Die Atlanten von Wheed. Gabriele Steininger

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Die Atlanten von Wheed - Gabriele Steininger 1. Buch

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Bis sich sein Vater nach seinem schweren Arbeitstag entspannt hätte und seine Laune, die in den letzten Wochen grundsätzlich schlecht zu sein schien, sich etwas besser wäre. Er ließ das Familienoberhaupt nicht eine Sekunde aus den Augen, um auch ja den richtigen Moment abzupassen, in dem er mit seiner Bitte vor ihn treten konnte. Doch dieser Moment kam nicht. Nicht als sein Vater gegessen hatte, nicht als er sich auf seinen großen Sessel setzte, um zu lesen und auch nicht, als er mit dem Werk seines Interesses in der Hand und der großglasigen Brille, die immer noch auf seiner Nase saß, eingeschlafen war.

      Innerlich aufgewühlt von seinem Vorhaben, setzte sich Marc auf die Stufen vor der Wohnburg und Aura folgte ihm. Seine Schwester stieß ihn mit dem Ellenbogen leicht in die Seite, als sie neben ihm Platz genommen hatte.

      "Hey, was ist los mit dir?", fragte sie besorgt.

      "Ich war heute im Wissensbau." Marcs Gesicht spiegelte seinen unglücklichen Zustand wider.

      "Und?"

      "Ich war bei Kurwat."

      "UND?" Auras Stimme wurde energisch.

      "Wir haben uns unterhalten."

      "Meine Güte! Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!", zischte sie ihn ungehalten an. Sie mochte die verstockte Art nicht, die er an den Tag legte, wenn etwas im Ungewissen lag.

      "Er will, dass ich mit Vater morgen noch vor dem Hochstand der ersten Sonne zu ihm gehe." Fragend sah Aura ihn an. "Um zu besprechen was aus mir wird." setzte Marc nach.

      "Ja aber das ist doch großartig!", freute sie sich. "Das heißt ja wohl, dass Kurwat dich als Lerner nehmen würde oder nicht?"

      "Ja, das heißt es wohl." Marc ließ den Kopf auf seine Hände sinken die er über die Knie gelegt hatte. "Nur kann ich mir auch denken was Vater von diesem Beruf halten wird."

      "Ich glaube nicht, dass er etwas dagegen hat. Sieh mal, du hast dich bei den anderen Berufen so tollpatschig angestellt, die hätten dich nicht einmal behalten, wenn du sie dafür bezahlt hättest." zog Aura ihn auf.

      "Was soll das denn jetzt wieder heißen? Glaubst du ich bin dumm?" Marc, der ein bisschen gekränkt war, weil seine Schwester so mit ihm redete, sah sie herausfordernd an. Wenn sie mit dieser Aussage einen Streit heraufbeschwören wollte, dann könnte sie ihn haben.

      "Nein. Natürlich nicht." wehrte sie ab. "Ich meine nur dass du einfach nicht für diese Art von Arbeit geschaffen bist. Das hat Vater bestimmt auch bemerkt. Es fällt nun mal auf wenn plötzlich eine ganze Wand nicht da ist wo sie eigentlich hingehört und der Sessel den du machen solltest, na ich weiß nicht. Wer immer darin Platz nimmt muss Angst haben nie wieder daraus hoch zu kommen." Bei dem Gedanken an die furchtbare Anordnung der Hölzer, die er fabriziert hatte, musste Marc selber grinsen. Es wäre wahrscheinlicher gewesen den Stuhl als Falle für irgendein Tier zu nutzen, als eine Sitzgelegenheit darin zu erkennen.

      "Dafür, dass du beim Wasserwärter öfter im Wasser warst als der Schwimmbaum selbst, kannst du wahrscheinlich nicht einmal etwas. Wer weiß schon wie oft so ein Wasserwärter in den See fallen muss bis er oben bleibt." Aura und Marc lachten. So gesehen war es schon wieder lustig, was ihm alles passiert war.

      "Ich hoffe wirklich Vater hat nichts dagegen. Ich meine mit dem lernen des Kartenschreibers." Das Lachen der Beiden war verstummt. "Schließlich schlage ich mit diesem Wunsch komplett aus der Sippe."

      "Na dann. Auf und los! Geh zu ihm und frage ihn einfach. Mehr als nein kann er ja nicht sagen.", ermutigte sie ihn.

