Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen страница 69
Aber im Winkel an die Mauer gelehnt, saß in der kalten Morgenstunde das arme Mädchen mit rothen Backen und mit lächelndem Munde – erfroren an des alten Jahres letztem Abend. Die Neujahrssonne ging auf über der kleinen Leiche, Starr saß das Kind dort mit den Schwefelhölzchen, von denen ein Bund abgebrannt war. »Sie hat sich erwärmen wollen!« sagte man. Niemand ahnte, was sie Schönes gesehen hatte, in welchem Glänze sie mit der Großmutter zur Neujahrsfreude eingegangen war.
Der Springer.
Der Floh, die Heuschrecke und der Hüpfauf[16] wollten einmal sehen, wer von ihnen am Höchsten springen könnte; da luden sie die ganze Welt ein und wer sonst noch kommen, wollte, die Pracht mit anzusehen. Es waren drei tüchtige Springer, die sich im Zimmer versammelten.
»Ich gebe meine Tochter Dem, der am Höchsten springt!« sagte der König. »Denn es wäre zu geizig, wenn diese Personen umsonst springen sollten.«
Der Floh kam zuerst vor; er hatte gar niedliche Manieren und grüßte nach allen Seiten, denn er hatte Fräuleinblut in den Adern und war gewohnt, nur mit Menschen umzugehen; und das machte sehr viel aus.
Dann kam die Heuschrecke; diese war freilich bedeutend schwerer; aber sie hatte doch eine hübsche Figur und trug grüne Uniform, welche ihr angeboren war. Ueberdies behauptete diese Person, daß sie im Lande Aegypten einer sehr alten Familie angehöre, und daß sie dort hochgeschätzt werde. Sie sei vom Felde genommen und in ein Kartenhaus von drei Etagen gesetzt worden, alle aus Kartenfiguren, deren bunte Seite nach innen gekehrt zusammengeklebt. Da seien sowohl Thüren als Fenster, und zwar im Leibe der Coeurdame ausgeschnitten. »Ich singe so,« sagte sie, »daß sechzehn eingeborne Heimchen, die von Klein auf gepfiffen und doch kein Kartenhaus erhalten hatten, sich noch dünner ärgerten, als sie schon waren, da sie mich hörten!«
Alle beide, der Floh und die Heuschrecke, thaten gehörig kund, wer sie waren, und daß sie glaubten, eine Prinzessin heirathen zu können.
Der Hüpfauf sagte nichts; aber man erzählte von ihm, daß er desto mehr dächte; und als der Hofhund ihn blos beschnüffelt hatte, haftete er dafür, daß der Hüpfauf von guter Familie und von dem Brustknochen einer echten Gans gemacht sei. Der alte Rathsherr, der drei Orden für das Stillschweigen erhalten hatte, versicherte, daß der Hüpfauf mit Weissagungskraft begabt wäre; man könnte an seinem Knochen erkennen, ob man einen milden oder einen strengen Winter bekäme; und das kann man nicht einmal aus dem Brustknochen Desjenigen ersehen, der den Kalender schreibt.
»Ich sage nun nichts mehr!« sagte der alte König, »ich gehe nur immer still hin und denke mir das Beste!«
Nun war es um den Sprung zu thun. Der Floh sprang so hoch, daß Niemand es sehen konnte; da behaupteten sie, daß er gar nicht gesprungen wäre. Das war doch nichtswürdig!
Die Heuschrecke sprang nur halb so hoch, aber sie sprang dem Könige ins Gesicht, und dieser sagte, das wäre abscheulich.
Der Hüpfauf stand lange still und bedachte sich; am Ende glaubte man, daß er nicht springen könne.
»Wenn ihm nur nicht unwohl geworden ist!« sagte der Hofhund, und dann beschnüffelte er ihn wieder. Rutsch! da sprang er mit einem kleinen schiefen Sprunge hin in den Schoos der Prinzessin, welche niedrig auf einem goldenen Schemel saß.
Da sagte der König: »Der höchste Sprung ist der, zu meiner Tochter hinaufzuspringen, denn darin liegt das Feine. Aber es gehört Kopf dazu, darauf zu kommen. Und der Hüpfauf hat gezeigt, daß er Kopf hat.«
Und deshalb erhielt er die Prinzessin.
