Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Vermächtnis aus der Vergangenheit

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wir in einem Krankenhausbett und es kann jederzeit jemand hereinkommen.

      Aber er greift nur nach meiner Hand, die ihn aufhalten will und schiebt sie beiseite, mich wieder mit heißen Küssen bedrängend. Ich befürchte, ich kann ihn irgendwann nicht mehr stoppen und drehe meinen Kopf zur Seite und stemme mich erneut gegen ihn. „Tim … Tim hör auf!“

      Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an und räuspert sich. Dann schüttelt er den Kopf, als müsse er erst seine Gehirnzellen an den richtigen Platz bringen. Er wirkt benommen, und dass ich unsere innige Zweisamkeit wieder so abrupt unterbreche scheint ihn wütend zu machen.

      „Wir werden nicht manipuliert. Wie soll das denn gehen?“, zischt er und drängt sich wieder an mich. „Ich wollte dich immer schon! Das steckt tief in mir und hat nichts mit Kurt Gräbler zu tun. Und du willst das nicht … lässt mich einfach am langen Arm verhungern, immer wieder … und triffst dich mit diesem Marcel“, brummt er plötzlich verbittert auf. Seine dunklen Augen wirken noch dunkler. Er scheint langsam die Geduld zu verlieren.

      „Was?“, schießt es aus meinem Mund. Er ahnt nicht, wie sehr ich ihn will. Sein Blick macht mich schon konfus und wenn er mich berührt, bekomme ich echte Schwierigkeiten, ihm länger zu widerstehen. Wenn nicht die Gefahr bestünde, dass ich schwanger werde oder uns jemand überrascht, dann würde ich wahrscheinlich nicht lange zögern. Aber seine Geschichte, dass er mich schon immer wollte, gibt mir erst recht das Gefühl, richtig in meiner Annahme zu liegen, dass er sich so aufführt, weil ihn etwas dazu zwingt. Etwas Böses aus der Vergangenheit, das nichts mit Liebe und wirklicher Zuneigung zu tun hat. Zumindest nicht bei ihm. Ich weiß genau, was ich für ihn empfinde. Aber ich will auch bei ihm sicher sein.

      Ich sehe ihn an und erkläre ihm mit sanfter Stimme: „Tim, bitte! Wir dürfen dem jetzt noch nicht nachgeben. Ich nehme keine Pille und möchte nicht, dass es hier im Krankenhaus passiert, wo jeden Moment jemand reinschneien kann … oder an einer Straße auf einer Bank einer Wanderhütte.“ Ich klinge jetzt etwas ungehalten.

      Tim sieht mich aufgebracht an. „Und du redest von echten Gefühlen?“, zischt er und schiebt sich demonstrativ vom Bett und setzt sich wieder auf den Stuhl. Sein ganzes Gesicht zeigt den Ärger in ihm.

      Diese ganze Situation macht mich fertig. Sobald er sich von mir entfernt, bricht in mir die Angst aus, ihn zu verlieren. Dann glaube ich, ihm gar nicht länger vorenthalten zu dürfen, was er verlangt.

      „Hast du ein Kondom dabei?“, frage ich ihn und hoffe, ich werde nicht rot. Ich kann über so etwas irgendwie nicht sprechen wie übers Kuchenbacken. Wie ich schon erwartet habe, sieht er mich groß an und schüttelt den Kopf.

      „Also nicht. Und da denkst du, wir können mal eben miteinander schlafen?“

      Er antwortet nicht und sieht mich nur verdrossen an.

      „… und schwanger werden. Und ein neues Kurt Gräbler Kind kriegen“, raune ich entrüstet.

      „Neinnn!“, sagt er gedehnt und endlich scheint ihm klarzuwerden, was ich ihm da gerade zu verstehe gebe. „Ich weiß doch auch nicht. Wenn du in meiner Nähe bist, kann ich nur noch daran denken. Du bist so kühl und beherrscht und ich komme damit nicht klar. Ich will mit dir zusammen sein, ich träume davon und es macht mich völlig fertig“, sagt er und seine Wangen bekommen Farbe. Er sieht mich nicht an und es scheint ihm peinlich zu sein. Plötzlich scheint seine Fassade zu bröckeln und sein großtuerisches Gehabe Risse zu bekommen.

      Seine Worte bestätigen meinen Vorbehalt noch. Das Ganze ist eine reine Bettgeschichte für ihn. Das hat doch nichts mit echten Gefühlen zu tun. Scheinbar geht ihm das auch gerade auf. Er flüstert nachgebend: „Aber vielleicht hast du recht. Vielleicht sind wir das gar nicht?“ Seine schwarzen Augen heften sich wieder in mein Gesicht und ich atme einmal tief durch. Erleichtert schlage ich vor: „Das sollten wir erst mal herausfinden. Wir haben wegen diesem Alchemisten so gelitten und fast unser Leben gelassen. Es wäre schrecklich, wenn er uns immer noch manipuliert. Findest du nicht auch?“

      Tim starrt mich nur an.

