Seemannsschicksale aus Emden und Ostfriesland – erlebte Geschichten rund um die Seefahrt. Jürgen Ruszkowski

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Seemannsschicksale aus Emden und Ostfriesland – erlebte Geschichten rund um die Seefahrt - Jürgen Ruszkowski

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heutigen Geburtstag mal so richtig zur Ader bzw. zum Gelde zu lassen.

      Vorher hatte ich schon ordentlich Reklame damit gemacht, dass ich meinen Geburtstag an Land feiern würde; mit japanischen Spezialitäten wie Sushi (roher Fisch mit diversen Sößchen) und plenty heißem Sake (japanischer Reiswein).

      Von einem mir bekannten japanischen Zollbeamten hatte ich mir einen diesbezüglichen Zettel in japanischer Schrift über die o. g. Wünsche schreiben lassen. Mit diesem Zettel in der Tasche ging ich nun morgens erstmal alleine an Land, um eine entsprechende Kneipe für die Geburtstagsfeier auszugucken. Der Zöllner hatte mir erklärt, ich solle zuerst per Taxi zum zentralen Busbahnhof von Tokio fahren; da solle ich dann mit Hilfe seines Zettels rumfragen, es gäbe dort in der Gegend jede Menge gute „Sushi-Lokale“.

      So ca. 10:00 Uhr morgens stand ich also am zentralen Busbahnhof von Tokio; um mich herum brauste das pulsierende Großstadtleben, und ich kam mir - ehrlich gesagt - etwas dumm und verloren vor.

      Irgendwo gegenüber in dem Gewimmel und unter den vielen japanischen Schriftzeichen entdeckte ich ein Schild „Coffee-Shop“ und dachte mir: „Egal, irgendwo musst du ja mal anfangen!“

      Ich also rüber und rein in den Laden. Es handelte sich um eine hochmoderne Imbissbude a' la „McDonalds“ mit etlichen Tischen und langem Tresen, um diese Zeit noch recht mäßig besucht; ich bestellte „One coffee please!“ Die hübsche kleine Japanerin schob mir eine Tasse Kaffee rüber. Ich bezahlte gleich und zeigte ihr den erwähnten Zettel mit den japanischen „Micky-Maus-Zeichen“. Sie strahlte mich lächelnd an, freute sich offensichtlich riesig, und erzählte mir auf perfekt japanisch irgendwelche Geschichten. Tja, englisch, spanisch und evtl. portugiesisch hätte ich ja vielleicht begriffen, aber das hatte ich nun leider nicht drauf.

      Zirka zwei Meter weiter rechts von mir stand ein sehr seriös aussehender älterer japanischer Herr vor seinem Kaffee am Tresen und beobachtete offensichtlich amüsiert meine Verständigungs-Klimmzüge. In Englisch mischte er sich nun ein und fragte mich, ob er behilflich sein könne. Hocherfreut gab ich ihm den Zettel und erklärte ihm meine Wünsche. Als er hörte, dass ich Deutscher sei und außerdem heute noch Geburtstag habe, verklärten sich seine Gesichtszüge. „Oh, oh, Duitsi Duitsi, ok ok, come with me, i show you the right place for your birthday-party!“ „Nun gut, es ist `nen Versuch wert!“, dachte ich. Wir also raus aus dem Laden, rin in das City-Gewimmel, durch enge Gassen voller geschäftiger Japaner/innen - ich immer im Schlepptau meines neuen seriösen Freundes, welcher dem Habitus nach (dunkler Anzug, Krawatte) offensichtlich ein Manager bzw. Banker war. Schließlich landeten wir vor einem unscheinbar aussehenden Laden, dessen Tür total mit langen Stoff-Fahnen mit diversen japanisch-chinesischen Schriftzeichen verhängt war. Nie und nimmer wäre ich darauf gekommen, dass das ein Sushi-Lokal sein könne. Ich hätte den Laden ohne Hilfe nie gefunden.

      Wir also rein in die „Bude“. Ich staunte mächtig. Es war ein kleines blitzsauberes Lokal; links eine chromfunkelnde etwa sechs Meter über die ganze Länge reichende Theke voller Glasauslagen mit Fischen, Gemüsen, bunten Soßen usw., eine richtige Augenweide!

      Mein neuer Bekannter schien hier heimisch zu sein, die Chefin, „Mama-san“, eine nette ältere Dame in weiß, verbeugte sich „Ich-weiss-nicht-wievielmal“ vor ihm und begrüßte ihn richtig respektvoll, aber offenbar auch sehr herzlich.

      Rechts von der mächtigen Theke standen noch fünf Tischchen, der ganze Laden hatte vielleicht so 50 qm. Es war jetzt etwa 11:00 Uhr morgens. Mein neuer Freund hatte mir übrigens in aller Form (mit gegenseitigen Verbeugungen, alles sehr höflich) zum Geburtstag gratuliert; und nun ging's also zur Sache!

