Steintränen. Manja Gautschi

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Steintränen - Manja Gautschi Steintränen

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„Paul“ hielt ihn Dek an „Warum ist er so ungepflegt? Er sieht ja wie ein verwahrloster Obdachloser aus?“ Paul blickte ernst erst zu Bob dann zu Dek „Naja, das haben wir aufgegeben. Ich hatte es satt die Krankenstation zu füllen, nur um ihm Haare und Bart zu schneiden.“ Dek nickte verständnisvoll „Ich verstehe. Danke Dir.“ „Schon gut. Aber versprich Dir nicht zu viel. Ich denke, er ist nicht mehr der, den Du einst kanntest.“ Dann verliess Paul den Raum, schloss die Tür hinter sich und es stellte sich eine bedrückend unangenehme Stille ein. Dek und Bob standen alleine vor dieser grossen Scheibe in diesem weissen, abstossend ungemütlichen Besucherraum.

Bild 1

      „Guten Morgen Commander Sa“ begann Dek schliesslich das Gespräch in Richtung des Gefangenen, der keine Anstalten machte, sich zu bewegen. Als keine Reaktion folgte überprüften Dek und Bob automatisch das Kontrolllicht der Gegensprechanlage und stellten fest, ‚ja’, das Licht war grün, man musste sie auf der Gegenseite hören. Dek blickte fragend zum linken Wärter, der ihm zur Bestätigung zunickte und den Gefangenen daraufhin antippte.

      Bob ärgerte sich, 'Der da soll Commander gewesen sein?! Der ist eine Schande fürs gesamte Chor der Armee, der hat ja nicht einmal den Anstand hierher zu blicken.' dachte er genervt, während er zusammen mit Dek weiter durch die Scheibe zum Gefangenen hin starrte.

      Dek bemerkte die Nervosität seines Begleiters, die er fürs erste ebenso ignorierte wie die ‚Nichtreaktion’ des Gefangenen. Er sprach einfach ruhig weiter „Ich habe nicht viel Zeit, also mach ich’s kurz: Wir haben einen Auftrag, der uns nach Rupes auf Steinwelten führt. Da uns die Stadt Rupes und Umgebung weitgehend unbekannt sind, brauchen wir jemanden, der die örtlichen Gegebenheiten kennt und uns sicher nach Rupes bringen kann. Sie sind die einzige uns bekannte Person, die bereits auf Steinwelten gewesen ist und dort Leute und Umgebung kennt. In der Terra Sonnensystem Datenbank existieren noch keine genauen Karten und Angaben von Steinwelten. Also bitte ich Sie Commander Sa, uns bei diesem Auftrag zu unterstützen und zu begleiten. Die Bewohner von Rupes sind zudem bekannt dafür, Fremden gegenüber sehr abweisend zu sein. Und soviel ich weiss, haben Sie Bekannte in Rupes, das wäre wirklich sehr hilfreich.“ Dek machte eine kurze Pause bevor er fragte „Was meinen Sie dazu?“

      Bedrückende, angespannte Stille folgte. Einer der Wärter blickte zu seinem Kollegen und schmunzelte. Offensichtlich wussten sie, dass ihr Gefangener nicht für seine Gesprächigkeit bekannt war.

      Der Gefangene bewegte sich weiterhin keinen Millimeter. Und nach einem weiteren ewig scheinenden Moment schoss es dafür wütend aus dem gereizten Heisssporn Bob heraus „Verflucht noch eins! He! Der Captain hat Sie was gefragt! Da gibt man gefälligst Antwort!“ er klopfte dabei wild auf der Scheibe herum bis er den beinahe tödlichen Blick von Dek bemerkte. Sofort verstummte Bob. Mit beschämter Mine stellte sich der junge Assistent wieder neben seinen Vorgesetzten und hielt fürs Erste seinen Mund. Aber er hatte Recht, davon war er überzeugt.

      Da hatte er wohl für einen Moment die lediglich Kontrolle etwas verloren, es ärgerte ihn selbst. Aber dieser unverschämte Kerl, war es einfach nicht wert, dass sich ein Captain des Terra Sonnensystems so viel Zeit für ihn nimmt, das verstand er nicht und seine Gedanken rasten. Die Armee war seine Familie, er mochte jung und unerfahren sein, aber auf die Einhaltung von Strukturen, Rangordnungen und Regeln legte er schon immer unbedingten Wert. Ohne Ordnung würde alles zerfallen und Chaos ausbrechen. Schwarz oder Weiss, Grau gab es nicht für Bob. Und jetzt benahm sich dieser Kerl so respektlos, wo ihm diese Ehre und zweite Chance zu Teil wurde ihnen helfen zu dürfen. Es ärgerte ihn einfach grenzenlos. So eine Frechheit.

