Die Atlanten von Wheed. Gabriele Steininger
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"Antga?" Eine leise Mädchenstimme hatte sich in die Stille erhoben. Ihre braunen, langen Haare fielen über die schmalen Schultern, als sie sich vorbeugte und den Pantoffel der Alten berührte.
"Sie ist eingeschlafen. Wir müssen sie wecken." meinte einer der Jungen. Er war größer als die anderen und hatte strubbeliges blondes Haar. Unzählige Sommersprossen streuten sich über seine Wangen.
"Antga! Antga! Werde wach. Bitte erzähle uns die Geschichte weiter." drängten die Kinder. Antga, die in ihrem gepolsterten Holzstuhl eingenickt war, räusperte sich kurz, rieb sich die Augen und blickte in die erwartungsvollen Gesichter ihrer fünf Enkel, zwei Urenkel und lächelte.
"Antga. Bitte erzähle weiter."
"Nun, wo war ich denn stehen geblieben?" Sie nahm einen großen Schluck Tee, der neben ihr in einem Becher auf einem kleinen Holztischchen stand. Er war nur noch lauwarm und die Alte verzog kurz die Mundwinkel. Sie mochte ihn am Liebsten heiß. Wenn er kalt wurde bekam er einen bitteren Geschmack.
"Bei den Magiern und den Höchsten der Platten." erinnerte sie ihre Urenkelin Aura.
"Er wird immer so schnell kalt." stellte Antga fest. "Gut. Also die Magier und die Zauberer beratschlagten sich bei jedem Blaumondtreffen und waren die Berater der Höchsten der Platten. Die Höchsten der Platten waren damals nicht anders als heute. Die Oberhäupter regierten und veranlassten schon damals alles was geschah und was nicht geschehen sollte. Sie wendeten viel Unheil von den Völkern von Wheed ab. Dürreperioden wurden durch die Planungen überstanden und auch Regenzeiten. Mit den Magiern unter den Kartenwächtern an ihrer Seite hatten sie die Möglichkeit Ereignisse zu umgehen, oder herbeizuführen. So ging das für eine lange Zeit und jede zweite Generation brachte einen Kartenwächter hervor. Starb ein Magier oder Zauberer, wurde dieser sein Nachfolger und trat an seine Stelle. Der Platz des Kartenwächters war sehr begehrt, denn es war der Höchste Rang, den man auf Wheed von einem Höchsten erhalten konnte." Bis auf einen, fügte sie in Gedanken hinzu. Dieser Umstand hing mit dem schwarzen Seelenstein zusammen, der sich seinen Besitzer immer selbst erwählte. Doch die Geschichte über den schwarzen Herzsplitter war keine Geschichte, die man Kindern erzählte und so erwähnte Antga sie auch mit keinem Wort.
"Sind die Sternendeuter jetzt Magier?", wollte einer der älteren Jungen mit schwarzen Haaren und einem frechen Gesicht wissen.
"Nein", fuhr Antga fort, "die Sternendeuter sind heute die Berater der Höchsten. Sie sind aber keine Magier. Meist kommen sie aus Familien die für Kopfwerk bekannt sind. Von Kartenschreibern und Wissenswächtern, auch von Schreibern und Gelehrten anderer Werke. Ein Sternendeuter kann nicht wirklich in die Zukunft sehen. Er vergleicht den Lauf der Sterne mit Ereignissen, die bei gleichen Ständen schon einmal waren und schätzt ab was wohl kommen wird. Wie ihr wisst konnten die Magier aber Dinge verändern."
"Wie ging es dann mit der Geschichte weiter Antga?", fragte das Mädchen mit der hellen Stimme.
"Ah ja. Die Geschichte. Wir sind wohl ein bisschen davon abgekommen. Also, es sollte eine Zeit kommen in der sich eine uralte Prophezeiung erfüllen würde. Es war die erste Prophezeiung des ersten Magiers der auf Wheed gelebt hatte. Sein Name war Aravon. Er hatte die sieben Atlanten angefertigt. Die Prophezeiung besagte, wenn sich die Sternbilder der Atlanten zu einer Stachelkopfschlange zusammenfügen, würde die Zeit der Magie und zum Teil auch die des Zaubers ihr Ende finden. Sogar die Karten selbst würden ihren Zauber verlieren, so wie die Kartenwächter schwinden. Nur ein Wahrer vermag die Karten wieder zum Leben zu erwecken, wenn er sie bei Blaumond auf den silbernen Steintisch des Sulberges breitet. Erst dann werden sich die Karten wieder ordnen und die verlorenen Schätze der Platten offenbaren. An diesem einen Blaumond, als sich die letzten uns bekannten Kartenwächter versammelt hatten, war es so. Die Wächter legten die Karten an ihre Plätze und als die Siebente lag zeigten sich die Schätze ein allerletztes Mal. Die Sternbilder setzten ihren Lauf fort und endeten in jenem Zeichen, welches jeder der Kartenwächter fürchtete."
