Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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das der kleine Zephyr?« fragte der Prinz.

      »Jawohl ist das Zephyr!« sagte die Alte. »Aber er ist doch nicht klein. Vor Jahren war er ein hübscher Knabe, aber das ist nun vorbei!«

      Er sah aus, wie ein wilder Mann, aber er hatte einen Fallhut auf, um nicht zu Schaden zu kommen. In der Hand hielt er eine Mahagonikeule, in den amerikanischen Mahagoniwäldern gehauen. Das war gar nichts Geringes!

      »Wo kommst Du her?« fragte die Mutter.

      »Aus den Waldwüsten,« sagte er, »wo die Wasserschlange in dem nassen Grase liegt und die Menschen unnöthig zu sein scheinen!«

      »Was triebst Du dort?«

      »Ich sah in den tiefsten Fluß, sah, wie er von den Felsen herabstürzte, Staub wurde und gegen die Wolken flog, um den Regenbogen zu tragen. Ich sah den wilden Büffel im Fluße schwimmen, aber der Strom riß ihn mit sich fort. Er trieb mit dem Schwärme der wilden Enten, welche in die Höhe flogen, wo das Wasser stürzte. Der Büffel mußte hinunter; das gefiel mir, und ich blies einen Sturm, daß uralte Bäume splitterten und zu Spänen wurden.«

      »Und weiter hast Du nichts gethan?« fragte die Alte.

      »Ich habe in den Savannen Purzelbäume geschossen; ich habe die wilden Pferde gestreichelt und Kokosnüsse geschüttelt. Ja, ja, ich habe Geschichten zu erzählen! Aber man muß nicht Alles sagen, was man weiß. Das weißt Du wohl, Alte!« und er küßte seine Mutter so, daß sie fast hintenüber gefallen wäre. Es war ein schrecklich wilder Bube!

      Nun kam der Südwind mit einem Turban und einem fliegenden Beduinenmantel.

      »Hier ist es recht kalt, hier draußen!« sagte er und warf noch Holz ms Feuer. »Man merkt, daß der Nordwind zuerst gekommen ist!«

      »Es ist hier so heiß, daß man einen Eisbären braten kann!« sagte der Nordwind.

      »Du bist selbst ein Eisbär!« antwortete der Südwind.

      »Wollt ihr in den Sack gesteckt sein?« fragte die Alte. – »Setze Dich auf den Stein dort und erzähle wo Du gewesen bist.«

      »In Afrika, Mutter!« erwiderte er. »Ich war mit den Hottentotten auf der Löwenjagd im Lande der Kaffern. Da wächst Gras in den Ebenen, grün wie eine Olive! Da lief der Straus mit mir um die Wette; aber ich bin doch noch schneller. Ich kam nach der Wüste zu dem gelben Sande; da sieht es aus, wie auf dem Grunde des Meeres. Ich traf eine Karavane; man schlachtete das letzte Kameel, um Trinkwasser zu erhalten; aber es war nur wenig, was man bekam. Die Sonne brannte von oben und der Sand von unten. Die ausgedehnte Wüste hatte keine Grenze. Da wälzte ich mich in dem feinen, losen Sande und wirbelte ihn zu großen Säulen auf. Das war ein Tanz! Du hättest sehen sollen, wie muthlos das Dromedar dastand, und der Kaufmann den Kaftan über den Kopf zog. Er warf sich vor mir nieder, wie vor Allah, seinem Gotte. Nun sind sie begraben; es steht eine Pyramide von Sand über ihnen allen. Wenn ich die einmal fortblase, dann wird die Sonne die weißen Knochen bleichen; da können die Reisenden sehen, daß dort früher Menschen gewesen sind. Sonst wird man das in der Wüste nicht glauben!«

      »Du hast also nur Böses gethan!« sagte die Mutter. »Marsch in den Sack!« und ehe er es sich versah, hatte sie den Südwind um den Leib gefaßt und in den Sack gesteckt. Er wälzte sich umher auf dem Fußboden, aber sie setzte sich darauf und da mußte er ruhig liegen.

      »Das sind muntere Knaben, die Du hast!« sagte der Prinz.

      »Ja wohl,« antwortete sie, »und ich weiß sie zu züchtigen! Da haben wir den vierten!«

      Das war der Ostwind, der war wie ein Chinese gekleidet.

