Die Entführung der MS Hansa Stavanger. Frederik Euskirchen
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Читать онлайн книгу Die Entführung der MS Hansa Stavanger - Frederik Euskirchen страница 17
Abdi sagte selber mal, dass er diese Piraten weder kennen, noch ihnen trauen würde. Während der Verhandlungen hat er oft Bedenken, mit dem Preis runterzugehen, um nicht in den Verdacht zu kommen, mit der Reederei, gegen Zahlung eines Bonus, zu kooperieren.
Teilweise verstand er seine neuen Vorgesetzten angeblich selber nicht und fühlte sich von ihnen in seiner Arbeit gestört.
Vielleicht erklärt dies, warum er permanent dieses nervöse und absolut falsche Lächeln aufsetzt - oder es gehört einfach zu seinem Charakter.
Denn zusammen mit seinen strengen Gesichtszügen und seinen fuchsigen Augen unterstreicht dieses seltsame Grinsen das Gesicht eines absolut verschlagenen und rücksichtlosen Gauners.
Ich würde ihm nicht mal trauen, wenn er mir meine eigene Augenfarbe sagen würde.
Er ist der Typ von Mensch, der sich aus allem rauswinden kann, weil er, wie für eine Schlange üblich, kein Rückgrat hat.
Abdi hat sich im Laufe seines Lebens angeblich neben Englisch auch Französisch und Italienisch beigebracht.
Er betont immer wieder er sei kein Pirat, er arbeite nur als Übersetzer für sie. Wenn irgendwann mal die UNO oder sonst wer nach Somalia kommt, dann arbeitet er eben für die als Übersetzer …
Abdi fängt mit 15 Millionen an, einem sehr hohen Einstiegspreis.
Von diesem soll runterverhandelt werden. Er erklärt uns, den Betrag, welchen die Reederei biete, den gehe er von seiner Forderung runter, so würde es laufen.
Der Verhandlungsstil, mit dem Abdi zumindest anfängt, entspricht dem der Piratengruppen aus dem Norden, das kann ich in Telefonaten von zu Hause erfahren.
Soll heißen, zügige Verhandlungen, kein unnötiges Geschachere, Lösegelder ungefähr entsprechend dem Marktpreis.
Doch leider sind wir nicht im Norden - unsere Gruppe ist die unberechenbarste und die hartnäckigste unter den bisher vier Piratengruppen in Somalia, das merkt auch Abdi bald …
Bevor die Verhandlungen aber wirklich starten und wir endgültig für längere Zeit unser Anker vor Haradere fallen lassen, haben wir noch mal eine kleine Fahrt vor uns.
2.6 Suche nach der Maersk Alabama
Die vergangene Zeit haben wir soweit möglich nutzen können, um das Schiff zu reinigen. Ein Teil der Mannschaft befindet sich immer oben auf der Brücke. Wir, die drei Wachoffiziere, die weiterhin ihre Wachen gehen, sowie der Kapitän können tagsüber ab und zu mal unten auf der Kammer schlafen. Ein Luxus, den es leider nur die erste Woche gibt. Ansonsten sind wir immer oben. Die Stimmung in der Mannschaft ist gar nicht mal so übel wie man denken mag. Wir wissen von der Forderung der Piraten, aber der Kapitän meint, er habe mit der Reederei gesprochen und sie werden zahlen. Hoffentlich hat er das nicht so den Piraten gesagt, denke ich. 15 Millionen ist sehr hoch, aber vielleicht sind ja auch die Summen, die man sonst so hört, in den Medien falsch. Okay vielleicht läuft das so. In der ersten Zeit sind wir wirklich sehr naiv, aber die Aussicht auf eine schnelle Befreiung bessert die Stimmung auf. Wenn die Mannschaft nicht etwas arbeitet, spielt sie Monopoly, Karten oder liest etwas.
