Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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mochte: ehe sie es sich versah, war sie in eine Schlinge von Pferdehaaren gerathen, welche Knaben an einem Zweige angebracht hatten. Die Pferdehaare zogen sich fest um das Bein zusammen, so fest, als füllte es durchgeschnitten werden; das war eine Pein, ein Schrecken! Die Knaben sprangen hinzu und ergriffen den Vogel und zwar auf unsanfte Art.

      »Es ist nur ein Sperling!« sagten sie; aber sie ließen ihn doch nicht fliegen, sondern nahmen ihn mit nach Hause; und jedesmal, wenn er schrie, schlugen sie ihn auf den Schnabel.

      Im Bauernhause stand ein alter Mann, der es verstand, Bart- und Waschseife sowohl in Stücken, als in Kugeln zu verfertigen. Es war ein umherwandernder, lustiger Alter. Als er den Sperling sah, den die Jungen gebracht hatten und aus dem sie sich, wie sie sagten, nichts machten, meinte er: »Wollen wir ihn recht schön machen?« Es überlief die Sperlingsmutter eiskalt. Aus dem Kasten, worin die schönsten Farben lagen, nahm der Alte eine Menge glänzenden Schaumgoldes und die Jungen mußten Eiweiß holen, womit der Sperling über und über bestrichen wurde; darauf wurde das Gold geklebt, und die Sperlingsmutter war nun über und über vergoldet. Sie aber dachte nicht an den Putz und zitterte an allen Gliedern. Und der Seifenmann riß von dem rothen Futter seiner alten Jacke ein Läppchen, schnitt Zacken hinein, daß es wie ein Hahnenkamm aussah, und klebte es dem Vogel auf den Kopf.

      »Nun sollt Ihr den Goldrock fliegen sehen,« sagte der Alte und ließ den Sperling los, der in der tödtlichsten Angst davonflog, von der strahlenden Sonne beschienen. Wie er glänzte! Alle die Sperlinge, selbst eine Krähe, obwohl ein alter Knabe, erschraken sehr über diesen Anblick; sie flogen aber doch hinterdrein, um zu erfahren, was er für ein fremder Vogel sei.

      Von Angst und Entsetzen getrieben, flog er heimwärts; er war nahe daran, kraftlos zur Erde zu sinken; die Schaar der verfolgenden Vögel wuchs, ja einige versuchten sogar auf ihn loszuhacken.

      »Sieh Mal Den! Sieh mal Den!« schrieen sie alle.

      »Sieh mal Den! Sieh mal Den!« schrieen ihre Jungen, als er sich dem Neste näherte. »Das ist bestimmt ein junger Pfau, er spielt in allen Farben; er thut den Augen weh, wie die Mutter es erzählte. Piep! Das ist das Schöne! Und nun hackten sie mit ihren kleinen Schnäbeln auf den Vogel ein, daß es ihm unmöglich wurde, in das Nest zu gelangen; er war so mitgenommen, daß er nicht einmal »Piep!« sagen konnte, viel weniger: »Ich bin ja Eure Mutter!« Auch die andern Vögel fielen nun über den Sperling her und rupften ihm Feder für Feder aus, bis er blutend in den Rosenstrauch fiel.

      »Du armes Thier!« sagten alle Rosen; »sei nur ruhig, wir wollen Dich verbergen! Lehne Dein Köpfchen an uns an!«

      Der Sperling breitete noch einmal die Flügel aus, dann zog er sie fest an sich und lag todt bei der Nachbarfamilie, den schönen, frischen Rosen.

      »Piep!« tönte es aus dem Neste. »Wo nur die Mutter bleibt; das ist unbegreiflich. Es soll doch nicht ein Pfiff von ihr sein und soviel heißen, daß wir jetzt für uns selbst sorgen sollen! Das Haus hat sie uns als Erbtheil hinterlassen: wem von uns soll es nun aber allein gehören, wenn auch wir Familie haben werden?«

      »Ja, das geht nicht, daß Ihr bei mir bleibt, wenn ich meine Wirthschaft durch Frau und Kinder erweitere!« meinte der Kleinste.

      »Ich werde wohl mehr Frauen und Kinder haben, als Du!« sagte der Zweite.

      »Ich bin aber der Aelteste!« erwiderte der Dritte. Alle wurden nun hitzig; sie schlugen mit den Flügeln, hackten mit den Schnäbeln, und plauz! wurde einer nach dem andern aus dem Neste gepufft. Da lagen sie mit ihrem Zorn. Den Kopf hielten sie auf der Seite und blinzelten mit den nach oben gekehrten Augen. Das war so ihre Manier, dumm zu thun!

      Ein wenig konnten sie fliegen, durch Uebung lernten sie es noch besser, und zuletzt wurden sie über ein Zeichen einig, um sich, wenn sie einander in der Welt später begegnen sollten, wieder zu erkennen. Es sollte in einem »Piep!« bestehen und in einem dreimaligen Kratzen auf der Erde mit dem linken Fuß.