      Nachdem Dek seinen Blick wieder dem Gefangenen zuwandte „Also? Ich warte.“ hob dieser langsam den Kopf, wobei seine Haare nach hinten zurück fielen und sein Gesicht frei gaben. Er neigte seinen Kopf leicht zur Seite schaute mit einem fragenden Blick und angehobener linken Augenbraue zu seinen beiden unerwünschten Besuchern. Dabei fielen seine Augen auf, sie blickten ruhig, sehr aufmerksam und durchdringend. Etwas unheimlich und genauso, wie die eines unberechenbaren, gefährlichen Tieres, fand Bob. Das ganze Gesicht wirkte hart, er trug einen wilden Vollbart.

      Was ebenfalls erst jetzt sichtbar wurde, war, dass Sa noch immer seine Mundfessel trug, deshalb wohl der fragende Blick. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nicht antworten können.

      Eine Mundfessel ist eine mundgrosse Stange aus medizinischem hautverträglichem Carbon, die ein Gefangener im Mund trägt. Am Kopf gehalten von einem Band aus sich selbst anpassendem Aluminium. Am Hinterkopf per Magnetschloss verschlossen. Sinn und Zweck einer Mundfessel: Der Gefangene kann so weder reden und Wärter beeinflussen, noch kann er mit den Zähnen zubeissen und jemanden verletzen.

      Jedenfalls wurde jetzt auch Captain Dek wütend. Welcher Idiot hatte vergessen die Mundfessel abzunehmen?! Sofort schrie er den beiden Wärtern im Gefangenenraum zu „He, ihr Schwachköpfe! Was soll das? Nehmt ihm sofort dieses verdammte Ding aus dem Mund. Für solchen Mist habe ich weder Nerven noch Zeit.“ Darauf zuckte einer der beiden Wärter zusammen, sein Schmunzeln von vorhin verschwand augenblicklich. Er fluchte leise vor sich hin, während er seine Waffe abstellte und dem Gefangenen die Mundfessel vorsichtig abnahm. Die hatte er komplett vergessen, so was Blödes! Mit einem Tuch wischte er die Mundfessel sauber, steckte sie in seine Hosentasche, nahm seine Waffe wieder und stellte sich an seinen Platz zurück, vergeblich versuchend, so auszusehen, als ob alles in bester Ordnung wäre.

      Der soeben von der Mundfessel befreite Gefangene bewegte seinen Unterkiefer zur Lockerung etwas hin und her bevor er Dek eine etwas unerwartete Antwort gab „Nein, warum sollte ich?“ Seine Stimme war tief, sehr bestimmt und er hatte seine Worte durchaus ernst gemeint, wie Bob verblüfft zur Kenntnis nahm. Bob blieb ab dieser Unverfrorenheit der Mund offen, während Dek kurz nachdachte. Dek atmete tief ein und ergänzte. „Es wäre eine Abwechslung zum Gefängnisalltag. Sie würden uns begleiten. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass Sie anschliessend in eine etwas angenehmere Einrichtung verlegt würden, nach erfolgreichem Abschluss unseres Auftrags selbstverständlich.“

      Wieder Stille, alle schwiegen und warteten auf eine Antwort des Gefangenen. Bob Adern pulsierten, er verstand die Welt nicht mehr.

      Die Stille hielt jedenfalls solange, bis sich Bob erneut nicht zurückhalten konnte, jetzt lässt der den Captain quasi auch noch um seine Hilfe betteln!! Er schrie „Commander!!?...“ denn weiter kam er nicht, da der Gefangene gleichzeitig von seinem Hocker aufsprang und in die Ketten schnellte. Bob fiel vor Schreck rückwärts auf seinen Allerwertesten. Einen knappen Meter vor der transparenten Trennscheibe hatten die Ketten den Commander gestoppt und er blickte wütend „Was soll das?“ sagte der Gefangene laut aber kontrolliert. Einer der Wärter legte ganz vorsichtig seine Hand auf die Schulter des Gefangenen und versuchte zu beruhigen „Ruhig.“ Aber dieser zog angewidert seine Schulter unter der Hand weg „Ihr wisst genau, dass ich schon lange kein Commander mehr bin und es auch nie mehr sein werde. Also hört mit diesem verfluchten schleimigen Getue auf! Ich habe einen Namen. Und jetzt verschwindet! Lasst mich in Ruhe!“ wieder legte der Wärter seine Hand auf die Schulter des Gefangenen. Diesmal sagte er allerdings in befehlendem, lauten Ton „Hinsetzen!“ der Gefangene, Ex-Commander Zylin Sa, sah drohend auf die Hand auf seiner Schulter, der Wärter nahm die Hand zurück „Sofort“ befahl der Mann nochmals, aber leise.

      Nur zögerlich und langsam setzte sich Zylin zurück auf diesen unbequemen Hocker. Es fühlte sich an, als ob Zylin jeden Moment explodieren würde, wenn man ihn nur noch ein klein wenig mehr reizte. Zylin fixierte Dek mit seinen durchdringenden Augen. Er versuchte herauszufinden, was sein alter Freund

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