"Die Stachelkopfschlange", flüsterte Marc, ein kleiner Junge mit roten, verworrenen Haaren.
"Ja. Die Stachelkopfschlange. Ab diesem Zeitpunkt gab es keinen mehr, der den Weg der Kartenwächter hätte gehen können. Kein Zauberer mit genug Talent und kein Magier wurden nach diesem Himmelszeichen mehr geboren. So starben die Kartenwächter aus. Sie verschwanden aus Wheed und von den Platten. Das Ende ihrer Zeit ahnend, versuchten sie all ihr Wissen aufzuschreiben, um es für die Nachwelt zu erhalten. Nur deshalb können wir auch heute noch viele Werke von ihnen in unseren Wissensbauten lesen. Die Karten, die ihre Eigenschaft sich zu verändern, geheime Plätze und Schätze in der Blaumondnacht anzuzeigen, mit dem Verschwinden der Wächter verloren hatten, wurden an die jeweils Höchsten der Platten abgegeben, um sie zu verwahren. Ewon, der nicht nur der mächtigste, sondern auch der schlauste von ihnen war erkannte, dass es nicht gut war die letzte, mächtigste aller Karten abzugeben. Denn unter den Höchsten waren viele nicht so gut wie sie vorgaben. Alle hatten eine Eigenschaft gemein. Sie waren gierig. Nach Schätzen, nach Macht und Besitz und so beschloss er den siebten Atlanten mit dem Sokrum auf der siebten Platte mit einem Zauber zu belegen. Er wollte das Risiko nicht eingehen, ein "Magiebegabter" hätte die Möglichkeit, seine Begabung auszunutzen. Nur der, der wirklich wahr sei, sollte sie finden. Wie in der Prophezeiung geschrieben, sollte er allein die Macht besitzen alle sieben Atlanten zusammenzufügen. Von ihm auf den Steintisch gelegt und mit dem ersten Text des Sokrums beschworen, sollen sie Zauber und Magie wieder in die Welt bringen. So verschwand auch der siebte Atlant aus den Augen aller Wheeder Völker. Bis zum heutigen Tag hat ihn niemand mehr gefunden. Viele versuchten diese besondere Karte zu finden, doch keinem gelang es. Die Höchsten aber treffen sich seit dieser Zeit jedes Jahr zum Blaumondfest, um Rat abzuhalten. Auch heute feiern wir es noch in jedem Zyklus. Im Laufe der Zeit traten andere an die Stelle der Kartenwächter, den Höchsten mit Rat zur Seite stehend. Sie, die es mit der Zeit gelernt hatten die Sternwanderungen zu deuten, berieten von da an die Herrscher unserer Welt. Man nannte sie Sternendeuter. Jeder der Höchsten hat bis heute einen dieser Zunft, der für ihn in die Zukunft zu blicken versucht. Doch bis zu dieser Stunde befand sich kein Wahrer unter ihnen und so warten die Höchsten bis heute vergebens auf die Schätze und Geheimnisse der siebten Platte, die sie ohne die siebte Karte und ohne das Sokrum nie erblicken werden."
"Es könnte aber auch daran liegen, dass es keine siebte Platte gibt." sagte Joreg. Er war der älteste unter den Kindern und hatte bis jetzt geschwiegen.
"Die ist verzaubert, Joreg!", protestierte Aura und stieß ihn dabei unsanft in die Seite.
"Was genau ist denn der Wahre?", wollte Marc wissen.
"Der erste und mächtige Magier Aravon hat einmal den Wahren beschrieben. So lautet die Legende von Aravon dem Magier. Leider ist uns die Beschreibung nicht erhalten geblieben. Auch Ewon, der den Zauber ausgesprochen