Hochfrequent. Stephan Kesper
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Im Aufzug hielt er den Ausweis vor den Leseapparat und drückte absichtlich die »2«. Der Fahrstuhl gab einen leisen Piep, der eine verneinende Antwort sein musste, von sich und rührte sich nicht von der Stelle.
Dann wiederholte er das Ganze, diesmal mit der »1«. Die Türen schlossen sich und der Fahrstuhl fuhr los, für einige Sekunden. Im ersten Stock war von dem edlen Eindruck der Lobby nicht mehr viel übrig geblieben. Hier schienen weniger wichtige Leute und Abteilungen untergebracht zu sein.
Er ging zur Zimmernummer, die die Sekretärin ihm genannt hatte und klopfte an, eine Klinke gab es nicht. Ein Summen öffnete die Tür.
»Hohenstein, Kripo Frankfurt«, sagte er zu den drei Männern im Raum, die vor einer riesigen Wand mit Überwachungsmonitoren saßen. Das Zimmer schien abgedunkelt zu sein und Hohenstein nahm geschlossene Rollos vor den Fenstern wahr - sowie die verbrauchte Luft. Auf einem der größeren Monitoren sah er die Leiche auf dem Vorplatz und seine Kollegin. Ein Leichenbestatter war vor Ort und überlegte angestrengt mit einem Kollegen, wie sie den Toten – und alle dazugehörenden Einzelteile – abtransportieren sollten.
»Wer sind Sie«, fragte Hohenstein in den Raum hinein und zog einen Notizblock aus der Innentasche seiner Jacke, um mitzuschreiben.
»Mein Name ist Warndorf, ich bin der Sicherheitschef«, drängte sich ein Mann vor. Er mochte um die vierzig sein, hatte eine Glatze und schien vor einer Weile mal recht muskulös gewesen zu sein. Doch langsam verwandelten sich die Muskeln zu Fett. Seine Nase war übersät von rötlichen Adern. In der linken Hand hielt er eine Tasse schwarzen Kaffees. Alle drei trugen dunkle Anzüge – Uniform mit einer kleinen Plakette auf der Brust, die Firmenname und Mitarbeiter kennzeichnete.
»Wer von Ihnen hat die Polizei gerufen?«
Ein dunkelhäutiger Mann hob vorsichtig seine Hand. Er hatte schwarze Haare, eine gebogene, unglaublich große Nase und schien sehr verunsichert.
»Mahmut Abdel Al-Fayet, ist mein Name.«
»Sind Sie Syrer?«, fragte Hohenstein.
»Deutscher«, antwortete er etwas beleidigt, dann schränkte er ein: »Ich bin in Ägypten geboren. Meine Eltern und ich wanderten nach Deutschland ein, als ich vier Jahre alt war.«
Hohenstein nickte und fragte noch den Letzten der Drei: »Und Sie?«
»Emanuel Stocktanz. Ich bin erst seit halb acht hier. Ich habe nichts mitbekommen.«
»Mit Ihnen«, sagte Hohenstein und zeigte mit seinem Kugelschreiber auf Al-Fayed, »würde ich mich gerne unter vier Augen unterhalten.«
»Das kann ich nicht erlauben«, wandte der Sicherheitschef ein, »ich muss bei jedem Gespräch dabei sein.«
»Ob Sie dabei sind oder nicht, entscheide ich. Und ich habe entschieden, mich alleine mit Herrn Fayed zu unterhalten«, er machte eine »komm-her«-Geste zu Al-Fayed, schob ihn in den Gang hinaus und schloss hinter sich die Tür.
»Al-Fayed«, sagte der Zeuge.
»Wie bitte?«
»Sie haben mich Fayed genannt, aber mein Name ist Al-Fayed.«
»Oh, Entschuldigung. Gehen wir da vorne hin, da können wir uns ungestört unterhalten«, Hohenstein deutete auf eine Sitzgruppe, die vor einem Fenster stand. Nicht annähernd so feudal und hochwertig wie die in der Lobby. Diese hier war für Angestellte. Anstelle einer Kaffeemaschine stand ein Wasserspender daneben.
»Wann haben Sie die Polizei gerufen, Herr Al-Fayed?«
»Das muss so um sieben gewesen sein.«
»Hatten Sie da schon Dienstschluss? Die Sekretärinnen unten sagten mir, dass Sie nur bis sieben in der Lobby bleiben.«
»Nein, es gibt noch eine Übergabephase zwischen sieben und acht. Erst ab acht Uhr habe ich frei«, Hohenstein nickte und machte sich Notizen.
»Und wann genau haben Sie den Toten entdeckt?«
»Das muss so um sechs Uhr dreißig gewesen sein. Ich hörte einen dumpfen Aufprall. Sehr laut. Ich ging sofort zur Fensterfront in der Lobby und sah Herrn Cox.«
»Da liegt eine halbe Stunde dazwischen.«
»Bitte?«
»Sie haben eine halbe Stunde an der Fensterfront gestanden und dann erst die Polizei gerufen?«
»Nein, nein. Ich habe direkt nach dem Selbstmord meinen Chef angerufen.«
»Herrn Warndorf?«
»Genau.«
»Warum nicht die Polizei?«
»Ich bin angehalten, jegliche Vorgänge erst meinem Chef zu melden. Er entscheidet dann, was zu tun ist.«
»Und er hat wann entschieden?«
»Nachdem er sich selbst vom Tod von Herrn Cox überzeugt hat.«
»Das bedeutet, er kam zuerst herunter aus dem ersten Stock? Das dauert keine halbe Stunde.«
»Nein, er war zu diesem Zeitpunkt noch zu Hause. Er musste erst herkommen.«
»Und in dieser ganzen Zeit ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, die Polizei zu rufen? Da ist schließlich ein Mensch ums Leben gekommen.«
»Ich weiß, aber ich darf nichts tun, ohne dass mein Chef entscheidet.«
»Hm«, Hohenstein war mit dieser Erklärung gar nicht einverstanden.
»Was hat Ihr Kollege gemacht?«
»Welcher?«
»Der im ersten Stock. Wenn die Lobby besetzt ist, wird doch wohl auch der Überwachungsraum besetzt sein?«
»Der Kollege hatte sich gestern überraschend krank gemeldet. Er hat dies erst kurz vor Dienstbeginn getan, sodass kein Ersatz mehr besorgt werden konnte. Der Überwachungsraum war leer die Nacht über.«
»Wie heißt dieser Kollege?«
»Marc van der Joost.«
»Haben Sie Kontaktdaten?«
»Nein, aber die können Sie von Herrn Warndorf bekommen.«
»Wieso sind Sie nicht hoch gegangen, als klar war, dass der Kollege nicht kommen würde? Der Blick auf die Monitore ist doch sicher wesentlich wichtiger, als dass jemand in der Halle unten sitzt?«
»Das mag sein, aber ich habe noch keine Schulung für die Überwachungsanlage erhalten. Ich darf sie nicht benutzen.«
»Wer hat denn entschieden, dass niemand die Überwachungsmonitore ansieht?«
»Solche Entscheidungen trifft nur der Sicherheitschef.«
Hohenstein nickte, er hatte diese Antwort erwartet.