      „Wir sollten einfach erst mal freundschaftlich miteinander umgehen, bis wir uns sicher sind.“

      „Tzzz! Kannst du das so einfach?“, unterbricht er mich. „Ich nicht. Ich will richtig mit dir zusammen sein. Wir gehören zusammen! Wegen dir bin ich hier! Ich habe mir hier gerade einen Job gesucht und eine kleine Wohnung gemietet. Alles wegen dir! Aber bestimmt nicht, um mit dir Bruder und Schwester zu spielen.“ Seine Worte klingen anklagend und schüren mein schlechtes Gewissen.

      Ich versichere ihm: „Natürlich nicht. Wir sind Freunde! Wir werden uns so oft treffen, wie es geht und du kannst jederzeit zu uns kommen, da bin ich mir sicher. Immerhin ist dein Vater kein Fremder für meine Mutter. Und dann finden wir gemeinsam heraus, was mit uns los ist“, sage ich und halte das für einen annehmbaren Weg, der mich beruhigt.

      Tim sieht auf seine Hände, die er ineinander verknotet hat. Dann nickt er und sieht auf. „Das ist okay. Solange ich dich treffen kann. Aber weißt du …?“ Er setzt sich auf und etwas scheint sich an ihm zu wandeln. „Seit der Sache im Labor habe ich nicht mehr von Kurt Gräbler geträumt. Ich bin diese schreckliche Angst los und das Gefühl, dass ich, wenn ich versage, das mit meinem Leben bezahle. Das hielt mich die ganzen letzten Jahre wie in einem Gefängnis gefangen. Carolin, ich bin davon befreit und möchte einfach neu anfangen. Mit dir! Ich glaube, dieser Alchemistenscheiß ist für immer vorbei.“

      „Oder es fängt erst an. Mit uns!“

      Über Tims Gesicht huscht ein genervter Ausdruck und er steht langsam auf. Sein Blick wandelt sich. Er sieht mich nicht an, als er zischt: „Du bist so schrecklich pessimistisch. Was soll mit uns anfangen?“

      Ich weiß nicht, ob ich aussprechen soll, was mir in diesem Moment durch den Kopf geht. Aber ich wage es dann doch. „Das, was unsere Eltern durchmachten und unsere Großeltern. Das erneut eine neue Generation für diesen Alchemisten gezeugt wird, vielleicht um ihm dann die Möglichkeit zu geben, zu vollenden, was bei uns misslang.“ Ich muss an die Bücher des Alchemisten denken, in denen steht, dass er seine Nachfahren braucht, um sie als Gefäß missbrauchen zu können, in das er schlüpfen kann, wenn ihm danach ist.

      Tim sagt nichts. Er sieht mich nur verdrossen an.

      Ich wage noch weiter zu gehen. „Ich will auch mit dir zusammen sein. Aber bitte lass uns erst herausfinden, was uns so zueinander hinzieht. Und bevor wir das nicht wissen, sollten wir einen rein freundschaftlichen Umgang hegen und uns die Chance geben, uns näher kennenzulernen.“

      Weil Tim mich nur anstarrt, füge ich ein: „Bitte!“ hinzu.

      Vielleicht gibt uns das die Möglichkeit, einen anderen Weg zueinander zu finden. Einen, der mehr dem entspricht, was ich mir für meine erste Beziehung wünsche.

      Mir kommt die Zeit endlos vor, bis er endlich zustimmend nickt. Er wirkt nicht überzeugt, sagt aber auch nichts mehr dagegen. Stattdessen raunt er: „Morgen holt mich mein Vater ab und nimmt mich mit zu sich nach Hause. Er hat eingesehen, dass er mich nicht ignorieren kann.“ Seine Stimme hat einen schneidenden Unterton. Doch dann besinnt er sich und klingt sanfter, als er hinzufügt: „Ich mache dir einen Vorschlag. Ich werde ihn ausfragen, wie es damals mit ihm und unseren Müttern war. Vielleicht bin ich dann schlauer und wir bekommen eine Antwort auf deine Befürchtungen.“

      Das sind erfreuliche Nachrichten. Tims Vater - und auch Julians - hat beschlossen sich wenigstens um einen seiner Söhne zu kümmern.

      „Wirst du ihm von Julian erzählen? Er ist auch sein Sohn“,

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