Sie sind da!“ wiederholte er. Beim Anblick des Lichtermeeres das immer größer wurde, wich ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht.
***
Noch bevor die Morgendämmerung einsetzte, befand sich der Kriegszauberer auf der Stadtmauer und spähte angestrengt zu den zahllosen Lagerfeuern der feindlichen Armee. Als es allmählich zu dämmern begann, und die Verteidiger Dirans nach und nach mehr ausmachen konnten, vernahm Vitras das ungläubige Murmeln der Soldaten, die entlang der Wehrgänge postiert waren. Das Gelände rund um die Stadt bestand aus einer weiten flachen Ebene. Nur hier und da tauchten weit von den Stadtmauern entfernt, vereinzelte kleinere Hügel auf. Zwischen diesen Hügeln sammelten sich die Truppen Kushturs und schlugen ihre Zelte auf.
General Kurz, der direkt neben dem Kriegszauberer stand, zeigte in eine bestimmte Richtung:
„Erkennt ihr die schwarzen Banner dort hinten Meister Vitras?“
„Das Drachenbataillon von Kushtur.“ gab ihm Vitras trocken zur Antwort: „Die Eliteeinheit Kushturs. Ihre Krieger sind gnadenlose Kämpfer. Allerdings sehe ich auch jede Menge neuer Banner, die ich niemals zuvor gesehen habe!“
Harun Ar Sabah hatte mit Hilfe des Dämons in den vergangenen Jahren eine gigantische Armee aus dem Boden gehoben. Von den beiden Männern zunächst unbemerkt, tauchte Mai unvermittelt neben ihnen auf. Die Kriegszauberin schaute mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Verwunderung und Abscheu auf das feindliche Lager:
„Das müssen aber mehr als zwanzigtausend Kämpfer sein!“ bemerkte sie niedergeschlagen.
„Ich schätze ihre Anzahl auf nahezu das doppelte!“ erwiderte Vitras.
„Sie beginnen sogar schon mit dem Aufbau ihrer Katapulte!“ stöhnte Kurz.
„Wie weit seid ihr in der Angelegenheit mit den Rosendienern?“
„Wir haben noch in der Nacht allesamt verhaftet. Ausnahmslos alle deren Namen auf der Liste standen.“ antwortete der General dem Kriegszauberer.
„Gut!“ brummte Vitras.
„Wir können hier doch nicht einfach nur zugucken!“ donnerte die Kriegszauberin wütend. Die beiden Männer sahen, wie die Luft um Mai herum zu flimmern begann. Sachte legte Vitras ihr die Hand auf die Schulter und riss sie somit aus ihrer Konzentration.
„Es macht keinen Sinn Meisterin Mai, wenn ihr jetzt euren Willen entfesselt. Spart lieber eure Kräfte!“
Als er ihren verständnislosen Gesichtsausdruck wahrnahm, fuhr Vitras fort:
„Harun Ar Sabah ist leider kein Dummkopf. Er wird etliche Magier bei seinen Streitkräften haben, die durchaus fähig sind das Heerlager mit magischen Schutzschilden zu versehen.“
Gemeinsam mit Mai ritt Vitras durch die Straßen Dirans zurück zum Regenten Palast, um sich mit dem Keldanischen Generalmajor Gisdern zu besprechen. Die Furcht vor der feindlichen Armee, legte sich wie ein Schleier über die gesamte Stadt. Von dem sonst so beschäftigten Treiben auf den Straßen, dem lebendigen und fröhlichem Stimmengewirr in den verschiedensten Sprachen war nichts mehr übrig. Ganze Straßenzüge waren menschenleer, die Türen und Fensterläden der meisten Häuser verbarrikadiert oder zugenagelt. Als sie den großen Platz vor dem Palast erreichten, war ein Großteil, der dort stationierten Keldanischen Truppen, im Aufbruch begriffen, um die Mauern zu verstärken.
„Wie hat Sanara die Ereignisse der vergangenen Nacht weggesteckt?“ wollte Vitras von Mai