Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel. M.E. Lee Jonas

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Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel - M.E. Lee Jonas Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith

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      »Willkommen zu Hause, liebe Jezabel! Willkommen zurück! Wir vermissten dich ohne Pause, denn du bist unser Glück«, singt ein gut gelaunter Chor von Wesen und Geschöpfen, die Jezabel unbemerkt die letzten Jahre so schmerzlich vermisst hat.

      Dirigiert wird das Spektakel von Henry McMuffel, einem Geisterfrosch, der nach jedem dritten Ton missbilligend den Kopf schüttelt und dabei seine Backen aufbläht, dass man Angst hat, sie würden jeden Moment platzen. Je nach Laune ist er mehr oder weniger durchsichtig. Heute ist er sehr aufgeregt und deshalb muss man in dem ganzen Gewusel auch genau hinsehen, um seine Umrisse erkennen zu können. Lediglich sein überdimensionaler Taktstock, der mit seinen vierzig Zentimetern doppelt so lang, wie der Frosch selbst ist, lässt J.J. erahnen, wo er sich gerade aufhält.

      Die Bewohner und Gäste haben sich im Raum verteilt und schauen sie mit großen Augen an. Der Erste, der auf J.J. zugerannt kommt, ist Lincoln der Halbtagshund. Er flitzt so schnell ihn seine Pfoten tragen und springt kräftig nach oben, als er sie endlich erreicht. Leider landet er nur platt auf ihrem Oberschenkel, wo er sich nun hilflos an ihrer Jeans festkrallt. Verlegen starrt er zu ihr hinauf, während er unbeholfen runterrutscht. J.J. kniet sich zu ihm und hilft ihm hoch.

      »Ich bin größer geworden, mein Lieber! Da musst du wohl erst noch etwas üben«, sagt sie amüsiert und lächelt den halben Mops an, während sie das Phänomen bewundert, das sie schon als Kind so fasziniert hat.

      Lincoln ist ein hellgrauer Mops mit weichen, dunkelgrauen Falten und sehr großen, blauen Augen. So weit ist alles normal. Aber Lincoln ist ein Halfie, also ein Geschöpf, das Opfer eines misslungenen Zauberspruches geworden ist. Bei ihm hatte dieser Unfall leider eine sehr ausdrucksstarke Wirkung, weshalb man ihn auch Halbtagshund nennt. In den ersten zwölf Stunden des Tages sieht man nur seine vordere Hälfte. Also von der Stirn bis etwa zehn Zentimeter hinter den Vorderläufen. In der zweiten Tageshälfte sind dagegen nur seine Hinterläufe, sein Po und sein Stummelschwanz sichtbar. Das ist ihm immer furchtbar peinlich, hat jedoch keinerlei Auswirkung auf seine Fähigkeiten. Es ist ein rein visuelles Phänomen.

      J.J. hält den stattlichen Mops auf ihrem linken Arm und streichelt mit ihrer rechten Hand, schöne, zarte Bögen in der Luft. Eigentlich streichelt sie ihm den Rücken, aber da er ab der Körpermitte unsichtbar ist, wirkt es, als würde J.J. die Luft streicheln. Lincoln liegt überglücklich in ihrem Arm und hechelt vor Aufregung, während er sich unaufhörlich über seine platte Nase schleckt.

      »Jezabel! Ich kann es gar nicht glauben! Entschuldige bitte den Patscher, aber ich bin mittlerweile nicht mehr der Jüngste. Früher konnte ich aus dem Stand in deine Arme springen! Du bist wirklich groß geworden und noch genau so eine Augenweide wie als Kind. Aber wir wussten ja so ungefähr, wie du aussiehst. Oma Vettel hat uns nämlich jeden Monat ein Foto von dir gezeigt, weil wir dich alle so schrecklich vermisst haben, nachdem du ... Nachdem du an deinem sechsten Geburtstag so plötzlich wegmusstest.«

      Der kleine Mops wimmert und kuschelt seinen Kopf an J.J.s Schultern. Sie drückt ihn herzlich an sich und setzt ihn dann sanft zu Boden, da sie die anderen Bewohner ebenfalls begrüßen möchte.

      Oma Vettel kommt mit einer großen Ladung Pfannkuchen in den Esssalon getanzt und stellt die Leckereien auf die zwölf Meter lange Tafel.

      »Leute. Immer mit der Ruhe! Jezabel hatte einen sehr anstrengenden Tag. Gebt ihr eine Chance, wenigstens ein Mal Luft zu holen! Wir haben ganze vier Wochen Zeit, um uns alles zu erzählen.«

      Als sie das mit den vier Wochen sagt, sieht sie verunsichert zu ihrer Enkelin. J.J. nickt und widmet sich dem nächsten, aufgeregten Bewohner. Nachdem sie jeden mindestens ein Mal umarmt hat, steht sie auf und pfeift kurz in die Runde. Sie schaut sich suchend um und wartet. Da erhebt sich der bunt gestreifte Flickenteppich vor ihren Füßen und hüpft unsicher ein Stück zurück.

