Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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Quivit! kommt der Frühling nun?«

      »Der Frühling!« klang es über Feld und Flur und durch die schwarzbraunen Wälder, wo das Moos frischgrün an den Baumstämmen glänzte; und aus dem Süden kamen die beiden ersten Störche durch die Luft geflogen; auf dem Rücken eines jeden saß ein kleines, liebliches Kind, ein Knabe und ein Mädchen; sie küßten die Erde zum Gruße, und wohin sie ihre Füße setzten, wuchsen weiße Blumen unter dem Schnee hervor; Hand in Hand gingen sie zu dem alten Eismanne, dem Winter, legten sich zu neuer Begrüßung an seine Brust, und in demselben Nu waren sie alle Drei und die ganze Landschaft verhüllt; ein dicker, feuchter Nebel, schwer und dicht, verschleierte Alles. – Allmälig erhob sich der Wind, – brausend fuhr er nun dahin, und mit heftigen Stößen verjagte er den Nebel, warm glänzte die Sonne; – der Winter selbst war verschwunden, des Frühlings liebliche Kinder saßen auf dem Throne des Jahres.

      »Das nenne ich Neujahr!« sagten die Sperlinge. »Nun bekommen wir wohl unsere Gerechtsame und Vergütung für den strengen Winter wieder!«

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

      Wohin die beiden Kinder sich wandten, brachen grüne Knospen an Büschen und Bäumen hervor, das Gras schoß in die Höhe, das Saatfeld ergrünte immer mehr und immer lieblicher. Ringsumher streute das kleine Mädchen Blumen aus, über und über ruhten sie in ihrem aufgeschürzten Kleide, sie schienen dort hervor zu wimmeln, das Kleid war immer voll, wie eifrig sie die Blumen auch ausstreute, – in ihrem Eifer schüttete sie einen reichen Blüthenschnee über Apfel- und Pfirsichbäume, daß diese in voller Pracht standen, ehe noch ihre grünen Blätter recht hervorgesprossen waren. Und sie klatschte in die Hände und der Knabe klatschte; alsdann kamen Schaaren von Vögeln geflogen, man wußte nicht woher, und alle zwitscherten und sangen: »Der Frühling ist gekommen!«

      Das war wunderschön zu sehen. Manches alte Mütterchen trat aus der Thür in den Sonnenschein hinaus, rüttelte und schüttelte sich behaglich, warf einen Blick auf die gelben Blumen, die überall auf dem Felde prangten, war es doch ganz wie in seinen eigenen jungen Tagen; die Welt wurde ihm wieder jung, »heute ist ein gesegneter Tag, hier draußen!« sagte es.

      Der Wald trug noch sein braungrünes Gewand, Knospe an Knospe; aber der Waldmeister war schon da, frisch und duftend, Veilchen gab es in Fülle, Anemonen und Primeln keimten, in jedem Grashalme war Saft und Kraft: das war freilich ein Prachtteppich, auf dem man sich niederlassen mußte. Dort saß auch das junge Paar des Frühlings Hand in Hand, sang, lächelte und wuchs immer und immer.

      Ein milder Regen fiel vom Himmel auf sie herab, sie merkten es nicht, Regentropfen und Freudenthränen verschmolzen in einen Tropfen. Braut und Bräutigam küßten sich, und in demselben Nu entfaltete sich des Waldes Grün. – Als die Sonne aufging, waren alle Wälder grün!

      Und Hand in Hand schritt das Brautpaar unter frischem, hängendem Laubdache einher, wo nur die Strahlen des Sonnenlichts und die Schlagschatten den Farbenwechsel im Grünen hervorbrachten. Welche jungfräuliche Reinheit, welcher erfrischende Duft in den feinen Blättern! Klar und lebendig rieselte Aue und Bach zwischen dem sammetgrünen Schilfe und über die bunten Steine dahin. »Vollauf ewig und immer ist es und bleibt es!« sprach die ganze Natur. Der Kuckuk rief und die Lerche schwirrte, es war ein herrlicher Frühling; aber die Weidenbäume trugen wollene Fausthandschuhe um ihre Blüthen; sie waren sehr vorsichtig, und das ist langweilig!

