Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 52
„Wann immer ich Meister Brehm auf die Rosendiener anspreche, wechselt er das Thema. Vor vielen Jahren erklärte er mir, dass wir ganz auf uns allein gestellt, es niemals überleben würden, sollte Harun Kenntnis von unserem vorgetäuschten Tod erhalten. Ganz davon zu schweigen, dass wir Unterstützung benötigen würden, um Harun Ar Sabahs Plänen entgegenzuwirken.“
„Das also war der Grund die Rosendiener ins Leben zu rufen? Brehm brauchte ein Netzwerk von Helfershelfern, um im Notfall euer Überleben zu sichern, sowie gegen Harun vorgehen zu können?“
„Meister Brehm war mein Lehrer!“ schrie Mai ihn unvermittelt an. Dabei liefen ihr Tränen über das Gesicht:
„Er ist für mich der Vater, den ich nie hatte. Ich vertraue ihm! Was hätte ich denn tun sollen? Wie hätte ich es wagen können irgendeine seiner Handlungen oder Entscheidungen zu hinterfragen?“
Vitras bedachte Mai mit einem harten Blick, wobei er mit den Schultern zuckte:
„Ich habe mir bisher von meinen Schülern immer gewünscht, es sogar erwartet, dass sie alles hinterfragen. Das stärkt nämlich die Auffassungsgabe sowie das Verständnis für vielerlei!“
Mai blickte verlegen zu Boden und wischte sich mit dem Leinentuch die Tränen aus dem Gesicht. Vitras war es plötzlich unangenehm, Mai derart zugesetzt zu haben. Er schritt auf sie zu und legte seinen Arm um sie:
„Es lag mir fern, euch dermaßen betrüblich zu stimmen. Ich werde Meister Brehm selbst auf diesen Geheimbund ansprechen.“
Mai atmete erleichtert auf und bedachte Vitras mit einem dankbaren Blick.
„Wie macht Sanara sich denn so als Kämpferin?“ wechselte er das Thema: „Glaubt ihr, wir können meiner Enkeltochter heute Abend die Robe der Kriegszauberer überreichen?“
Mai lachte schallend auf. Dann berichtete sie Vitras voller Stolz von ihren täglichen Kampftraining mit Sanara. Gemeinsam verließen sie den Spiegelsaal, dessen Türen sich nach einem erneuten Fingerschnippen Vitras wieder öffneten.
2.5. Der Verrat
Außer Harun Ar Sabah ahnte niemand in Kushtur etwas von der Anwesenheit des Dämons, tief unterhalb des Palastes der Magier. Der Präsenz des Dämonengottes legte sich jedoch wie ein unheilvoller Schleier über die prächtige Stadt. Angst und Furcht begannen die Bewohner Kushturs zu beherrschen. Gewaltverbrechen waren mittlerweile an der Tagesordnung. Friedliebende Bürger, die für ihre freundliche, hilfsbereite Art bewundert und geachtet wurden, zeichneten sich seit geraumer Zeit durch fürchterliche Wutausbrüche aus, die sie sogar zu Mördern werden ließen. Andere die ein zufriedenes, glückliches Leben führten, wählten ohne erkennbare Gründe den Freitod. Selbst die Tierwelt war betroffen da sich Vorkommnisse häuften, das friedfertige Hunde sich wie von Sinnen auf ihren Herrn stürzten oder Pferde urplötzlich wild ausschlugen und so manchen ihrer Besitzer mit den Hufen erschlugen.
Harun Ar Sabah interessierte sich für derartige Belanglosigkeiten nicht im Geringsten. Er stand am Geländer einer der vielen Dachterrassen des Palastes und ließ seinen Blick über Kushtur schweifen. Die späte Abendsonne tauchte die Stadt mit ihren unzähligen glänzenden Türmen und deren spitz zulaufenden Dächern, in ein atemloses Lichtermeer aus orangen roten Farben. Der Kriegszauberer hatte auch für solche Dinge nichts übrig. Mit den schlanken Fingern der rechten Hand zupfte er seine Robe zurecht, drehte sich herum und schritt gedankenverloren durch die wundervolle Gartenanlage zurück in den Palast. Täglich inspizierte er die ständig steigende Truppenzahl vor den Toren der Stadt. Zudem besprach er sich oft stundenlang mit den Heerführern, die ihn von den Fortschritten der Kämpfe unterrichteten, die er in die umliegenden Königreiche und Fürstentümer getragen hatte. Zu tausenden wurden neue Sklaven aus den eroberten Gebieten in die Minen außerhalb der Stadt geschickt oder zum Verkauf in weit entfernte Länder verschifft. Der Erlös wurde augenblicklich in den Aufbau neuer Einheiten, dem Bau schweren Kriegsgerätes sowie den Sold bestehender Truppen gesteckt.