Man lässt uns in Ruhe, mittlerweile haben wir uns hier oben gut eingerichtet. Es wird uns langsam klar, wie wir hier untergebracht werden. Ein Teil, das sind hauptsächlich die Europäer, sind oben auf der Backbordseite der Brücke einquartiert, ein Teil bleibt auf seinen Kammern und die Ing., wie auch Christian, arbeiten und schlafen im Maschinenraum.
Auch die Piraten haben schon begonnen, sich einzurichten. Wachposten werden verteilt, schweres MG auf dem Dach installiert.
Ein somalischer Koch, Mohammed, kommt an Bord.
Lebendige Ziegen, Khat und sonstiger Proviant sind schon an Bord, Tarek hat zusammen mit Abdi zuvor eine Bestellung geschrieben, die sie wohl in Haradere aufgegeben haben.
Es werden Zettel aufgehängt mit Regeln für die Piraten und dazugehörigen Strafen, außerdem ein paar Warnschilder: “No arms” und etwas auf Somali, dass, so erfuhr ich später, die Piraten abhalten sollte, ihre Waffen mit auf unsere Seite zu nehmen - zum Selbstschutz jedoch.
So scheint sich die Stavanger langsam in eine Piratenfestung zu verwandeln und die Besatzung muss lernen, mit der neuen Situation umzugehen.
Wir oben auf der Brücke haben die ganze Zeit die Piraten und ihre Waffen um uns, müssen ihr Geschreie und ihren Dreck ertragen, können uns aber mit Schlafen und Lesen ablenken.
Die im Maschinenraum haben den Lärm, die Arbeit und die ständige Ungewissheit, was oben los ist, dafür aber weitgehend ihre Ruhe vor den Piraten.
Die in der Mitte, die auf ihren Kammern schlafen, helfen unserem Koch oder sogar dem somalischen Koch.
So, glauben wir, hat zwar jeder seine Problemchen, aber dafür auch ein paar Annehmlichkeiten diese zu kompensieren. Die Situation ist natürlich dadurch immer noch nicht besonders erträglich geworden und gelassen nehmen wir das alles bei Weitem nicht hin, aber wir denken, dass es in kurzer Zeit sowieso vorbei sein wird.
Als Abdi kam, sagte er verheißungsvoll “Vielleicht eine Woche, dann kommt das Geld und ihr fahrt nach Hause!”
Um auch nur in die Nähe dieses schönen Momentes zu kommen, werden wir noch einige sehr unangenehme Situationen erleben müssen.
Wie so oft werden diese eingeleitet mit dem Besuch von Oday…
Es ist morgens und ich schlafe noch, als ich plötzlich von einem Tumult wach werde.
Kapitän und Offizierstab sind versammelt.
Oday ist gleich in Verstärkung von Tarek gekommen, sie stehen erwartungsvoll vor uns, während Abdi übersetzt.
Ein paar seiner Leute sind in Seenot, ein kleines Boot, wir sollen hinfahren. Das ist, was ich verstehe.
Kapitän und erster Offizier versuchen ihnen zu erklären, dass wir kaum noch Brennstoff haben, aber was nützt es, sie sind fest entschlossen, mit uns auf eine Such- und Rettungsaktion zu fahren.
Ich weiß nicht, ob es eine Vermutung innerhalb unserer Brückenteams ist, oder tatsächlich einer ihrer Brüder mit draußen in “Seenot” ist.
Noch während versucht wird, sie abzuhalten, wird Oday plötzlich laut, wir sollen sofort losfahren.
Okay, okay. Da dreht Tarek auch noch durch. Er macht wieder die typische Drohgebärde, Waffe hochhalten und durchladen.
Ebenfalls lauter werdend versuchen wir zu erklären, dass wir nicht einfach aus dem Stand starten können, wie ein Skiff.
Auch ich lasse meine neue Maske der Diplomatie fallen und werde sichtlich sauer und laut. Mit was für Deppen haben wir es hier zu tun.
Im Laufe der weiteren Haft tue ich gut, mich an die Art der