      Mr. Akhashi (so hieß der gute Mann meiner Erinnerung nach) war sehr stolz auf „sein“ Restaurant und wollte mir nun alles richtig erklären und demonstrieren, wogegen ich nun wirklich gar nichts einzuwenden hatte. Wir waren um diese Zeit noch die einzigen Gäste. Eine jüngere Bedienung und ein „Fischkoch“ in weiß standen noch hinterm Buffet, und nun brachte „Mama-san“ uns den ersten Krug mit heißem Sake (Reiswein). Man trinkt ihn aus kleinen Tongefäßen, schätze mal ca. 100-ml / 5-Schnäpse. Zuerst schmeckt das Zeug ja etwas „muffig“, aber wenn man sich „eingetrunken“ hat, etwa nach dem 3. bis 4. Krug, schmeckt Sake hervorragend; man kann richtig süchtig danach werden. Draußen war es übrigens ein richtiger heißer Sommertag mit sicher 25 bis 28 Grad, aber hier in dem Laden war es schön kühl mit air-condition.

      Nun legte Mr. A aber richtig los, nach dem ersten Töpfchen Sake wurde Sushi aufgefahren. Er erklärte mir auch immer bei jedem Häppchen die Fischsorte bzw. Körperpartie des betreffenden Fisches, die Zusammensetzung der Soßen und Gemüsezutaten etc. pp., wir hatten hauchdünne Scheibchen vom Thunfisch, Hai, Wal und was noch immer, garniert mit Algen, Seetang-Blättern, Soja in jeder Form und jede Menge Sößchen von mild bis höllenscharf - es war eine „Probier-Orgie“, sie dauerte so bis etwa 14:00 Uhr.

      Der Sake-Topf wurde nicht leer und mein Gönner aus Tokio schien einen Heidenspaß mit mir zu haben. Inzwischen waren natürlich auch noch andere Gäste in dem Lokal; jeder hatte noch Rezepte bzw. Ratschläge beizusteuern und alle waren fröhlich und freuten sich mit Mr. A über den deutschen Geburtstags-Seefahrer.

      Na ja, alles hat einmal ein Ende; ich hatte Mr. A ja gesagt, dass ich mit der Crew abends feiern wollte und wieder an Bord müsse; er schrieb mir die Adresse von diesem Laden auf und begleitete mich noch zu einem Taxi. Wir verabschiedeten uns rührend (der Reiswein wirkte inzwischen auch schon) und Mr. A legte mir noch mal ausdrücklich ans Herz, nun auch wirklich heute Abend in „seinem“ Sushi-Laden mit meinen Bordkameraden zu erscheinen und original japanisch zu essen und trinken, was ich ihm dann auch ehrenwörtlich versprach.

      So gegen 15:00 Uhr - richtig zur „coffee-time“ - war ich dann wieder an Bord und gab allen interessierten Leuten Bescheid, dass meine „japanische“ Geburtstagsfeier heute Abend an Land stattfinden würde, Start mit diversen Taxen um 18:30 Uhr.

      Es kamen mit mir zwölf Mann zusammen: 2. u. 3. Offz., 2. u. 3. Ing., „Blitz“ (Elektriker), 2 Ing.-Assis, SBM (Schiffsbetriebsmeister), Bootsmann und zwei Schmierer (Motoren-Wärter); alle natürlich ganz heiß darauf, den Funker nun mal so richtig zu schädigen bzw. abzukochen!

      Mit drei Taxen fuhren wir nun ohne Probleme zu meinem ausgewählten Sushi-Laden und kamen dort so kurz nach 19:00 Uhr an. „Mama-san“ begrüßte uns herzlich auf japanisch und brachte jedem sofort ein Töpfchen Sake. Die ganze Theke war nun fest in deutscher Hand! Was soll ich sagen, nun legten die Burschen so richtig los. Es wurde ein Fress- und Saufgelage, dass sich mir allmählich die Nackenhaare sträubten. Teilweise hatte ich den Eindruck, es würde für meine Gäste nie wieder im Leben etwas Fisch zu essen oder Reiswein zu trinken geben. „Mama-san“ hatte richtig Mühe, mit dem „Sake-kochen“ nachzukommen; sämtliche Sushi-Gerichte wurden verputzt usw. usw., es war unbeschreiblich. Die Stimmung stieg im Laufe der Zeit natürlich auch entsprechend, kernige Lieder erklangen und auch die anderen japanischen Gäste schienen viel Spaß an unserer Art des Feierns und an den Shanty-Gesängen der vom Sake beschwipsten Germanen zu haben. Es war also eine richtige „Runde Fete“; und ich sah manchmal vor meinem geistigen Auge die 10.000-Yen-Scheine (damals so ca. DM 100,-) aus meiner Brieftasche flitzen. Tokio war wirklich nicht billig, besonders solche Spezialitäten hatten ihren guten Preis.

      So nach ungefähr drei Stunden ging in uns wirklich nichts mehr rein! Nach einigen Mühen überredete ich die ganze Gang dazu, das Lokal nun doch zu wechseln. In der Nähe sollte sich noch ein auf „Bayrisch Hofbräuhaus“ gemachter Bier-Schuppen befinden, da wollte ich dann noch einen „Absacker“ ausgeben. Alle Mann waren damit mehr als einverstanden; nach dem vielen Fisch und Reiswein hatten sie jetzt alle einen ordentlichen Bierdurst!

      Nun gut, die Crew drängte zum Ausgang; und für mich kam ja hier nun die „Stunde der Wahrheit“; schließlich musste ich den ganzen Spaß ja nun auch bezahlen. Ich rechnete

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