Festspiel Kurier #14. Nordbayerischer Kurier

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Festspiel Kurier #14 - Nordbayerischer Kurier

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heute noch befreundet.)

      Ganz anders erging es mir vor wenigen Jahren mit einer Freundin, die ich immerhin davon überzeugen konnte, es vielleicht erst einmal mit ein bisschen konzertantem Wagner zu versuchen. Wir hörten in der Hamburger Laeizhalle zunächst Strawinsky und dann das Finale der „Götterdämmerung“ mit der großen Arie der Brünnhilde. Und wo ich ängstlich auf eine herumrutschende und ungeduldige Freundin vorbereitet war, bekam ich: eine Freundin, die sich langsam vorbeugte, um ja nichts zu verpassen und die beim Schlussapplaus diesen ganz besonderen Gesichtsausdruck hatte, dieses „So was habe ich noch nie gehört und ich frage mich gerade, warum zum Teufel nicht?“ Sie war zunächst stiller als sonst, hatte leuchtende Augen, musste sich erst einmal sortieren, aber dann schwappte sie über mit Fragen zur „Götterdämmerung“, zur Sängerin, die wir gerade gesehen hatten (Deborah Voigt) und wann ich bitte Zeit hätte, mit ihr mal eine ganze Oper zu sehen. Das taten wir wenige Wochen später mit der kompletten „Götterdämmerung“ in Hamburg, wo nicht mal die olle Sozialtristesse-Inszenierung uns den Abend verderben konnte, und seitdem ist sie meine treue Begleiterin.

      Mein Fahrrad heißt Grane. Jedenfalls das, das in München steht. Ich wohne zurzeit sowohl in der bayerischen Landeshauptstadt als auch in Hamburg, wo ich ein weiteres Fahrrad besitze, das noch keinen Namen hat. Ich hätte allerdings eben jenes Grane taufen sollen, denn das Fahrradfahren in beiden Städten fühlt sich sehr unterschiedlich an. In München fahren alle brav, wie sie sollen, in Hamburg fahren alle, wie sie gerade Lust haben. Weswegen ich in München deutlich entspannter unterwegs bin, weil ich nicht damit rechnen muss, Geisterfahrer in meiner Spur zu haben oder Fußgänger oder irgendwen anders, der das Konzept „Radweg“ nicht verstanden hat. Ich höre beim Radeln keine Musik, aber in München habe ich meist das freundlich-gemütliche „Sommer in der Stadt“ von der Spider Murphy Gang im Kopf, wenn ich locker-flauschig dahinradele, ohne mir über irgend-etwas Sorgen zu machen.

      In Hamburg läuft stattdessen der Walkürenritt.

      Die Autorin:

      Anke Gröner, 45, ist freie Autorin, mehrfach ausgezeichnete Werbetexterin und lebt in Hamburg. Wenn sie nicht gerade über die Lust am Genuss schreibt („Nudeldicke Deern“, rororo, 240 Seiten, 8,99 Euro), bloggt (www.ankegroener.de) oder für Autos Reklame macht, studiert sie begeistert Kunstgeschichte und Geschichte in München.

      WAGNERIANER-FORSCHUNG

      Eine Welt, die sich um Wagner dreht: Nur 36 Prozent des Wagner-Publikums sehen sich selbst als Wagnerianer. Alle anderen verwahren sich dagegen – weil ihnen Wagnerianer als versnobt und wahnsinnig gelten.

      Foto: Robert Freiberger

      WAGNERIANER-FORSCHUNG

      Sie reisen nicht, sie pilgern

      Das Festspielhaus, die Weihestätte. Wagner, der Meister. Solche Stereotype tauchen häufig auf, wenn es um die Anhänger von Wagners Werken – die sogenannten Wagnerianer – geht. Aber was ist eigentlich ein Wagnerianer? Eine Studie geht dieser Frage jetzt nach – und klärt dabei, warum die meisten Wagnerianer sich selbst nie so nennen würden

      Von Elfi Vomberg

      Manchmal hat Michael Ashton Sorge, dass er zu fanatisch wird. „Ich bin eigentlich schon mehr als ein Wagnerianer – ich würde mich eher als Wagner-Besessener bezeichnen“, erklärt er mit verschmitztem Lächeln. Und schon ist der Neuseeländer wieder in Gedanken versunken – weit weg, 18 300 Kilometer entfernt in seinem geliebten Deutschland. Im Hintergrund hört man die Rheintöchter säuseln. „Nach diesen 132 Takten am Anfang vom „Rheingold“ war es um mich geschehen“, erinnert sich Ashton an seinen ersten Opernabend in Deutschland vor einigen Jahren.