      »Ach! kommst Du von jener Gegend?« sagte die Mutter. »Ich glaubte, Du wärest im Garten des Paradieses gewesen.«

      »Dahin fliege ich erst morgen!« sagte der Ostwind. »Morgen sind es hundert Jahre, seitdem ich dort war! Ich komme jetzt aus China, wo ich um den Porzellanthurm tanzte, daß alle Glocken klingelten. Auf der Straße bekamen die Beamten Prügel; das Bambusrohr wurde auf ihren Schultern zerschlagen, und das waren Leute vom ersten bis zum neunten Grade, Sie schrieen: »»Vielen Dank, mein väterlicher Wohlthäter!«« Aber es kam ihnen nicht vom Herzen, und ich klingelte mit den Glocken und sang: Tsing, tsang, tsu!«

      »Du bist muthwillig!« sagte die Alte. »Es ist gut, daß Du morgen in den Garten des Paradieses kommst; das trägt immer zu Deiner Bildung bei. Trinke dann tüchtig aus der Weisheitsquelle und bringe eine Flasche voll für mich mit nach Hause!«

      »Das werde ich thun!« sagte der Ostwind. »Aber weshalb hast Du meinen Bruder vom Süden in den Sack gesteckt? Heraus mit ihm! Er soll mir vom Vogel Phönix erzählen; von ihm will die Prinzessin im Garten des Paradieses stets hören, wenn ich jedes hundertste Jahr meinen Besuch abstatte. Mache den Sack auf, dann bist Du meine süßeste Mutter, und ich schenke Dir zwei Taschen voll Thee, so grün und frisch, wie ich ihn an Ort und Stelle gepflückt habe!«

      »Nun, des Thee's wegen und weil Du mein Herzensjunge bist, will ich den Sack öffnen!« Das that sie, und der Südwind kroch heraus; aber er sah ganz niedergeschlagen aus, weil der fremde Prinz es gesehen hatte.

      »Da hast Du ein Palmblatt für die Prinzessin!« sagte der Südwind. »Dieses Blatt hat der Vogel Phönix, der einzige, der in der Welt war, mir gegeben! Er hat mit seinem Schnabel seine ganze Lebensbeschreibung, die hundert Jahre, die er lebte, hineingeritzt. Nun kann sie es selbst lesen, wie der Vogel Phönix sein Nest in Brand steckte und darin saß und verbrannte, gleich der Frau eines Hindu. Wie knisterten die trockenen Zweige! Es war ein Rauch und ein Dampf! Zuletzt schlug Alles in Flammen auf; der alte Vogel Phönix wurde zu Asche; aber sein Ei lag glühend roth im Feuer; es barst mit einem großen Knalle, und das Junge flog heraus; nun ist Dieses Regent über alle Vögel und der einzige Vogel Phönix in der Welt. Er hat in das Palmblatt, welches ich Dir gab, ein Loch gebissen: das ist sein Gruß an die Prinzessin!«

      »Laßt uns etwas essen!« sagte die Mutter der Winde. Und nun setzen sie sich alle zusammen, um von dem gebratenen Hirsche zu speisen; der junge Prinz saß zur Seite des Ostwindes; deshalb wurden sie bald gute Freunde.

      »Höre, sag' mir einmal,« sagte der Prinz, »was ist das für eine Prinzessin, von der hier so viel die Rede ist, und wo liegt der Garten des Paradieses?«

      »Ho, ho!« sagte der Ostwind; »willst Du dahin? Ja, dann stiege morgen mit mir! Aber das muß ich Dir übrigens sagen: dort ist kein Mensch seit Adam's und Eva's Zeit gewesen. Die kennst Du ja wohl aus Deiner biblischen Geschichte?«

      »Ja wohl!« sagte der Prinz.

      »Damals, als sie verjagt wurden, versank der Garten des Paradieses in die Erde; aber er behielt seinen warmen Sonnenschein, seine milde Luft und all seine Herrlichkeit. Die Feenkönigin wohnt darin; da liegt die Insel der Glückseligkeit, wohin der Tod nie kommt, wo es herrlich ist! Setze Dich morgen auf meinen Rücken, dann werde ich Dich mitnehmen; ich denke, es wird sich wohl thun lassen. Aber nun höre auf zu sprechen, denn ich will schlafen!«

      Und dann schliefen sie allesammt.

      In früher Morgenstunde erwachte der Prinz und war nicht wenig erstaunt, sich schon hoch über den Wolken zu finden. Er saß auf dem Rücken des Ostwindes, der ihn noch treulich hielt; sie waren so hoch in der Luft, daß Wälder und Felder, Flüsse und Seen sich wie auf einer Landkarte ausnahmen.

      »Guten Morgen!« sagte der Ostwind. »Du könntest übrigens füglich noch ein Bischen schlafen, denn es ist nicht viel auf dem stachen Lande unter

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