Auf fremden Pfaden. Karl May

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Auf fremden Pfaden - Karl May страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Auf fremden Pfaden - Karl May

Скачать книгу

welcher ungefähr so schmeckt, wie ein altes, hörnernes Spieldosengehäuse schmecken würde, wenn man es kauen wollte, sodann eine Portion Sick, welche ihre Anwesenheit durch einen mehr als zudringlichen Geruch zu erkennen gab, einige Hände voll Bläbär, etwas Salz, welches es nur darum geben konnte, weil Vater Pent ein reicher Mann war, eine kleine Gabe Mehl, welches aber trockenen Sägespänen ähnlich sah, und zuletzt noch das, ich weiß nicht auf welche Weise gereinigte, Gedärme des Bären, natürlich in Stücke zerschnitten und zerrissen, deren Purifikation von sehr zweifelhafter Natur zu sein schien.

      Anstatt an diesem Mahle mich zu beteiligen, zog ich es vor, mir ein Stück Rentierfleisch auszubitten, welcher Wunsch auch herzlich gern befriedigt wurde, da man froh zu sein schien, meinen Suppenanteil mit verzehren zu können.

      Nach diesem Frühstücke, welches eigentlich kein Frühstück genannt werden konnte, da wir jetzt die monatelange Winternacht des Nordens hatten, ersuchte mich Vater Pent, ihm in das Freie zu folgen. Wir nahmen unsere Spieße und Flinten zu uns und fuhren mit den Füßen in die Schneeschuhe. Er führte mich ganz denselben Weg, auf welchem wir gestern dem Bären gefolgt waren. Dies ließ mich vermuten, daß die angedeutete Unterredung sich auf sein letztes, unglückliches Abenteuer beziehen werde, doch glitt er schweigend voran und sprach nicht eher ein Wort, als bis er droben im Walde den Punkt erreichte, an welchem er sich von uns getrennt hatte.

      »Piejo, Härra ... setze dich, Herr!« sagte er, indem er sich selbst in den weichen Schnee niederließ. »Ich werde mit dir über eine Sache reden, von welcher niemand etwas wissen darf.«

      Ich nahm an seiner Seite Platz, und die Hunde, ohne welche kein Lappe seine Hütte verläßt, legten sich vor uns nieder. Selbst der Gast bekommt, wenn er längere Zeit bei ihnen bleibt, einen dieser treuen, immerwährenden Begleiter zugeteilt. Der Alte blickte eine Weile vor sich nieder; er schien nach dem rechten Eingang zu suchen, und ich hütete mich, sein Nachdenken durch ein Wort zu unterbrechen. Endlich begann er:

      »Härra, du kannst schweigen?«

      »Ja,« antwortete ich einfach.

      »Und du wirst auch schweigen?« »Ja.«

      »Ich glaube es dir, denn ich habe dich beobachtet und kann dir vertrauen. Willst du mir einen Dieb fangen?«

      »Einen Dieb – –? Ich – –?« frug ich verwundert.

      »Ja, du! Wenn bei uns eine böse That geschehen ist, so sendet der Konoks seine Soldaten her, welche den Thäter suchen müssen; aber es vergeht eine sehr lange Zeit, ehe sie die weite Reise beenden, und dann ist er bereits längst nach Norje verschwunden, wohin sie ihm nicht folgen dürfen. Auch sind diese Männer selten klug genug, um einen Samelats[1] zu fangen, der die Gegend besser kennt, als sie.«

      »Bist du bestohlen worden?« fragte ich.

      Sein sonst so freundliches Gesicht nahm einen ganz grimmigen Ausdruck an.

      »Ja.« antwortete er mit einem wilden Blicke seiner kleinen, zwinkernden Äuglein.

      »Von wem?« »Ich weiß es nicht.« »Hast du Verdacht?« »Nein.« »Es ist keiner deiner Dienstboten?« »Nein.« »Was ist es, was dir gestohlen worden ist? ein Rentier?«

      »O, Härra, wie könnte ich wissen, ob mir ein Ren gestohlen worden sei! Ich habe über tausend Stück, von denen sich oft eins verläuft. Und ein Ren, wenn es mir genommen worden ist, verursacht mir keinen solchen Schmerz. O nein, der Diebstahl ist viel schlimmer, denn mir fehlt Geld, viel Geld!«

      Bei diesen Worten brach er in bittere Tränen aus. Das kindliche Gemüt des Lappen vermochte den Verlust nicht mit männlicher Resignation zu ertragen.

      Jetzt ahnte ich den Zusammenhang. War der Mann, welcher sich vor uns flüchtete, der Dieb gewesen? Hatte er vielleicht eines der verborgenen Verstecke Pents entdeckt? Vater Pent war sehr reich; er besaß über tausend Rene, wie er mir soeben gesagt hatte; er hatte sicherlich viel Geld vergraben.

