Weihnacht von Karl May. Karl May

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Weihnacht von Karl May - Karl May

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gehörig bezeichnete. Wenn ich mich nicht irre, waren es Virginias, die man zuweilen auch mit

       dem hochpoetischen Namen »Giftnudeln« zu bezeichnen pflegt. Als Carpio die seinige

       anbrannte und den lächelnden Ausdruck bemerkte, mit welchem er dabei von rundumher

       beobachtet wurde, machte er eine hoheitsvolle Handbewegung und sagte in geringschätzigem

       Tone:

       »Ich will Ihren Kaiserstaaten gewiß nicht zu nahe treten, aber was Cigarren betrifft, so sind

       wir Ihnen in jeder Beziehung über. Diese hier zum Beispiel, welche von vorzüglicher Qualität

       sein soll, würde mir für den täglichen Gebrauch viel zu schwach sein. Es giebt bei uns eben

       ganz andere Raucher als hier bei Ihnen, meine Herren!«

       Leider aber ließ er seine »Nudel« so oft ausgehen, daß er mit den Zündhölzern immer

       zwischen ihr und dem Asbestgläschen unterwegs war – es stand nämlich ein sogenanntes

       Tunkfeuerzeug auf dem Tische. Da ihm dabei der Geruch des Schwefels so oft in die Nase

       fuhr, zog er, ohne daß ich weiter darauf achtete, ein Papier aus der Tasche, zerriß es in lange,

       schmale Streifen, um Fidibus aus ihnen zu machen, und holte sich nun mit deren Hilfe das

       zum Anbrennen nötige Feuer von der in seiner Nähe qualmenden Öllampe. Damals gab es

       bekanntlich weder Gas- noch gar elektrisches Licht.

       Trotz dieser immerwährenden Unterbrechungen war er, als ich die erste Cigarre geraucht

       hatte, schon mit seiner zweiten fertig. Man bot uns neue an, und als ich da für uns beide

       ablehnte, schlug Carpio diese Anmaßung in empörtem Tone zurück:

       »Mische dich nicht in meine Angelegenheiten, Sappho! Eine Mondscheinnatur, wie die

       deinige ist, kann freilich nichts vertragen; ich aber bin aus Stahl und Stein gebaut und möchte

       die Cigarre kennen lernen, die meine Konstitution erschüttern könnte!«

       »So ist es recht!« stimmte Franzl bei. »Ein guter Student muß ausgepicht und gegen Nikotin

       und Spiritus unempfindlich sein. Nummus ubi loquitur, Tullius ipse tacet. Nehmen Sie also

       immer noch eine!«

       Und der Busenfreund nahm noch eine und hatte sie noch nicht aufgeraucht, als seine Fidibus

       zu Ende waren. Ich sah, daß er, wie ein Orientale sich ausgedrückt hätte, die Morgenröte

       seines Angesichts verlor, sagte aber nichts, weil ich ihn nicht beleidigen wollte.

       Dann brachte die Wirtin das Abendessen herein. Es bestand in einer mächtigen Schüssel

       Fisolen und einer ebenso großen Schüssel geräuchertem Schweinefleisch. Beim Anblicke der

       großen, appetitlichen Fleischstücke lief mir, wie es später dem persischen Schah in London

       ergangen sein soll, das »allerhöchste Wasser seiner Majestät« im Munde zusammen; den

       Busenfreund aber schien die Lukullität dieses Nachtmahls kalt zu lassen; wenigstens lag,

       während meine Augen höchst wahrscheinlich vor Freude leuchteten, in den seinen ein

       entsagungsvoll nach innen gerichteter Blick und in seinen wehmutsvoll zusammengezogenen

       Mundwinkeln der Ausdruck jener schmerzlichen Resignation, mit welcher ein sonst sehr

       vernünftiger Bettler einst behauptet haben soll, daß es ihm niemals einfallen werde, einen

       Hundertthalerschein anzunehmen.

       Wenn man bedenkt, daß zu diesen Fisolen und zu diesem Fleische nicht Bier, sondern Wein

       getrunken wurde, so wird man mir glauben, daß ich mich nicht allzu sehr nötigen ließ. Mein

       guter Carpio aber wollte, wie Franzl sich auszudrücken beliebte, »gar nicht anbeißen« und

       erklärte schließlich, als er sich durch teilnahmsvolle Fragen und Zusprüche in die Enge

       getrieben sah, daß er leider heute mittag zuviel gespeist und infolgedessen jetzt noch gar

       keinen Appetit habe. Dabei richtete er sein Auge mit der stummen Bitte um Verschwiegenheit

       auf mich; ich gewährte sie ihm im stillen, wurde aber dafür von ihm mit dem grassesten

       Undank belohnt, denn als man ihn darauf aufmerksam machte, daß doch ich nicht so ganz

       appetitlos sei, antwortete er wie aus einer Wolke der Erhabenheit herab:

       »Es sind nicht alle Menschen gleich besaitet. Während der eine den Genüssen des Geistes und

       des Gemütes den Vorzug giebt, liebt es der andere, in materiellen Dingen zu schwelgen und

       schreckt am Ende sogar nicht davor zurück, seine Seele in Fisolen und Selchfleisch zu

       versenken. Weiter brauche ich wohl nichts zu sagen; Sie wissen ja: de gustibus non est

       disputandum, wie der Lateiner sagt.«

       »Ja, ja,« nickte der Wirt, erfreut über die Gelegenheit, wieder einen Beweis seines Wissens

       geben zu können. »Es freut mich natürlich riesig, daß es Ihrem Kollegen so vortrefflich

       schmeckt, doch weiß auch ich die Vorzüge des Geistes zu schätzen und sage mit den

       Gelehrten des Altertums: Omne nimium nocet.«

       O Franzl, Franzl, wüßtest du, was du mir soeben gesagt hast! So dachte ich, aß natürlich aber

       trotzdem ruhig weiter, denn ich hatte mich nun einmal so tief in das Materielle versenkt, daß

       man mir eine schnelle Umkehr aus dieser geistigen Verfisolung nicht zutrauen durfte. All

       mein psychisches Können und Wollen war, wie ich zu meiner Schande gestehen muß, in

       diesem Augenblicke schon so verlottert, daß ich, wenn ich überhaupt beim Essen etwas sagte,

       schon längst nicht mehr in Reimen sprach, kann aber zu meiner Ehrenrettung den sehr

       moralischen Grund hinzufügen, daß ich den Wert des delikaten Geselchten weder durch

       trockene Jamben und Trochäen noch durch ungeräucherte Amphibrachen und Daktylen

       unvorteilhaft beeinflussen wollte.

       Die Stube war bis zum Essen voller Gäste gewesen; nun ich mich aber mit solcher

       Schweigsamkeit

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