Glück auf Spanisch. Heidi Oehlmann
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Читать онлайн книгу Glück auf Spanisch - Heidi Oehlmann страница 4
»Sie ist Autorin.«
»Okay, ich verstehe. An die Rezeption lasse ich nur Leute mit Sprachkenntnissen. Deutsch ist ja schon mal gut. Das alleine reicht mir nicht. Kann sie …«
»Ja, sie spricht fließend Englisch und hat vor einiger Zeit angefangen, Spanisch zu lernen. Sie kann es nicht perfekt, ist aber in der Lage, sich gut zu verständigen. Mit dem Aufenthalt hier will sie ihre Sprachkenntnisse verbessern.«
»Okay, ich kann sie mir gern anschauen.«
»Sorry, aber das reicht nicht. Ich kann ihr schlecht sagen, sie soll für ein Vorstellungsgespräch herkommen.«
»Was erwartest du jetzt von mir? Eine Zusage, obwohl ich sie nicht kenne?«
»Ja«, antworte ich und schaue meinen Freund flehend an.
»Mensch Pedro, was ist, wenn ich sie nicht gebrauchen kann?«, sagt Miguel aufgebracht. Privat ist er ein guter Freund und würde für andere sein letztes Hemd geben. Im Geschäftlichen ist er knallhart. Wahrscheinlich muss er das auch, damit das Hotel läuft.
»Ach komm, irgendwas wird sich schon finden. Küchenhilfe, Zimmermädchen oder so etwas in der Art. Du bist doch sonst immer auf der Suche nach gutem Personal.«
»Ist sie denn gut?«
»Bestimmt!«, antworte ich. Gleichzeitig hoffe ich, mich damit nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Ich bin Klara noch nie begegnet. Alles, was ich über sie weiß, hat sie mir geschrieben. Bisher chatteten wir nur. In den vielen Gesprächen habe ich sie lieb gewonnen und möchte sie unbedingt sehen.
»Ich kann es gerne mit ihr versuchen, aber wenn sie zu nichts zu gebrauchen ist, musst du dir etwas anderes einfallen lassen«, sagt Miguel nach einer Weile.
»Super, das vergesse ich dir nie.«
»Sie ist Autorin, sagst du? Ist sie so schlecht oder warum kann sie davon nicht leben?«
»Klara verlegt ihre Bücher selber.«
»Also ist sie schlecht.«
»Nein, sie hat mir gesagt, dass sie beim Marketing ihre Schwierigkeiten hat. Ein Verlag kommt für sie auch nicht infrage, weil sie keine Lust hat, sich dem Mainstream anzupassen. Sie hat ihren eigenen Stil. Da sie es hasst, Werbung zu machen, hat sie nur wenige Fans und verkauft eine dementsprechend kleine Anzahl Bücher.«
»Ah ja, ich verstehe.« Miguel ist anzusehen, was er über Klaras Schreiberei denkt, dabei kennt er sie nicht und hat noch nie etwas von ihr gelesen. Gut, ich kenne auch keines ihrer Werke, aber so wie sie im Chat schreibt, müssen ihre Bücher einfach gut sein.
Mit meinem alten Freund will ich nicht weiter darüber diskutieren. Nachher überlegt er sich das mit dem Job noch anders. Das ist mir zu riskant.
»Also kann ich ihr sagen, dass es klappt?«
»Ja, von mir aus. Warum arbeitet sie eigentlich nicht bei dir in der Kanzlei?«
»Weil ich zu wenig Arbeit habe. Meine Sekretärin kann ich schlecht entlassen, um Klara einzustellen.«
»Ich verstehe. Ab wann soll das Ganze stattfinden?«
»Gute Frage. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Um ehrlich zu sein, habe ich ihr gestern erst den Vorschlag unterbreitet.«
»Das heißt, du weißt nicht, ob sie überhaupt kommt?«
»Ja, genau. Sobald ich etwas Genaueres weiß, melde ich mich bei dir.«
»Gut, mach das! War es das oder gibt es sonst noch etwas? Ich müsste nämlich weitermachen.« Miguel deutet auf den Stapel Papier, der auf seinem Schreibtisch liegt.