      Es vergingen Tage, und es vergingen Wochen, die Wärme wälzte sich gleichsam herab; heiße Luftwellen zogen durch das Korn, das immer gelber und gelber wurde. Des Nordens weißer Lotus breitete seine großen, grünen Blätter auf dem Wasserspiegel der Waldseen aus, und die Fische suchten den Schatten unter denselben; an der Schutzseite des Waldes, wo die Sonne auf die Wand des Bauernhauses niederstrahlte, und die entfalteten Rosen und die Kirschbäume, welche voll saftiger, schwarzer, beinahe sonnenheißer Beeren hingen, durchwärmte, – dort saß des Sommers liebliches Weib, dasselbe, welches wir als Kind und als Braut gesehen haben; sein Blick hing an den steigenden, dunklen Wolken, welche in Wellenformen, wie Berge, schwarzblau und schwer, sich höher und höher hoben. Sie kamen von drei Seiten; immer wachsend, wie ein versteintes, umgekehrtes Meer senkten sie sich gegen den Wald, wo Alles wie durch einen Zauber verstummt war. Jeder Luftzug hatte sich gelegt, jeder Vogel schwieg, es war ein Ernst, eine Erwartung in der ganzen Natur; aber auf Wegen und Stegen eilten Fahrende, Reitende und Gehende dahin, um unter Dach zu kommen. – Da leuchtete es plötzlich als ob die Sonne hervorbräche: flammend, blendend, Alles verzehrend! und die Finsterniß brach wieder ein bei rollendem Gekrach! Das Wasser stürzte in Strömen hernieder; es wurde dunkel und wieder hell, es trat Stille ein und wieder lautes Getöse. Das junge, braungefiederte Röhricht im Moore bewegte sich in langen Wogen, des Waldes Zweige verbargen sich im Wassernebel, die Finsterniß kam, das Licht brach ein, die Stille und das Getöse wechselten. – Gras und Korn lagen wie niedergeschlagen, wie hingeschwemmt, als sollten sie sich nie wieder heben. – Plötzlich zog der Regen sich in einzelne Tropfen zusammen, die Sonne strahlte, und an Halm und Blatt glänzten die Wassertropfen wie Perlen, die Vögel sangen, die Fische schnellten sich über den Wasserspiegel in der Aue empor, die Mücken tanzten, und draußen auf dem Steine im salzigen, gepeitschten Meerwasser saß der Sommer selbst, der kräftige Mann, mit den festen Gliedern, mit nassem, triefendem Haar, – erjüngt von dem frischen Bade saß er im warmen Sonnenscheine. Die ganze Natur rings umher war verjüngt, Alles stand üppig, kräftig und schön; es war Sommer, warmer, lieblicher Sommer!

      Angenehm und süß war der Duft, der aus dem üppigen Kleefelde emporströmte, die Bienen summten dort um die alte Thingstätte; die Brombeerranke schlängelte sich um den Altarstein, der vom Regen gewaschen, im Sonnenlichte glänzte, dorthin flog die Bienenkönigin mit ihrem Schwärme und bereitete Wachs und Honig. Nur der Sommer sah es und sein kräftiges Weib; für sie stand der Altartisch mit den Opfergaben der Natur gedeckt.

      Der Abendhimmel leuchtete wie Gold, keine Kirchenkuppel glänzt so reich, und der Mond schien zwischen Abendröthe und Morgenröthe: es war Sommer!

      Und es vergingen Tage und es vergingen Wochen. – Die blanken Sensen der Schnitter blinkten in den Kornfeldern, die Zweige des Apfelbaumes bogen sich schwer von rothen und gelben Früchten; der Hopfen duftete lieblich und hing in großen Büscheln, und unter den Haselstauden, wo die Nüsse in schweren Dolden saßen, ruhten Mann und Weib, der Sommer mit seinem ernsten Weibe.

      »Welch ein Reichthum!« sagte es, »ringsumher ist Segen verbreitet, überall ist's heimisch und gut, und doch, ich weiß es selbst nicht, ich sehne mich nach – Stille, – Ruhe, – ich weiß nicht das Wort dafür! – Nun pflügen sie schon wieder auf dem Felde! Mehr und immer mehr wollen die Menschen gewinnen! Sieh, die Störche kommen in Schaaren, und gehen in einiger Entfernung hinter dem Pfluge her; der Vogel Aegyptens, welcher uns durch die Luft trug! Erinnerst Du Dich dessen noch, wie wir Beide als Kinder hierher nach dem Lande des Nordens kamen? – Blumen brachten wir, lieblichen Sonnenschein und grüne Wälder; der Wind verfuhr hart mit ihnen, sie bräunen und dunkeln, wie die Bäume des Südens, aber goldene Früchte tragen sie nicht, wie diese!«

      »Die goldenen Früchte willst Du sehen?« fragte der Sommer, »so freue Dich denn!« Er erhob seinen Arm, und des Waldes Blätter färbten sich roth und golden, Farbenpracht kam über alle Wälder; die Rosenhecke glänzte mit feuerrothen Hanebutten, die Fliederzweige hingen voll schwerer, großer, schwarzbrauner Beeren, die wilden Kastanien fielen reif aus den schwarzgrünen Schalen, und im Waldesgrunde blühten die Veilchen zum zweiten Male.

      Aber die Königin des Jahres wurde stiller und immer bleicher. »Es weht kalt!« sagte sie, »die Nacht bringt feuchte Nebel! – ich sehne mich nach dem – Lande der Kindheit!«

      Und sie sah die Störche fortfliegen, alle und jeden, und sie streckte die Hände nach ihnen aus. – Sie blickte nach den Nestern hinauf, welche leer standen, in dem einen wuchs die langstielige Kornblume, in einem andern der gelbe Rübsamen,

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