Braunes Eck. Hans-Jürgen Setzer
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„Schon gut! Dann muss ich meine Kalorien wohl doch alleine loswerden – irgendwie. Ein guter Käse und ein guter Wein müssen ja auch reifen“. Sie zwinkerte ihm zu und gab ihm ein Küsschen auf die Wange.
„Oh Mist, stimmt, ich hatte dir ja versprochen, dass wir das Essen gemeinsam wieder abtrainieren. Ein Mann, ein Wort. Dann fahren wir jetzt erst mal was arbeiten und entscheiden einfach später, ob und wie wir das machen könnten – okay?“, fragte er.
„Gut, ich für meinen Teil würde mich jedenfalls auf eine gemeinsame Trainingseinheit freuen. Reden wir später drüber“, kam die spontane und im Tonfall etwas zweideutige Antwort mit einem Augenzwinkern.
Chefsekretariat Koblenzer Tageskurier
„Ist mal wieder typisch, wir haben einen der sensationellen Mordfälle im Koblenzer Sportmilieu der letzten zehn Jahre und alle zuständigen Reporter sind wie im Bermuda-Dreieck verschollen“, fluchte die Chefsekretärin von Herrn Paffrath. „Mir reicht es jetzt langsam! Letzter Versuch mit einer Nachricht aufs Handy. Mit diesen Journalisten zu arbeiten ist tausendmal schlimmer, als einen Sack Flöhe zu hüten“, dachte sie.
Fast zeitgleich gaben die Smartphones von Leon und Vanessa den jeweils bevorzugten Signalton ab. Beide sollten im Auftrag vom Alten sofort gemeinsam zu einem Koblenzer Sportverein fahren. Eine Leiche sei am Basketballkorb hängend in einer Turnhalle gefunden worden.
„Wusste der Alte etwa schon wieder von dem kleinen Ausflug der beiden“, fragte sich Leon. Es würde ihn jedenfalls nicht wundern. Leon war klar, die besten Fotos und Informationen waren nur in den allerersten Minuten möglich, bevor die Polizei alles abgesperrt hatte. Der Tageskurier bekam seine Informationen durch diverse Kontaktleute, oft sogar bevor die Polizei zum Tatort gerufen wurde. Danach lief alles nur noch über den Pressereferenten der Polizei und war langweiliger Einheitsbrei für alle. Sollte es ein Selbstmord gewesen sein, würde die Sache ohnehin schwierig werden, denn ein alter Ehrenkodex verbat dann jegliche detaillierte Berichterstattung aus Angst vor Nachahmern.
„Was hat das überhaupt mit Sport zu tun?“, tobte Vanessa.
„Na, ist Basketball für dich etwa kein Sport?“, sagte Leon lachend. „Sieh es doch mal sportlich, das ist eine prima Möglichkeit direkt die wichtigsten Führungspersonen dieses Sportvereins in kürzester Zeit kennen zu lernen. Nutze diese perfekte Gelegenheit einfach für dich als Türöffner“, fügte er beschwichtigend an. „Außerdem scheint der Alte uns ja, warum auch immer, explizit beide in diesem Fall haben zu wollen. Also … füttern wir ihn mit seinen Lieblingsfischen und alles andere findet sich mit Sicherheit vor Ort“, witzelte er.
„Vielleicht hast du ja recht“, kam nach einer Weile des Nachdenkens. „Besser frische Fische, als Konserven“, stimmte sie in Leons Bild ein.
„So gefällst du mir schon besser. Das wäre doch gelacht, wenn wir aus dir nicht noch eine ausgefuchste Topjournalistin machen werden.“
Instinktiv hatte Leon das Fahren übernommen, ohne sich mit Vanessa erneut darüber abzustimmen. Auch er fuhr einen heißen Reifen über die Pfaffendorfer Brücke in Richtung Innenstadt. Sie durften keinesfalls unnötig viel Zeit verlieren. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, die Konkurrenz oder der alte Paffrath“, stand im Aufenthaltsraum des Koblenzer Tageskuriers auf einem alten schwarzweißen Porträtfoto des alten Paffrath. An diese Journalistenbinsenweisheit musste er unweigerlich denken. Wer mochte das Ding da wohl aufgehängt haben, womöglich noch er selber.
