Versuchung. Nina Galtergo
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Sie spürte das Blut in die Wangen schießen, merkte, wie sich ihr Puls beschleunigte und ihr Körper tonnenweise Glückshormone in ihre Blutbahn jagte, gepaart mit ein bisschen Verblüffung über seine Unverfrorenheit. Seine körperliche Nähe verursachte ihr gleichzeitig ein längst vergessenes Hochgefühl und Unbehagen. Es war wie beim Anblick des Schwarms auf dem Schulhof, der zwei Klassen über einem war und einen durch ein einfaches Lächeln oder Winken fast zu Tode aufregte. Und der dabei die Schulschönheit umarmte. Mach dich nicht lächerlich! Atme durch, beruhige dich!
„Ach das Kleid“, wiegelte sie ab, „das ist doch nichts Besonderes! Und zum Friseur musste ich sowieso.“ Lass ihn bloß nicht merken, wie er dich aus dem Tritt bringt.
„Was redest du da? Du bist mit Abstand die schönste Frau hier!“
Kompliment war Kompliment, und in so einem komplimentarmen Leben wie dem ihren war ein Kompliment etwas Außergewöhnliches. Dennoch missfiel ihr das, was er von sich gab. Es schien ihre kühnsten Erwartungen in punkto seiner Motivation zu bestätigen, doch genau davor hatte sie Angst. Sie hatte in Wahrheit einen Riesenbammel davor, dass dieser Jüngling mehr wollte als nur unverfängliches Geplauder.
Florians Kommen hatte sie vor lauter Aufregung gar nicht bemerkt. Zögerlich stand er da mit dem Wasserglas in der einen und einem Sektglas in der anderen Hand. Unbeholfen.
„N'Abend“, sagte er etwas reserviert zu Christoph.
„Oh, guten Abend!“, antwortete dieser höflich, und wenn ihm die Situation irgendwie unangenehm war, so verbarg er das vollkommen. Er lächelte Florian unschuldig an und sagte:
„Es ist schön, dass Sie Ihre Frau mitgebracht haben, Herr Meiffert.“ Noch ein Schauspieler. Aber ein besserer, hübscherer, ein vielversprechender Anwärter für die beste Nebenrolle.
„Ja, das finde ich auch“, gab Florian knapp zurück, dann hielt er Kirsten auffordernd das Glas vor die Brust. „Hier, dein Wasser!“ Zuvorkommend wie immer, durch und durch ein Gentleman...
„Danke schön.“
Meine Chance, zu Sandra zu kommen. Umso besser, wenn sich dieser Jüngling lieber mit ihr unterhält, dann muss ich es nicht tun.
„Ich dreh' mal meine Runden, wie das halt so ist als Chef“, sagte er mit einem tiefen Seufzer und wollte den Anschein erwecken, als ginge er nicht gerne.
„Ja, bis später dann“, sagte Kirsten mit aufgesetzter Fröhlichkeit, erleichtert darüber, dass sich diese unangenehme Situation so schnell entkrampfte. Andererseits wäre sie froh gewesen, wenn er geblieben wäre, denn damit hätte sich die Spannung in Wohlgefallen aufgelöst. So stand sie wieder vor der unangenehmen Aufgabe, herauszufinden, was das Motiv dieses Charmebolzens war.
„Bis später“, sagte auch Christoph, noch immer freundlich, doch reserviert lächelnd.
Florian ging davon und verließ den langen Flur, weil er in irgendein Büro abbog. Und sie war wieder allein mit Christoph, naja, fast allein, wenn man mal von den versammelten Arbeitskollegen ihres Mannes absah.
Sprich mit ihm. „Wie war das Skifahren?“, fragte sie und wandte sich ihm zu.
„Nicht halb so schön wie der Abend noch hätte sein können, wenn ich nicht hätte gehen müssen.“
Oh mein Gott! Schleimalarm! Und Schleimer hatte sie noch nie gemocht. Sie zuckte kurz mit der rechten Augenbraue. Das war ein echter Tick von ihr, der Skepsis zum Ausdruck brachte und Ulla immer lachen ließ, wenn Kirsten beteuerte, dass alles stimmte, gleichzeitig ihre Augenbraue aber Salsa tanzte.