      J.J. klatscht zufrieden in die Hände.

      »Hallo Flick! Schön dich wiederzusehen! Darf ich mich auf dich setzen oder bin ich jetzt etwa zu schwer?«

      Der Teppich krümmt sich vor Aufregung und lässt dabei aus Versehen ein kleines Staubwölkchen los. Die Bewohner fangen an zu prusten und zu husten und halten sich theatralisch ihre Nasen zu. Sofern sie das Glück haben, eine zu besitzen! Aus Scham rollt sich Flick zusammen. Eigentlich ist er ein fröhlicher Zeitgenosse, aber wenn er aufgeregt ist, bekommt er immer sogenannte Angstblähungen.

      »Oh Flick, bitte! Kannst du dich nicht wenigstens vor Jezabel zusammenreißen?«, fragt Diggler, das Werschwein, während er verzweifelt versucht, sich mit seinen Vorderpfoten die Nase zuzuhalten.

      Der hüpfende Teppich senkt beschämt den Blick.

      »Tut mir leid, Jezabel! Das passiert mir leider immer noch«, antwortet er geniert und lässt sich durchhängen.

      J.J. zuckt amüsiert mit den Schultern und geht lachend auf ihn zu. Flick senkt sich herab und breitet sich glatt aus, sodass J.J. auf seinen Rücken steigen und sich im Schneidersitz auf die weiche Oberfläche setzen kann.

      »Ich habe Hunger, meine Lieben. Lasst uns jetzt Kuchen essen und danach erzählt ihr mir alles, was in den letzten Jahren so passiert ist. Flick, ich bin bereit, wenn du bereit bist!«

      Der hüpfende Teppich erhebt sich sanft und lässt sich wieder nach unten fallen. Flick ist ja kein fliegender, sondern ein hüpfender Teppich. Wer auf ihm reiten will, muss schon eine sehr lange Zeit üben. Aber wenn man den Dreh erst einmal heraushat, verlernt man es genauso wenig wie das Fahrradfahren. J.J. ist als kleines Mädchen sehr oft auf Flick gehüpft, deshalb hat sie nun auch keine Schwierigkeiten, die Balance zu halten und reitet sicher auf seinem weichen Rücken zum Tisch. Dort senkt er sich genau so tief, dass sie bequem sitzen und essen kann.

      »Die Tafel ist heute mindestens doppelt so lang wie in meiner Erinnerung.«

      Oma Vettel nimmt eine Kuchengabel und schlägt sie leicht an ihr Glas.

      »Darf ich einen Moment um Ruhe bitten«, ruft sie laut, damit es auch die weitentfernten Gäste verstehen können.

      Die alte Dame steht auf und erhebt feierlich ihr Glas.

      »Ich danke euch, meine Lieben. Ich denke, Broaf hat nichts dagegen, wenn wir schon ohne ihn anfangen. Er ist leider noch nicht von der Nordinsel zurück. Ich möchte mich erst einmal bei euch dafür bedanken, dass ihr heute alle gekommen seid und euch solche Mühe mit der Willkommensparty für meine Jezabel gegeben habt. Henry, dein Lied ist wie immer wunderbar gelungen!«

      Tosender Applaus unterbricht kurz die Rede von Oma Vettel. Der Geisterfrosch, der eben noch gut sichtbar rechts neben ihr auf einem hohen Hocker thronte, wird deshalb für einen kurzen Moment fast unsichtbar.

      »Lange Zeit habe ich nicht zu hoffen gewagt, dass wir uns zu diesem Anlass wieder hier versammeln dürfen. Es ist jetzt acht Jahre her, dass wir uns in fast gleicher Runde hier vereint sahen. Damals wusste auch ich noch nicht, dass es für so lange Zeit das letzte Mal sein würde. Aber das Schicksal geht seine eigenen Wege und wir müssen uns dem fügen. Auch wenn es uns manchmal das Herz bricht. Aber dann gibt es auch solche Tage voller Wunder und Freude! Ich bin überglücklich, dass ich, wenn auch nur für ein paar Wochen, meine kleine Jezabel wieder bei mir haben darf. Wir haben uns noch nicht richtig aussprechen können, deshalb möchte ich euch bitten, während der Kuchenschlacht Jezabel noch nicht all zu sehr mit euren Fragen zu löchern! Sie hat ihren Gedankenstein erst vor zwei Tagen wiederbekommen und wir wissen alle, dass es noch eine Weile dauern wird, bis sie sich vollständig erholt hat. Es ist erstaunlich genug, was sie in der kurzen Zeit alles herausgefunden und angenommen hat.

      Jezabel, herzlich

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