Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel. M.E. Lee Jonas
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Momentan findet man im Erdgeschoss einen riesigen Esssalon, eine gute Stube, eine überdimensionale Küche, ein Spielzimmer für Jezabel, ein Musikzimmer, drei Schlafzimmer und zwei Bäder im altenglischen Stil. Hier soll heute das große Geburtstagsfest stattfinden.
Überall hängen riesige, blinkende Luftballontrauben, die ausgelassen über die ellenlangen Girlanden hüpfen. Ab und an passiert es, dass solch ein Ballon zerplatzt und dann Hunderte Bonbons verschiedenster Geschmacksrichtungen herabregnen. Jezabel versucht sie natürlich alle aufzufangen, obwohl ihre Taschen bereits randvoll gestopft sind. Sahnetoffee mag sie am allerliebsten. Das kleine Mädchen hüpft an den Wanderhortensien vorbei, die ihrem Namen heute alle Ehre machen. Schon seit einigen Stunden wandern diese Gewächse von einem Zimmer zum nächsten, um den geeigneten Platz für ihren großen Ballettauftritt zu finden. Im Esssalon stehen sie nun neben den schweren, dunkelgrünen Vorhängen und streiten wie die Kesselflicker, welche Farbe sie heute tragen sollen. Kirk, die Blume mit den größten Blüten, ist schon so sauer, dass sie ihr tiefes Dunkelrot nicht mehr verändern kann.
Afrolino, der ewig schlafende Alligator, schwebt derweil gelassen durchs Haus und bläst glitzernde Sterne aus seinen Nasenlöchern. Diese schweben erst langsam, wie Konfetti durch den Raum, bis sie am Boden wie Knallerbsen zerplatzen, um sich schließlich in buntem Nebel aufzulösen. Sein lautes, ununterbrochenes Schnarchen, welches sonst schon früh am Morgen die anderen Bewohner gehörig nervt, geht heute in dem ganzen Trubel unter.
Für die musikalische Untermalung sorgt ein Blumenorchester, das sich heute ausnahmsweise nicht im Garten, sondern in der Küche unter der Leitung von Florence, dem Sonnentrichterorakel, versammelt hat. Sie üben dort seit vielen Stunden und man kann behaupten, dass es sich gelohnt hat.
Aus der obersten Etage, also dem Dachgeschoss, hört man seit den frühen Morgenstunden das aufgeregte Brabbeln von Sir Henry McMuffel, dem Geisterfrosch. Mehr als fünf Wochen übt dieser nun mit dem Geisterzoo ein selbst geschriebenes Geburtstagsständchen. Aber nach wie vor ist er mit der musikalischen Umsetzung seiner selbst ernannten Untertanen überhaupt nicht zufrieden.
Klank, der Affe, ist mittlerweile so genervt, dass er sich die Ohren zuhält. Das würde Lincoln, der Halbtagshund, auch sehr gern tun. Allerdings muss er hinter seinem besten Freund herjagen, da er ihn beim Naschen an der Geburtstagstorte erwischt hat. Diggler, das Werschwein, rennt wie der Teufel und versucht seinem Freund zu entkommen.
»Diiigleeer! Na warte, wenn ich dich erwische!«
Lincoln spurtet zwischen dem Festkomitee hindurch und flitzt mit einem Affenzahn hinter dem Tunichtgut her. Das Werschwein rennt, als ob es um sein Leben ginge, und versucht sich in letzter Minute in den Garten zu retten. Bei dem Versuch, die Abkürzung durch die Hundeklappe zu nehmen, bleibt er letztendlich in der viel zu kleinen Öffnung stecken. Diggler zappelt und zerrt, aber es ist zwecklos. Sein Hinterteil steckt in der Hundeklappe fest! In seiner Not beginnt er jämmerlich zu wimmern, um den Halbtagshund zu besänftigen.
»Ich bin völlig unschuldig! Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, drei Mal in diese zuckersüße Torte gebissen zu haben«, stammelt das Werschwein verlegen und nimmt noch einmal alle Kraft zusammen.
Mit einem letzten, kräftigen Ruck versucht er, seinen Körper durch die Luke zu ziehen. Da tut es einen lauten Knall und das Unvermeidliche passiert. Das Werschwein liegt mitsamt der Hundeklappe im Garten. Lincoln läuft entsetzt zu seinem Freund und sieht nach, ob er sich verletzt hat. Aber Diggler geht es gut, wenn man die Tatsache untergräbt, dass er die Hundeklappe nun um die Hüften trägt. Der Halbtagshund starrt ihn mit aufgerissenen Augen an und lacht laut los. Das vergeht ihm allerdings schnell, als er Rosinante, Oma Vettels alten Reisigbesen, hinauskommen sieht. Als Rosinante die Bescherung sieht, neigt sie sich wie ein Schwert nach vorn und jagt hinter den beiden Halfies her, um ihnen gehörig den Hintern zu versohlen.
