Die steinernen Türme. Margarete Hachenberg

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Die steinernen Türme - Margarete Hachenberg Die wiedische Grafschaft

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zusammen mit Eiern und Senf auf, dazu gab es dann Äpfel und Nüsse.

      „Lasst Euch das munden, gnädige Herren.“ Graf Hermann II forderte seine ebenbürtigen Gäste auf zu speisen. Sollte da etwas übrig bleiben, würden seine Knechte das unter den Thierdorffern verteilen.

      Die Kirche Sankt Jacobus bestand ebenso wie die Stadtmauer aus verschieden dicken Steinen und einem Glockenturm. Das Dach glich einem schiefgelegten Viereck, mit Schiefertafeln bedeckt. Agathe war gemeinsam mit Thönges und dem zweijährigen Ludwig auf dem Weg zum Gottesdienst. Es war Sonntag.

      Angst und Schrecken breiteten sich aus, denn dieser Krieg nahm kein Ende, die Pestilenz raffte Mensch wie Vieh dahin und dann noch diese frostige Kälte, die kein Korn und keine Frucht gedeihen ließ. Elend und Not, vor allem der Hunger ließ die Bürger verzweifeln. Es war Mai und die Blätter der Bäume schwarz vom Frost.

      Blitze jagten über den mit aufgetürmten Wolken übersäten Himmel und es regnete in Strömen. Das Wasser stand hoch im Weizen der Felder. Dieses Unwetter dauerte Wochen an, das Korn zerfiel, Schweine, Rinder und Schafe ertranken in den Fluten.

      Gleich würde der Gottesdienst beginnen. Agathes Blick streifte den Turm mit den zwei nebeneinanderliegenden Bögen in den Giebeln. Der Klang der Glocken, der von dieser Stelle kam, lud die Thierdorffer zur Messe ein.

      Im Inneren der Kirche gab es ein Langhaus mit einem viereckigen Chor. Kalt war es innerhalb der Mauern, Agathe zog ihr grob gewebtes Tuch fester um ihre Schultern. Eine weiße Haube bedeckte ihren Kopf. Ihr Leinenkleid war dunkel mit weißem Kragen und Armaufschlägen. Sie zitterte. Ludwig quengelte: „Mama, Arm.“

      Agathe bückte sich zu ihrem Sohn und nahm ihn auf den Arm. „Sei ganz ruhig. Mama ist ja bei dir“, flüsterte sie. Zärtlich legte sie seine Wange an die ihre. Kleine Locken um seine Stirn kitzelten ihre helle Haut. Ein Lachen zeigte sich in ihrem Gesicht und ihre Augen funkelten vor Freude. Wie sein Vater trug auch der Junge eine dunkle Kniebundhose und ein weißes Wams.

      Der Priester betrat den Raum. Die Kirche hatte sich gefüllt, auch andere aus Thierdorff hatten sich eingefunden. Der Mühlsteinkragen fiel über die Schultern des bodenlangen Gewandes des Geistlichen, der nun seine Predigt eröffnete.

      „Ich freue mich, dass sich so viele hier eingefunden haben.“ Bei den nächsten Worten erstarrte Agathe.

      „Eure Mütter, Schwestern, Tanten und Eure Cousinen, Eure Weiber, keinem könnt Ihr mehr trauen. Sie alle sind so leicht zu beeinflussen. Schaut ganz genau auf das, was sie tun, achtet auf alle Schritte, auf jede Handlung. Ich versichere Euch hier vor dem Kreuze unseres Herrn, dass sich jedes Weib mit dem Teufel verbündet und sich von Gott abwendet. Glaubt Ihr, Gott hätte dieses Elend auf dieser Erde gewollt? Nichts mehr ist in Ordnung. Wir alle leiden Hunger, wir werden ausgeplündert, die Soldaten nehmen uns alles weg. Dann ist da noch die Beulenkrankheit und viele Menschen, aber nicht nur die, auch unser Vieh stirbt daran, dann diese bittere Kälte mit Wolkenbrüchen, Graupel- und Hagelschauer sowie der Sturm. Das können nur die Weiber getan haben, die mit dem Teufel buhlen. Sie schließen einen Bund mit ihm und kommen so in die Lage, Schadenszauber zu begehen.“ Die Stimme erhob sich derart gewaltig, dass die Männer entsetzt lauschten und die Weiber vor Scham erstarrten.

      Nun war es nicht nur die Kälte draußen und innerhalb dieser Mauern, sondern es waren die schrecklichen Worte des Dionysius Franzius, der mit tiefster Überzeugung gesprochen hatte. Agathe schaute sich um und sie sah das Entsetzen in den Augen vieler hier stehender Frauen.