      Der 54-Jährige sitzt am Küchentisch in seinem kleinen Häuschen in Wellington und tut das, was er oft nach der Arbeit macht: Wagner hören, Wagner-Literatur studieren, über Wagner nachdenken. „Ich erkenne sehr viel von Richard Wagner in mir selber – abgesehen vom Antisemitismus natürlich. Aber ich kann mich mit seiner Person identifizieren. Dieses Hochsensible und Empfindliche an ihm fasziniert mich. Sein Werk bietet eine große psychologische Tiefe, die einen großen Reiz für mich hat“, erklärt der Germanist. Nachdem seine deutsche Frau vor 15 Jahren starb, war das die Welt, in die er sich flüchtete.

      Eine Art Parallelwelt, in der er Ablenkung und Trost fand. Er lebte damals noch in München, zog jedoch nach Neuseeland zurück, um den Schmerz zu vergessen. Seitdem hat er Sehnsucht – nach Bayern, nach Heimatgefühl, nach Wagner. „Es ist eine Welt mit Licht und Schatten. Wagner spricht mich sehr direkt an. Es gibt für mich keine Musik, die emotionaler ist und die mich so in ihren Bann zieht“, sagt er, hebt den Zeigefinger und lauscht. Eine seiner Lieblingsstellen röhrt aus den Lautsprechern, leise raunt er dem Besucher zu: „Walhall-Motiv“ – und blättert dabei in der Partitur, um die richtige Stelle zu finden.

      Der Begriff Wagnerianer scheint bei den Opernbesuchern stark negativ besetzt und mit zahlreichen Klischees verbunden

      Michael Ashton scheint ein Wagnerianer zu sein, wie er im Buche steht. Aber was ist überhaupt ein Wagnerianer? Eine genaue Definition für diese Spezies gibt es nicht. Winfried Gebhardt, Professor für Soziologie an der Universität Koblenz, wagt einen Versuch: „Es sind Leute, die ihr Herz entweder an die Person oder an das Werk hängen. Insofern sind sie auch Fans. Das Besondere an den Wagnerianern ist, dass sie mit Wagners Werk einen oft weltanschaulich-fundierten Sinn verbinden.“

      Immer wieder tauchen ähnliche Stereotype und Bilder über die Spezies der Wagnerianer auf: Sie sehen Bayreuth als Weihestätte und reisen nicht dorthin, sondern pilgern. Im Publikum erkennt man sie angeblich daran, dass sie mit Partitur und Bleistift bewaffnet dem Musikgenuss folgen und dabei akribisch die Leitmotive verfolgen. Soweit das Klischee. Die Studie „Wagnerianer heute“ zeigt, dass sich die Spezies der Wagnerianer tatsächlich in besonderem Maße mit Wagners theoretischen Schriften, seiner Person und den Hintergründen seiner Kompositionen beschäftigt. Die Umfrage wurde unter den Besuchern der Kölner Oper durchgeführt und geht dem Phänomen des „Wagnerianers“ nach. CD-Sammlungen, Bücher und Partituren – die Wagner-Fans memorieren regelrecht das Erbe des Komponisten in ihren Regalen. Andererseits geht aus der Studie hervor, dass es in Kreisen des Wagner-Publikums einen Vorbehalt gibt, sich als „Wagnerianer“ zu bezeichnen.

      Der Begriff scheint bei den Opernbesuchern stark negativ besetzt und mit zahlreichen Klischees verbunden. „Die Wahnsinnigen“, „Nerdentum“, „antiquiert“, „kulturaggressiv“, „versnobte Elite“ – Phrasen, die immer wieder von den Befragten im Zusammenhang mit den Wagner-Fans genannt werden. Nur 36 Prozent der Befragten bezeichnen sich als „Wagnerianer“, alle anderen schrecken oftmals vor dieser Etikettierung zurück. Wie zum Beispiel Befragter Nummer 96, der seinen Namen nicht nennen möchte. Er hat schon 80-mal den „Ring“ live auf einer Opernbühne gesehen, so ziemlich jedes theoretische Werk Richard Wagners gelesen und kann schon nicht mehr zählen, wie viele verschiedene CD-Aufnahmen er im Schrank hat. Auf die Frage, ob er sich denn als „Wagnerianer“ bezeichnen würde, beteuert er mit großen Augen und abwehrender Gestik: „Um Gottes willen – nein, auf keinen Fall. Da kommen mir zu viele negative Begriffe wie Antisemitismus und Nationalsozialismus in den Sinn.“ Ein Problem, das oft in einem Atemzug mit der Szene genannt wird. Dennoch gibt es genügend Wagner-Fans, die die negativen Klischees außer Acht lassen – und sich manchmal durchaus auch stolz als „Wagnerianer“ vorstellen.

      Das besondere an den Wagnerianern ist, dass sie mit Wagners Werk einen oft weltanschaulich-fundierten Sinn verbinden

      So

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