      Wenn der Lappe einen Markt oder eine der wenigen Städte besucht, so läßt er sich den Preis seiner Felle und anderen Waren in harten Silberthalern bezahlen. Alljährlich wandern auf diese Weise bedeutende Quantitäten Silber nach den unwirtlichen Gegenden des hohen Nordens, wo sie verschwinden, denn der Bewohner der Lappmarken giebt selten oder nie einen Thaler wieder heraus, den er einmal eingenommen hat. Ist der Beutel voll geworden, so sucht er sich eine einsame Stelle im Walde, im Sumpfe oder zwischen Felsen, wo er die harten ›Riksdaler‹ versteckt; er beobachtet darüber das tiefste Schweigen und enthüllt sein Geheimnis erst dann seinen Erben, wenn er den unvermeidlichen Tod nahen fühlt. Um bei der zufälligen Entdeckung eines solchen Ortes nicht seine ganze Barschaft zu verlieren, verteilt er dieselbe in mehrere Verstecke, welche er von Zeit zu Zeit im geheimen aufsucht, um sich an dem Anblicke seiner Reichtümer zu erlaben. Nicht selten kommt es vor, daß ein Lappe unerwartet stirbt, ohne seine Verstecke entdecken zu können, oder daß dieselben so ungenau beschrieben wurden, daß sie von seinen Verwandten nicht aufgefunden werden konnten. Zuweilen treten auch Naturereignisse ein, welche ein solches Versteck vernichten oder unzugänglich machen, und so kommt es, daß bedeutende Summen verloren gehen, von denen man nicht hoffen kann, daß sie jemals wieder aufgefunden werden. Die wilden Einöden Lapplands bilden eine riesige Sparbüchse, welche ganz bedeutende Prozente verschlingt.

      »Darf ich erfahren, wie viel Geld es ist?« frug ich den Alten.

      »Kwekte wuossah ... zwei Beutel.« antwortete er.

      »Du hattest sie versteckt?«

      »Ja, Härra, du weißt, daß kein Mensch wissen darf, wo die Thaler liegen, der Bruder nicht, das Weib nicht und die Kinder nicht. Du weißt auch, daß ich auf dem Markt in Enontekis gewesen bin. Dort habe ich viel Felle, viel Käse und auch viele Handschuhe verkauft, welche meine Töchter gestrickt hatten. Ich tauschte mir ein, was ich brauchte, und hatte dann noch zwei Beutel mit blankem Silber übrig. Gestern nun, als die Rene gemolken wurden und also meine Leute verhindert waren, mir zu folgen, nahm ich meine Schuhe und ging hinauf zum Fjäll, um das Silber zu verstecken. Bei der Rückkehr erblickte Ich einen Fremden, der durch die Felsen glitt. Ich verfolgte ihn, aber er entwich. Nun kehrte ich zu dem Versteck zurück, nahm das Geld wieder heraus und verbarg es an einem anderen Ort. Aber dann nach Mitternacht, als wir den Bär verfolgten, sah ich den Fremden wieder. Ich dachte sogleich, daß er nach meinem Silber gesucht hätte, und verfolgte ihn. Er verschwand. Nun suchte ich mein Versteck auf; das Silber war noch da; aber indem ich es betrachtete, erhielt ich einen Schlag. Es wurde mir sehr finster vor den Augen, und ich stürzte nieder, doch schon nach einer Minute raffte ich mich wieder auf. Das Geld war mir entrissen, und den Dieb sah ich bereits fern von mir sehr schnell über den Lopme fliegen. Ich verfolgte ihn. Er versuchte, die andere Seite des Kärr zu erreichen, und darum wandte ich mich nach dem Klufteis, um ihm den Weg abzuschneiden. Ich kenne dieses Eis, aber der Zorn trübte meine Augen; ich übersah eine Spalte und stürzte hinein – – als ich wieder erwachte, lag ich in meiner Hütte und hatte Schnupftabak in der Nase. Der Dieb aber ist entkommen.«

      »Du hast ihn nicht erkannt?«

      »Nein. Er hatte sich hinter mich geschlichen, ohne daß ich ihn bemerkte. Er trug eine Wintermaske, wie wir alle, damit wir das Gesicht nicht erfrieren.«

      Hast du dir nicht wenigstens seine Gestalt gemerkt?«

      »Härra, die Nacht Samelands währt drei Monate lang, und sie täuscht das Auge. Das Nordlicht war so unruhig und seine Flammen zuckten über den Schnee. Wer kann da genau sehen! Der Mann war gekleidet wie andere Männer; ein Samelats sieht wie der andere aus, wenn er nicht in seinem Zelte sitzt. Ich würde ihn nicht wiedererkennen. Wenn du mir nicht hilfst, Härra, so kann ich den Dieb niemals entdecken, und mein glänzendes

Скачать книгу