Jezabel vertreibt sich derweil die Zeit, indem sie auf Flick, ihrem hüpfenden Teppich, durch die festlichen Räume hüpft. Auf ihrem Kopf sitzt Rosie, die Octopusschlange, und fängt mit ihren elf Tentakeln bunte Zuckerwattewölkchen ein. Es herrscht also wie immer ein fröhliches, lautes Durcheinander. Bis Oma Vettel endlich mit der dreistöckigen Sahnecremetorte aus der Küche getanzt kommt, die sie geschickt durch den Türrahmen des Esssalons balanciert.
»Jezabel, bitte sei ein liebes Mädchen und wasch dir die Hände. Wir wollen jetzt deine Geburtstagstorte anschneiden!«
Die alte Dame zeigt verzückt auf das Konditormeisterwerk und sieht ihre Enkelin erwartungsvoll an, die vor Begeisterung in die Hände klatscht. Mit großen Augen stellt sich Jezabel davor und streckt ihren Kopf weit nach oben. Auf jeder Etage ihrer Geburtstagstorte tanzen winzige Zuckerelfen um wunderschöne exotische Blumen aus süßer, köstlicher Sahne, die wiederum von prachtvollen Schmetterlingen umschwärmt werden. Die Krönung bildet ein gewaltiges Feuerwerk, das in allen Farben des Regenbogens aus der Spitze sprüht.
»So, meine Lieben. Seid ihr alle fertig? Dann kann es ja losgehen!«
Oma Vettel nickt den Anwesenden zu, bevor sie das Geburtstagsständchen dirigiert.
»Happy Birthday to you. Happy Birthday to you. Happy Birthday, liebe Jezabel! Happy Birthday to you!«
Der tosende Applaus, gemischt mit ohrenbetäubenden Pfiffen und »Yeah«-Rufen, macht das Geburtstagskind ganz verlegen. Nervös zupft sie an ihrem wunderschönen Tüllrock und nimmt Oma Vettel an die Hand.
»Danke, Großmutter. Das ist die beste, schönste, größte und wunderlichste Torte, die du mir je gezaubert hast! Ich liebe sie so sehr wie die anderen auch. Ich habe dich furchtbar lieb!«
Jezabel umarmt ihre Großmutter und hüpft anschließend zu Broaf, dem Diener, und haucht ihm ein leichtes Küsschen auf die Wange.
»Kannst du mich bitte hochheben? Ich will meine Geburtstagstorte anschneiden.«
Broaf verbeugt sich, so wie er es immer tut, und hievt das kleine Mädchen auf seine Schultern.
Vorsichtig reicht er ihr die Hauskatze, die, wie die meisten Dinge in diesem Haus, kein gewöhnliches Tier ist. Xinthalius ist eine pechschwarze, uralte, ägyptische Mau-Katze, der aus der Stirn eine etwa zwanzig Zentimeter lange schneeweiße Klinge ragt. Diese ist rasiermesserscharf, weshalb sie üblicherweise mit einer festen, diamantbesetzten Lederkappe bedeckt wird. Xinthalius ist ein Halfie, ein Geschöpf, das Opfer eines misslungenen Zaubers oder magischen Experimentes geworden ist. Diese Wesen werden normalerweise auf die Deponie gebracht. Das ist ein schrecklicher Ort im dunklen Zauberreich, auf dem der »Magische Müll« landet und von dem es kein Entkommen gibt. Die Deponie ist das Werk des Hexenrates und wird von dessen abscheulichen Wärtern streng bewacht. Nur wenigen Halfies gelingt die Flucht durch den verwunschenen Ausgang, durch den sie direkt in Oma Vettels Keller gespült werden. Einige Bewohner des dunklen Phads wissen, dass Vettel heimlich eine Pension für Halfies betreibt, aber niemand im Zauberreich sieht eine wirkliche Bedrohung darin. Der Eingang zu dieser geheimen Halfiepension ist eine WC-Schüssel, die Oma Vettel vor ein paar Jahren unter sehr schwierigen Bedingungen auf die Deponie schmuggeln konnte. Da es jedoch zu gefährlich war, sie an einem bekannten Ort zu installieren, hat Oma Vettel sie so verzaubert, dass sie regelmäßig ihren Standort ändert. Das hat natürlich den entscheidenden Nachteil, dass niemand weiß, wo sich der Ausgang gerade befindet,