„Hey, hey, schon mal was von Radarfallen und Starenkästen an blutorangenen Ampeln gehört? Außerdem möchte auch ich gerne den Abend noch erleben, jetzt wo er doch so vielversprechend werden könnte“, maulte Vanessa auf liebevolle Art.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir einen schönen Abend haben werden. In Lützel ist gerade eine Leiche gefunden worden. Die ist noch warm und die Story muss schnell in den Kasten, bevor sie kalt wird“, erklärte er. „Sonst macht uns Paffrath morgen früh die Rübe runter. Und so ein schönes Köpfchen wie deines, macht sich allemal besser auf dem ebenso süßen und wohlgeformten Hals“, sagte er und warf ihr einen liebevollen Blick zu. „Kalorien werden wir vermutlich bei dem Stress auch genügend verbrennen. Und wenn die Story fertig ist, schauen wir mal, was wir mit dem Rest der Nacht anzufangen wissen“, fügte er schnippisch an.
„Baggerst du mich etwa schon wieder an?“, fragte Vanessa mit einer Mischung aus Entsetzen und Verzückung und schaute ihn dabei durchdringend an.
„Diese Entscheidung wollten wir doch auf später vertagen. Erst die Arbeit, dann …“, kam spontan die vorsichtshalber unvollständig gelassene Antwort. „Kannst du aus dem Koffer auf dem Rücksitz schon mal die Kamera startklar machen? Wir sind nämlich gleich da. Und lange werden wir sicher nicht die Gelegenheit bekommen, die interessantere Art von Fotos zu machen. Auch wenn wir die meisten von den Horrorfotos sicher nicht drucken können, als überarbeitete Version können wir das eine oder andere vielleicht nutzen“, dozierte er.
„Wird erledigt Boss“. Sie salutierte wie eine Soldatin.
„Hey, wir sind ein Team auf Augenhöhe. Die Rollenverteilung nehmen wir vor, wenn die Situation vor Ort klarer ist. Vielleicht ist eine hübsche junge Reporterin sogar viel besser geeignet, um vom männlichen Fotografen abzulenken. Wir schauen gleich mal, was besser ist“, sagte Leon.
„Von dir kann ich vielleicht wirklich eine Menge lernen“. Vanessa kramte die Kamera aus dem Ausrüstungskoffer und machte sich damit vertraut. „Schön, wenn deine Rollenbilder nicht so klischeehaft altmodisch sind“, fügte sie an.
Lützel – Sportgelände des Sportvereins rot-weiß
„Ach du dickes Ei, heute mache ich besser die Fotos“, sagte Leon als sie an der Turnhalle vorfuhren. Seine Stimmung wechselte schlagartig ins Unterirdische.
„Was ist denn mit dir plötzlich los?“, fragte Vanessa, entdeckte außerhalb des Wagens jedoch schon die Antwort. „Oh nein, das ist bestimmt Sophie, nicht wahr?“
„Ja“, sagte er kurz angebunden. Leon nahm ihr die Kamera aus der Hand und hielt sie vors Gesicht, als könnte man nur hierdurch den rechten Weg erkennen. Dabei rannte er wie ein geölter Blitz in einem großen Bogen, vorbei an erstaunt blickenden Polizeibeamten in Richtung Turnhalle. Doch niemand versuchte ihn aufzuhalten.
Vanessa folgte ihm mit etwas Abstand und im Laufschritt, wählte aber eine Abkürzung. „Hey, jetzt warte doch mal auf mich, Leon“, rief sie noch, wurde aber bereits mit ausgestreckten Armen von Sophie und einem Kollegen am Weiterlaufen gehindert.
„Halt Stopp, das hier ist ein Tatort, auch wenn es wie ein Sportgelände aussieht. Sehen Sie das rot-weiß gestreifte Band? Hier ist im Moment alles abgesperrt“, sagte der Polizeibeamte mit fester Stimme und unverkennbar sauer.
„Entschuldigung! Presse. Ich komme vom Koblenzer Tageskurier und soll auf Anordnung meines Verlegers einen Artikel …“, versuchte sie zu erklären und zückte noch etwas unbeholfen ihren Presseausweis.
„Und wenn Sie der Papst persönlich wären, könnten sie jetzt nicht hier durch. Sie versauen dahinten sonst alle Spuren“, konterte er. „Sorry, das ist wirklich nicht persönlich gemeint“, stammelte er noch hinterher als er die Enttäuschung