3. Klara
»Also sind wir uns einig?«, hake ich nach.
»Ja, natürlich. Ab wann bist du weg?«
»Ähm, keine Ahnung. Ich hoffe, es klappt überhaupt. Ich habe noch nicht zugesagt, weil ich dich erst fragen wollte, ob du dich hier um alles kümmern kannst. Ich freu mich ja so«, quietsche ich. Ein Dauergrinsen macht sich in meinem Gesicht breit.
Judith schaut mich ernst an.
»Ich meine, es ist natürlich blöd, dass sie dir gerade die Wohnung gekündigt haben, aber es scheint das perfekte Timing zu sein. Wann musst du raus?«
»Die Kündigung kam vor vier Wochen. In zwei Monaten muss ich draußen sein.«
»Okay, bis dahin sollte ich auch weg sein.«
»Hm, du weißt aber noch nicht, wie lange du bleibst, oder? Also werde ich mir etwas Neues suchen müssen«, stellt Judith fest.
»Ja, wie gesagt, du musst nicht einziehen. Falls du aber so schnell keine Wohnung findest, kannst du in meinem Haus wohnen. Du kannst so lange bleiben, wie du möchtest. Wenn ich in Spanien bin, steht es sowieso nur leer. In der Zeit kannst du richtig viel Geld einsparen.«
»Und wenn du wieder da bist?«
»Das sehen wir dann, okay?«
»Ja.« Judith nickt mir zu. Sie sieht nachdenklich aus.
»Ist alles in Ordnung?«, frage ich.
»Ja. Morgen ist Daniels Todestag. Dieser Tag macht mir immer noch so zu schaffen. Na ja, du weißt ja selber, wie das ist.«
Dieses Mal bin ich diejenige, die nur nickt. Ich weiß genau, wie sich der Todestag eines geliebten Menschen anfühlt. Bei mir ist es auch bald wieder so weit. An diesen Tagen ist der Tod von meinem Mann Fred so präsent, als wäre es erst gestern gewesen. Ich stand gerade in der Küche und habe Gemüsesuppe gekocht, als der Anruf kam. Am anderen Ende der Leitung war ein Polizist, der mir mitteilte, dass Fred einen Unfall hatte und im Krankenhaus liegt. Wie schlimm es um ihn gestanden hatte, war mir zu diesem Zeitpunkt unklar.
Ich ließ alles stehen und liegen und eilte zu ihm, nur um vom behandelnden Arzt zu erfahren, wie schlecht es aussah. Mein Mann lag im Koma. Ich saß die ganze Nacht an seinem Bett, bis es in den Morgenstunden passierte. Ich musste mit ansehen, wie Fred vor meinen Augen starb. Die Wiederbelebungsversuche scheiterten.
Mir laufen die Tränen an den Wangen hinunter, so wie es immer ist, wenn ich daran denke. So gern würde ich den Tag aus dem Kalender streichen, damit ich nicht jedes Jahr an diese schlimme Zeit erinnert werde. Viel lieber beschäftige ich mich mit den schönen Erinnerungen an Fred, mit unserer Hochzeit, den entspannten Urlauben und mit all den anderen glücklichen Momenten, die wir miteinander teilen durften.
»Na ja«, holt mich Judith ins Hier und Jetzt zurück. »Ich freue mich für dich, wenn es mit Spanien klappt.« Sie drückt mir die Hand, als sie meine Tränen bemerkt, sagt aber nichts darüber. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Ihre Zurückhaltung ist einer der Gründe, warum ich sie so mag. Sie überlässt es mir, ob ich darüber reden möchte. Vielleicht liegt es daran, dass sie Ähnliches durchgemacht hat. Sie hat ihren Mann ebenfalls verloren, nur war es eine Krankheit, die ihr Daniel