Jeden Tag stieg Harun hinab in die Tiefen und drang bis zur Höhle des Dämons vor. Doch ES schlief nun schon seit mehreren Wochen. Harun konnte es kaum erwarten das ES wieder erwachte, da er davon überzeugt war, dem Dämon etwas Begeisterung entlocken zu können, sobald er ihn über die Fortschritte des Armeeaufbaus in Kenntnis setzen konnte. Haruns Augen bekamen einen harten Glanz als er an die ersten Siege zurückdachte. Die Truppen Kushturs waren auf dem besten Wege den gesamten Süden zu überrennen. Der Dämonengott musste ihm endlich den Respekt zollen, der ihm gebührte. Von der Dachterrasse aus gelangte Harun in einen großangelegten Raum, in dessen Mitte sich ein überdimensionaler Sandkasten befand. In dem Kasten befand sich ein Modell der gesamten bekannten Welt. Bunte Holzklötzchen symbolisierten die verschiedenen Truppen Kushturs, die sich im Süden immer weiter ausbreiteten. Zufrieden schaute Harun auf das Modell herab, als ein Diener den Raum, von wo aus Harun die Truppen befehligte, betrat.
„Eure Majestät, der Bote aus Diran ist eingetroffen!“
Harun drehte sich herum und starrte auf den jungen Burschen. Bevor er antwortete, ließ er seinen Blick durch den großen Saal schweifen. Am Eingang, sowie in den Ecken standen je zwei Wachen. Mit den Rücken zu den Wänden standen mit gewaltigen Krummsäbeln und Speeren bewaffnete Sarelier. Hünenhafte muskulöse schwarz häutige Krieger mit nackten Oberkörpern. Diese Männer verabscheuten schwere Rüstungen, die sie im Kampf nur behinderten. In den letzten Jahren hatten es fünf Blutwölfe geschafft in den Palast der Magier einzudringen. Jedes Mal entging Harun nur mit knapper Not dem Tod. Die Sarelier waren Söldner, aber seitdem Harun ihre Dienste in Anspruch nahm, tauchte kein Blutwolf im Palast mehr auf. In ihrer Gegenwart fühlte Harun sich sicher. Zufrieden mit der Anzahl an Wachen, die ihn schützten, wandte der Kriegszauberer sich an den Diener:
„Schick den Mann rein! Und zwar schnell!“
Der Diener verbeugte sich mehrmals und verließ eilig den Saal. Kurz darauf betrat ein Mann, komplett in Rot gekleidet, den großen Raum. Furchtlos schritt er auf Harun zu und ließ sich kurz vor ihm auf sein linkes Knie fallen. Dann neigte er sein Gesicht zu Boden:
„Die Rosendiener grüßen euch, großer König und Kriegszauberer von Kushtur!“
„Du bringst Nachrichten aus Diran?“ herrschte Harun den Rosendiener an.
Der Rosendiener holte einen versiegelten Umschlag aus einem ledernen Beutel hervor. den er um den Hals trug, und reichte ihm dem Kriegszauberer. Mit einer abfälligen Handbewegung bedeutete Harun dem Mann zu gehen. Der Rosendiener erhob sich, vollführte eine erneute Verbeugung, drehte sich herum und verließ den Saal. Harun brach das Siegel, faltete das Papier auseinander und begann zu lesen. Die stets finstere Mine des Zauberers schien sich zu erhellen.
An Eure Majestät Harun Ar Sabah,
König und Kriegszauberer von Kushtur!
Eure Anweisung, meinen Tod und den meiner Schülerin vorzutäuschen, trägt nun endlich Früchte. Eure Priester entdeckten am dritten Tag des großen Weinfestes den Verräter Vitras, in Begleitung einer jungen Frau am Haupttor der Stadt.
Ich ließ die Priester zunächst gewähren, um in letzter Sekunde zu verhindern, dass sie den Verräter töten.