»Ich sprang doch am Höchsten!« sagte der Floh. »Aber es ist einerlei! Laß sie nur den Gänseknochen mit Stock und Pech haben. Ich sprang doch am Höchsten! Allein es gehört in dieser Welt ein Körper dazu, damit man gesehen werden kann.«
Und darauf ging der Floh in fremde Kriegsdienste, wo er, wie man sagt, erschlagen worden sein soll.
Die Heuschrecke setzte sich draußen in den Graben und dachte darüber nach, wie es eigentlich in der Welt zugehe. Und sie sagte auch: »Körper gehört dazu! Körper gehört dazu!« Und dann sang sie ihr eigenes, trübseliges Lied, und daraus haben wir die Geschichte entlehnt, die trotzdem wohl erlogen sein könnte, wenn sie auch gedruckt ist.
Der fliegende Koffer.
Es war einmal ein Kaufmann, der war so reich, daß er die ganze Straße und fast noch eine kleine Gasse dazu mit Silbergeld pflastern konnte; aber das that er nicht: er wußte sein Geld anders anzuwenden. Gab er einen Schilling aus, so bekam er einen Thaler wieder; ein so guter Kaufmann war er – bis er starb.
Der Sohn bekam nun all dieses Geld. Lebte lustig, ging jede Nacht zur Maskerade, machte Papierdrachen aus Thalerscheinen und warf Fitschen auf der See mit Goldstücken, anstatt mit Steinen. Auf diese Weise konnte das Geld schon zu Ende gehen, und das that es. Zuletzt besaß er nicht mehr, als vier Schillinge, und hatte keine andern Kleider, als ein Paar Pantoffeln und einen alten Schlafrock. Nun kümmerten sich seine Freunde nicht mehr um ihn, da sie ja nicht zusammen auf die Straße gehen konnten; aber einer von ihnen, der gutmüthig war, sandte ihm einen alten Koffer, mit der Bemerkung: »Packe ein!« Ja, das war nun recht schön, aber er hatte nichts einzupacken; darum setzte er sich selbst in den Koffer.
Das war ein merkwürdiger Koffer, Sobald man an das Schloß drückte, konnte der Koffer fliegen. Er drückte und wips! flog er mit ihm durch den Schornstein hoch über die Wolken hinauf, weiter und weiter fort. So oft aber der Boden ein wenig knackte, war er gar sehr in Angst, daß der Koffer in Stücke gehen könnte; alsdann hätte er einen tüchtigen Purzelbaum gemacht. – Gott bewahre uns! Auf solche Weise kam er nach dem Lande der Türken. Den Koffer verbarg er im Walde unter den dürren Blättern und ging dann in die Stadt hinein. Das konnte er auch gut, denn bei den Türken gingen ja Alle so wie er: in Schlafrock und Pantoffeln. Da begegnete er einer Amme mit einem kleinen Kinde. »Höre, Du Türkenamme,« sagte er, »was ist das für ein großes Schloß hier dicht bei der Stadt, wo die Fenster so hoch oben sind?«
»Da wohnt die Tochter des Sultans!« erwiderte sie. »Es ist prophezeit, daß sie über einen Geliebten sehr unglücklich werden würde, und deshalb darf Niemand zu ihr kommen, wenn nicht der Sultan und die Sultanin dabei sind!«
»Ich danke!« sagte der Kaufmannssohn, und ging hinaus in den Wald, setzte sich in seinen Koffer, flog auf das Dach und kroch durch das Fenster zur Prinzessin hinein.
Sie lag auf dem Sopha und schlief; sie war so schön, daß der Kaufmannssohn sie küssen mußte. Da erwachte sie und erschrak gewaltig; aber er sagte, er sei der Türkengott, der durch die Luft zu ihr herab gekommen wäre, und das gefiel ihr.
Sie setzten sich nebeneinander, und er erzählte ihr Geschichtchen von ihren Augen: das wären die herrlichsten, dunklen Seen, da schwämmen die Gedanken gleich Meerweibchen drin. Und er erzählte von ihrer Stirn: die wäre ein Schneeberg mit den prächtigsten Sälen und Bildern.
Ja das waren schöne Geschichten! Dann freiete er um die Prinzessin, und sie sagte gleich ja!
»Aber Sie müssen den Sonnabend herkommen!« sagte sie. »Da sind der Sultan und die Sultanin bei mir zum Thee! Sie werden sehr stolz darauf sein, daß ich den Türkengott bekomme. Aber sehen Sie zu, daß Sie ein recht hübsches Märchen wissen, denn das lieben meine Eltern außerordentlich. Meine Mutter will es