Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 53
Wie ich erfuhr, handelt es sich bei der jungen Frau um die Enkeltochter des Verräters. Darüber hinaus, ist sie eines der Zwillingskinder der Prophezeiung. Ich warte auf Eure Anweisungen, wie ich mit diesem Kind verfahren soll.
Ich habe die richtigen Worte gefunden, um den Verräter dazu zu bewegen in Diran zu verbleiben und sich um die Verteidigung der Stadt zu kümmern. Er wähnt sich recht siegessicher, da der König von Keldan ihm Unterstützung zugesagt hat, die jederzeit hier eintreffen kann. Der Verräter Vitras geht davon aus, dass ein Heer von zwanzigtausend Kriegern bald gegen die Stadt zieht. Es wird ihn der Schlag treffen, wenn er gewahr wird, dass die Truppenanzahl mehr als doppelt so groß sein wird. Sobald Eure Kämpfer mit der Belagerung beginnen, werden wir mit dem Zwilling so verfahren, wie ihr es wünscht.
Ich möchte Euch noch einmal inständig darum bitten, euren Entschluss meine Schülerin zu töten, zu überdenken. Bis zum heutigen Tag ahnt Mai nichts von meiner Verbundenheit zu Euch. Sie ist und bleibt eine wertvolle Unterstützung für unsere Sache.
Ich verbleibe wie immer Euer treuester Diener
Brehm
Harun Ar Sabah überflog die Zeilen des Briefes ein zweites Mal. Die Nachrichten waren einfach überwältigend. Es ergab sich nicht nur die Möglichkeit, Vitras zu vernichten, mit dem Ergreifen eines der Zwillingskinder konnte auch die Prophezeiung abgewendet werden. ES würde gar nicht anders können, als ihn endlich mit der Machtfülle zu belohnen, die ihm versprochen wurde. Harun's Gedanken überschlugen sich. Vielleicht wäre ES auch hocherfreut, diesen verdammten Zwilling höchstpersönlich töten zu können. Der Kriegszauberer wurde von einem Hochgefühl regelrecht übermannt. Sofort ließ er den Boten wieder in den Saal bringen. Als der Rosendiener wieder aufs Knie fallen wollte, hielt Harun ihn mit einer großmütigen Geste davon ab:
„Kennst du den Inhalt dieses Schreibens?“ erkundigte sich Harun bei dem Rosendiener.
„Ja Herr! Meister Brehm hat ihn mir diktiert!“
„Meister Brehm, Meister Brehm!“ wiederholte der Kriegszauberer: „Die Sentimentalität unseres guten Meisters Brehm, fängt an mir Sorgen zu bereiten.“
Der Rosendiener blickte Harun fragend an, sagte jedoch kein Wort.
„Ich werde dir eine Nachricht für Brehm mitgeben, die im Grunde genommen völlig belanglos ist. Wir werden sehen, inwieweit Brehm wirklich unserer Sache dient. Wer ist der ranghöchste Rosendiener nach Brehm?“
„Seran Dolm, Herr!“ antwortete der Mann in Rot augenblicklich.
„Hör mir gut zu, was ich dir jetzt sage ist nur für die Ohren dieses Seran Dolm gedacht, hast du das verstanden?“
Der Bote nickte eifrig: „Selbstverständlich Herr!“
„Sobald die Kampfhandlungen in Diran beginnen, sollen sich die Rosendiener des Kindes bemächtigen, von dem in diesem Brief die Rede ist. Schafft es augenblicklich in unser Heerlager. Von dort soll es von einer Kohorte begleitet nach Kushtur gebracht werden.“
„Eine Kohorte Herr? Fünfhundert Mann wegen eines Kindes...“
Harun strafte den Boten mit einem Blick, dass dieser sofort innehielt und seinen Kopf nach unten neigte.
„Sobald ihr das erledigt habt, tötet ihr diese verdammte Irre im schwarzen Leder. Sie ist zu nichts mehr Nutze.“
Harun bekam einen Tobsuchtsanfall als er vor sechs Jahren erfuhr, dass Brehm seine Schülerin zur Kriegszauberin ernannte. Niemals würde Harun es zulassen, dass irgendjemand mit der Machtfülle eines Kriegszauberers am Leben blieb.