      Das Junge, welches im Neste zurückgeblieben war, machte sich so breit, wie es nur konnte: es war ja Hausbesitzer. Doch die Herrlichkeit dauerte nicht lange; in der Nacht brach das rothe Feuer durch das Fenster, die Flammen ergriffen das Dach, das trockene Stroh loderte hoch empor, das ganze Haus verbrannte und der junge Sperling mit; die beiden anderen Ehelustigen aber kamen glücklich mit dem Leben davon.

      Als die Sonne wieder aufging und Alles so erquickt aussah, wie nach einen ruhigen Schlafe, waren von den Bauernhause nur noch einige verkohlte, schwarze Balken übrig, die sich an den Schornstein lehnten, der nun sein eigener Herr war. Es rauchte noch stark aus dem Schutt; draußen aber stand frisch und blühend der Rosenstrauch, unversehrt, und spiegelte jede Blume, jeden Zweig in dem klaren Wasser ab.

      »Nein! wie schön doch die Rosen vor dem niedergebrannten Hause blühen!« rief ein Vorübergehender aus. »Ein anmuthigeres Bild kann man sich nicht denken. Das muß ich haben.«

      Und der Mann nahm aus der Mappe ein kleines Buch mit weißen Blättern hervor: er war ein Maler; und mit dem Bleistift zeichnete er das rauchende Haus, die verkohlten Balken und den überhängenden Schornstein, und dieser neigte sich mehr und mehr; im Vordergrunde aber den großen, blühenden Rosenstrauch; der gewährte einen herrlichen Anblick. Seinetwegen war ja auch das ganze Bild entstanden.

      Später am Tage kamen die zwei hier gebornen Sperlinge vorbei. »Wo ist das Haus?« fragten sie. »Wo ist das Nest? Piep! Alles ist verbrannt und unser starker Bruder mit. Das hat er nun davon, daß er das Nest behielt. Die Rosen sind gut davon gekommen; da stehen sie noch mit rothen Wangen. Die trauern freilich nicht über das Unglück der Nachbarn. Ich mag sie nicht anreden, und häßlich ist es hier, das ist meine Ansicht!« Und auf und davon ging es.

      An einem schönen, sonnenhellen Herbsttage, man hätte beinahe glauben können, es sei noch mitten im Sommer, hüpften in dem trockenen und reingekehrten Herrenhofe vor der großen Treppe die Tauben, sowohl schwarze, als auch weiße und bunte; sie glänzten im Sonnenscheine. Die Taubenmütter sagten zu den Jungen: »Stellt Euch in Gruppen! Stellt Euch in Gruppen! Denn das nimmt sich viel besser aus.«

      »Was sind das für graue Thierchen, die hinter uns umherlaufen?« fragte eine alte Taube, mit Roth und Grün in den Augen. »Kleine Graue! Kleine Graue!« rief sie.

      »Es sind Sperlinge, gute Thiere. Wir haben stets in dem Rufe gestanden, fromm zu sein: deshalb wollen wir ihnen gestatten, die Körner mit aufzupicken; sie reden nicht hinein und machen solche hübsche Kratzfüße.«

      Ja, sie kratzten dreimal mit dem Fuße und zwar mit dem linken Fuße und sagten auch »Piep!« Daran erkannten sie sich, denn es waren die Sperlinge aus dem Neste in dem abgebrannten Hause.

      »Hier ist sehr gut essen!« sagten die Sperlinge. Die Tauben stolzirten um einander herum, brüsteten sich gewaltig und hatten innerlich ihre Ansicht und Meinung.

      »Siehst Du die Kropftaube?« sprach eine von den andern. »Siehst Du die, wie sie die Erbsen verschluckt? Sie nimmt zu viele und noch dazu die besten! Kurre! Kurre! Wie sie den Kamm hebt, das häßliche, das boshafte Thier! Kurre! Kurre!«

      Und alle Augen funkelten vor Bosheit! »Stellt Euch in Gruppen! Stellt Euch in Gruppen! Kleine Graue! Kleine Graue! Kurre! Kurre! Kurre!« so gingen die Schnäbel in Einem fort, und so werden sie nach tausend Jahren noch gehen.

      Die Sperlinge aßen wacker; sie horchten aufmerksam zu und stellten sich sogar mit in die Reihen; es stand ihnen aber nicht gut. Satt waren sie und verließen daher die Tauben, tauschten gegenseitig ihr Urtheil über sie aus, huschten unter das Gartenstacket, und als sie die Thüre des Gartens offen fanden, hüpfte einer, der übersatt und deshalb muthig war, auf die Schwelle. »Piep!« sagte er, »das darf ich wagen!«

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