      "Das stimmt allerdings. Mehr als nein kann ich nicht sagen." Die tiefe, kräftige Stimme des großen Mannes ließ beide hochschrecken.

      Sie hatten nicht bemerkt wie er hinter sie getreten war und ein Stückchen im Eingang verborgen, die letzten Sätze des Gespräches mitgehört hatte.

      Seine Frau Ilke hatte ihm gesagt, nein, gedrängt mit seinem Sohn zu reden. "Bemerkst du nicht wie der Junge sich quält? Er will schon die ganze Zeit etwas loswerden."

      Nein, er hatte es nicht bemerkt. Er war einfach nur müde gewesen und wollte seine Ruhe. Wenigstens für eine Weile.

      "Aura?", sie blickte ihren Vater an, "lässt du uns bitte alleine?"

      "Ja Vater." Gehorsam stand sie auf und ging in die Wohnburg zurück.

      Marcs Vater setzte sich neben ihn auf die Stufen und sah für einen Moment zu wie die zweite Sonne mit einem kräftigen Purpur hinter der Platte versank.

      "Du möchtest also Kartenschreiber werden." begann er das Gespräch. "Habe ich das richtig verstanden?"

      "Ja Vater. Das möchte ich." gestand Marc. Er wagte nicht ihm in die Augen zu sehen. Betreten hatte er den Kopf gesenkt und wartete auf das niederschmetternde Urteil seines Vormundes.

      "Warum möchtest du das denn werden?", setzte die tiefe Stimme fort.

      "Weil ich glaube, das ich es gut kann. Und ich glaube, es würde mich glücklich machen, weil ich immer schon gerne Karten geschrieben habe." versuchte er seine Entscheidung zu begründen.

      "Du hast bei Kurwat heute dein erstes Vorsprechen gehabt?", der Mann strich sich mit dem Daumen über die gerunzelte Stirn.

      "Ja Vater."

      "Ohne vorher mit mir zu sprechen und ohne mich ich bei Kurwat die Bitt stellen zu lassen, wie es üblich ist?"

      Marcs Hoffnung löste sich gerade in Luft auf. Er wusste, dass man nicht machte was nicht üblich war. Sicher hatte er seinen Vater damit gekränkt ihn nicht vorher in seine Pläne einzuweihen. Irgendwie musste er das Blatt wieder wenden.

      "Ja Vater aber ich…"

      "Schweig." befahl er dem Jungen. "Ich bin stolz auf dich." Der fragende Blick seines Sohnes forderte eine Erklärung. "Ich bin so stolz, weil du für dich alleine eingestanden bist. Ich bin Stolz, dass du deine Wahl endlich getroffen hast. Und deshalb gehe ich morgen mit dir zu Kurwat Ersol, dem Wächter des Wissensbaus und wir werden reden, über das was aus dir wird." und er stand auf und ging hinein.

      Er wollte sich noch eine Weile mit seinem Werk beschäftigen und blätterte darin herum. In seinem Kopf aber waren andere Gedanken. Sein Sohn hatte etwas gefunden, was er wirklich wollte. Gerson erinnerte sich an seine eigene Wahl, als er den sechzehnten Zyklus vollendet hatte. Die Erkenntnis, Marc lieber als Handwerker zu sehen und nicht als Kopfwerker, erschreckte ihn ein bisschen. Sein Vater wollte einen Schiffer aus ihm machen und es gab viel Streit. So manches Wortgefecht wurde ausgetragen und er suchte sich letzten Endes, ohne die Zustimmung seines Vormundes, eine Stelle. Es war nicht einfach für ihn gewesen einen Meister zu finden, der ihn trotz des Widerstandes seines Vaters nahm. Deshalb hatte er sich immer geschworen nicht so zu sein.

      Marc blieb noch eine Weile auf den Stufen sitzen. Er war glücklich. Sein Vater war stolz auf ihn. Das war etwas, was die Bewohner von Ingwas ausmachte. Die Söhne machten ihre Väter stolz und er durfte Kartenschreiber werden. Er wäre der erste Kartenschreiber in der langen Linie der Gerson Sippe.

      In dieser Nacht hatte Marc verworrene Träume über Wege und Stege auf den Platten und sein Geist zeichnete Karten die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, die nirgends verzeichnet waren und die man in keinem Werk auf ganz Wheed finden konnte. Zumindest in keinem Werk das er je gelesen hatte.

      Sein Vater hatte Wort gehalten und war mit ihm am nächsten

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