Autsch! „Das war auswendig gelernt und es gefällt dir nicht“, stellte er nüchtern fest. Offenbar hatte er das Zucken richtig gedeutet.
„Nun, ich mag Männer nicht, die ständig nur schleimen.“
Hatte sie das wirklich gesagt? War sie verrückt geworden, das zu ihm zu sagen? Kirsten, was redest du denn da? Gleich dreht er ab und lässt sich nie wieder blicken!
„Ich auch nicht. So anbiedernde Typen haben es immer nötig“, gab er zurück.
„Und warum sagst du dann solche Sachen?“
„Einerseits, weil es wirklich stimmt. Andererseits, weil ich unbedingt mit dir im Gespräch bleiben will und nicht so ganz genau weiß, was ich sagen soll, und du nie viel sagst, ich also die Konversation mehr oder weniger alleine bestreiten muss.“ Entwaffnend grinste er sie an, beinahe dreist.
Sie war überrascht von so viel Schlagfertigkeit und Ehrlichkeit und kombinierte blitzschnell, dass auch er sich auf dieses Wiedersehen vorbereitet hatte. Dieses Wissen beruhigte sie, denn es bedeutete, dass seine Kontaktaufnahme an Florians Geburtstag nicht zufällig gewesen war und sie sich das Knistern zwischen ihnen nicht eingebildet hatte. Es beunruhigte sie aber auch, weil sie nicht wusste, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Sie ermahnte sich zur Vorsicht, immerhin war sie eine verheiratete, ältere Frau, die Frau seines momentanen Chefs. Dennoch juckte es sie in den Fingern, herauszubekommen, was hier vor sich ging, was dieser viel zu attraktive, nette Mann von ihr wollte, wie weit er gehen würde, ob er es bei einem harmlosen Flirt beließe oder mehr wollte. Dinge wollte, die sie ihm nicht geben konnte, obwohl konnte schon, aber nicht durfte.
„Siehst du, schon sagst du nichts mehr“, warf er bedauernd ein. „Ich wusste doch, dass ich es vermasseln würde.“
Wieder schwiegen sie einander an. Die Weihnachtslieder vom Band erfüllten die peinliche Stille zwischen ihnen. Er sah sie forschend an, sie schaute vehement an ihm vorbei, um sich nicht noch mehr die Blöße zu geben. Sie wusste genau, dass ihr sorgsam geschminktes Gesicht glühte wie ein Flutscheinwerfer, und sie wusste, dass er es bemerkte. Damit musste es doch für ihn auf der Hand liegen, wie er sie aus dem Gleichgewicht brachte. Mit einem kleinen bisschen Aufmerksamkeit von seiner Seite erlangte sie die bedauerliche Konsistenz eines Stückchens Schokolade im heißen Wasserbad.
Ein Teil von ihr wünschte sich so sehr, dass er ihr noch höflich einen schönen Abend wünschen und dann weitergehen würde, dass sie sich danach dem Schampus hingeben und später an Florians Schreibtisch angesäuselt traditionell den Rest des Abends verbringen konnte, um nachts wieder zurückzukehren in ihr glückliches Heim an der Seite ihres Mannes.
Der abenteuerlustige, rebellische Teil von ihr wünschte sich nichts mehr, als mit diesem Mann im Gespräch zu bleiben und sich ein wenig abzulenken von ihrem tristen Alltag.
Er atmete tief ein und aus, er sah resigniert aus.
„Na gut, es tut mir leid,“ begann er zögerlich, „wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin, Frau Meiffert. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“
NEIN! Hat er das wirklich gesagt? Das darf nicht sein. Lass ihn nicht ziehen!
„Du bist mir nicht zu nahe getreten!“, brach es schnell aus ihr heraus, als er sich gerade wegdrehen wollte, „Du bist mir wirklich nicht zu nahe getreten. Und seit wann siezen wir uns wieder?“
„Ich dachte nur, weil“, er brach ab und begann von Neuem, „ich hatte den Eindruck, meine Anwesenheit ist dir irgendwie unangenehm. Und ich will dir ja nicht die Weihnachtsfeier ruinieren.“
Oha, er hat es bemerkt. Jetzt nur nichts anmerken lassen,