      „Achtet darauf, wer von den Weibern einen schlechten Ruf hat. Wartet auf keinen Fall länger und zeigt sie alle an! Diese Weiber müssen vom Teufel befreit und ihre Seelen rein werden! Unsere Weiber sind voller List, sie sind rachsüchtig und sie sind gierig und jähzornig und welcher Mann will das schon?“

      Thönges Augen wanderten zu Agathe hinüber, die neben ihm stand. Sie war noch ein Mädchen, fast noch ein Kind. Traf das, was der Priester da redete, wirklich auf sie zu? Ob auch Agathe den Teufel schon gesehen, ihn vielleicht schon getroffen und mit ihm gebuhlt hatte? Wo mag sie sich mit ihm getroffen haben? Ludwig ahnte davon nichts.

      Wind war aufgezogen, die Wolkendecke grau verhangen, als die kleine Familie die Kirche wieder verließ. Die Gassen waren kaum zu erkennen, dicker Hagel fiel auf den Lehm. Ein Unwetter war aufgekommen. Agathe zog sich das Tuch über den Kopf und die Familie eilte der Hütte entgegen.

      Der vergangene Winter hatte sich mit unerbittlichem Frost gezeigt und eisiger Kälte, das Frühjahr hielt Einzug mit Hagel und Frost. Es war so kalt, dass die Saat, die Thönges ausgestreut hatte, nicht aufgehen würde. Auch im Garten würde es dieses Jahr kein Gemüse geben, auf dem Acker weder Hafer noch Weizen und auch Obst würde nicht an den Bäumen gedeihen. In dieser Zeit war sich jeder selbst der Nächste.

      „Gott straft uns mit Plagen, mit dem Unwetter und dem Krieg, Agathe.“ Thönges hatte mit seiner tiefen Stimme das Wort ergriffen. „Ein Unglück jagt das nächste.“

      „Was haben wir denn verbrochen?“ Agathes Stimme brach, sie hielt ihre Tränen zurück.

      „Ihr hört ja, was der Priester von der Kanzel predigt. „Habt Ihr auch schon den Teufel gesehen und mit ihm gesprochen?“

      „Nein, Thönges. Wo denkt Ihr hin?“ Agathe konnte nicht glauben, dass Thönges so etwas von ihr dachte. „Ich liebe Euch.“ Sie stellte sich auf ihre Zehen, umarmte ihren Mann und küsste ihn.

      „Mama, Hunger!“ Ludwig, der kleine Blondschopf, packte mit seiner kleinen Hand an die Wange seiner Mutter und erinnerte sie sanft an ihre Pflichten. Agathe lachte herzlich, sie liebte ihren Sohn. Sie setzte Ludwig wieder in seine Ecke, in der er eben noch gespielt hatte und ging in den Garten. Der strömende Regen durchnässte in nur wenigen Augenblicken ihr Kleid. Mit beiden Händen hob sie die nasse Erde zur Seite. An dieser Stelle hatte sie im vergangenen Jahr den Boden mit Holz ausgelegt und sich da einen Vorrat an Korn, Erbsen und Pilzen angelegt. Das holte sie sich, denn sie hatten Hunger. Das Korn legte Agathe in eine Schale aus Holz, stellte sie neben sich und füllte dann eine andere Schale mit den Erbsen.

      Das Jahr zuvor hatte eine sehr reiche Ernte gebracht. Nach langer Zeit hatte es warme und auch heiße Zeiten gegeben, die sich mit dem Regen abgewechselt hatten. Das war ein Segen des Herrn. Hafer wie auch Weizen wuchsen dicht an dicht auf ihrem Acker. Um ihn zu pflügen, spannte sich Thönges selbst vor den Pflug, denn die Soldaten hatten sein einziges Pferd gestohlen.

      Birnen und auch Äpfel, sogar Pflaumen erntete Thönges im Herbst und der Garten brachte einige Leinensäckchen voller Erbsen. All das reichte, um die Soldaten, die am Friedhof ihr Lager aufgeschlagen hatten, für einige Zeit zu versorgen und auch auf dem Markt konnten sie verkaufen. Alles andere vergrub Agathe im Garten.

      Im vorigen Jahr, daran erinnerte sich Agathe, neigte sich der Sommer so langsam seinem Ende zu, als sie in den Wald ging, um Pilze zu suchen. Wann immer es ihre Zeit zuließ und es in diesen Kriegszeiten möglich war, machte sie sich auf die Suche nach essbaren Pilzen.

      Schon als kleines Mädchen hatte sie die Großmutter an der Hand mitgenommen und so lernte Agathe auf diese Weise recht schnell, die guten Pilze von den giftigen zu unterscheiden. Alle Pilze sprossen aus dem mit Nadeln oder Laub bedeckten Boden. Regen und Sonne mussten sich zu gleichen Teilen abwechseln, sonst brauchte sie im Wald gar nicht zu suchen.

      „Das hier sind Pfifferlinge“, richtete die Großmutter das Wort an Agathe. „Seht Ihr hier die schmalen Lamellen, die am Stiel herunterlaufen? Die Pfifferlinge selbst leuchten orange, der Hut nach innen zum Stiel gewölbt. Daran erkennt Ihr sie. Schaut Ihr ganz genau hin, seht Ihr sie an dieser markanten Farbe.“ Diese Pilze wuchsen im Laubwald.

      „Das

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