„Was unternehmen wir wegen Meister Brehm?“ fragte der Rosendiener: „Er wird es bestimmt nicht einfach so hinnehmen, wenn wir Meisterin Mai töten!“
„Wenn er deswegen Probleme macht, tötet ihn ebenfalls. Denn in dem Fall ist er für uns ebenfalls zu nichts mehr zu gebrauchen.“
„Habt ihr noch weitere Anweisungen für die Rosendiener, Herr?“
„Nein! Geh jetzt und warte bis man dir den Brief für Brehm überreicht. Dann kehrst du sofort nach Diran zurück!“
„Wie ihr wünscht!“
Der Rosendiener verbeugte sich abermals und verließ den Raum erneut. Harun wandte sich um und beschloss noch einmal die Dachterrasse zu betreten. Mit langsamen Schritten ging er auf den breiten Wanddurchlass zu, der zur Gartenanlage führte. Die Vorhänge wehten sachte im warmen Wind, der von der Wüste der Tränen herüber getragen wurde. Der Kriegszauberer konnte es überhaupt nicht fassen, wie ihm das Schicksal im Augenblick in die Hände spielte, als ihn ein lautes Scheppern und Krachen zusammenzucken ließ. Sofort drehte er sich um und erblickte einen großen kräftigen Mann in einem langen schwarzen Kapuzenumhang. Die Wachen links und rechts vom Eingang, der zu den Palastfluren führte, lagen tot am Boden. Der Fremde trug seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und hielt ein gewaltiges Schwert in der rechten Hand. Harun musste schlucken. Sein Gefühl sagte ihm, das dieser Mann kein Blutwolf war. Bevor Harun reagieren konnte, stürzten sich die Sarelier mit ihren mächtigen Krummsäbeln auf den Eindringling. Aus den Ecken des Saales traten nun auch die übrigen Wachen hervor, um sich dem Fremden zuzuwenden. Der Krieger in Schwarz hätte sein Schwert überhaupt nicht benötigt. Aber er hatte eine unbändige Freude daran, es zu benutzen. Mit einer Geschwindigkeit, die für das menschliche Auge gar nicht wahr zu nehmen war, erschlug er jeden Gegner der in seine Reichweite geriet. Die Sarelier waren ein stolzes Volk. Sie erkannten schnell, dass sie gegen diesen Gegner nichts ausrichten konnten. Dennoch gaben sie nicht auf. Innerhalb von Sekunden gingen die zwanzig Sarelier, die Harun bewachten, tot zu Boden. Die anderen Wachen warfen sich nervöse Blicke zu. Dann versuchten sie zu fliehen. Da Harun starr vor Schreck den Ausgang zur Dachterrasse blockierte, mussten sie an dem fremden Krieger vorbei. Keiner von ihnen schaffte dies Unternehmen. Das dunkle rote Blut der toten Wachen breitete sich wie ein See auf dem hellen marmornen Boden aus. Mit einem lauten Knall krachte die Tür hinter dem Fremden ins Schloss während er mit einer ruhigen Gelassenheit auf Harun zu schritt:
„Du feiger, degenerierter Schwachkopf,“ begann der Fremde Harun anzusprechen: „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, mich hintergehen zu können?“
Harun erkannte die harte, tiefe Stimme sofort. Bevor er auch nur überlegen konnte, was er dem Gott des Krieges antworten mochte, wurde er von einem unsichtbaren Griff gepackt, der ihn zu Boden riss und quer durch den Raum schleuderte. Hart krachte der Kriegszauberer mit dem Rücken gegen eine der Säulen, als Tantras auch schon über ihm stand. Seine stechend blauen Augen schienen Harun durchbohren zu wollen, sein Antlitz war vor Wut verzerrt. Er packte Harun am Kragen seiner Robe, zog ihn hoch und drückte ihn fest gegen den Granitpfeiler.
„Wir hatten eine Abmachung du unansehnlicher, geistesgestörter Idiot!“
„Ich... ich!“ Harun konnte kaum sprechen, da Tantras ihn mit seinem eisernen Griff die Luft abwürgte. Verärgert warf der Kriegsgott den schmächtigen Zauberer durch die Maueröffnung hinaus auf die prächtig angelegte Gartenterrasse. Wieder schlug der Kriegszauberer mit seinem Körper hart auf. Unter Schmerzen versuchte er, sich aufzurichten als Tantras wieder auf ihn zu schritt. Der Gott des Krieges hatte seinen Kapuzenumhang abgestreift, so dass der Blick auf seine schwere schwarze Lederrüstung frei war. Er steckte sein Schwert in die Scheide und beobachtete, wie Harun es endlich schaffte, wieder aufrecht zu stehen.
„Ich,