Glück auf Spanisch. Heidi Oehlmann
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»Das verstehe ich«, sagt Judith. »Schreibst du in Spanien weiter? Ich hoffe, ich darf weiterhin als Erste deine fertigen Romane lesen.«
»Natürlich, ohne dich könnte ich doch nie veröffentlichen. Eine andere Lektorin kann ich mir niemals leisten.«
»Na ja, ein Profi bin ich auch nicht mit meinem abgebrochenen Germanistikstudium.«
»Für mich bist du perfekt!« Das ist sie wirklich. Nach all der Tragik, die wir hinter uns haben, war es ein Glücksfall, Judith zu begegnen. Sie hat mir Mut gemacht, mit meiner Schreiberei an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich zögerte lange, weil ich immer glaube, nicht gut genug zu sein. Ständig werde ich von Zweifeln geplagt. Judith ist diejenige, die mich motiviert. Auch dafür mag ich sie. Seit ich sie kenne, hat sie alle meine Manuskripte, die jahrelang in der Schublade lagen lektoriert, sodass ich sie veröffentlichen konnte. Vom Schreiben leben kann ich noch lange nicht. Nebenbei gehe ich mehrmals in der Woche kellnern. Das ist kein Traumjob, aber es bringt Geld und ein paar soziale Kontakte.
»Danke, das ist so lieb von dir.« Sie lächelt mich an. Es ist das erste Mal an diesem Tag, dass sie fröhlich aussieht. Ihre Gedanken scheinen sich heute nur um Daniel zu drehen. Sonst wirkt sie viel entspannter und ist witziger.
»So langsam werde ich mich auf den Heimweg machen. Es wird bald dunkel und ich fahre nicht so gerne im Dunkeln.«
»Okay, du meldest dich, sobald du weißt, wann du gehst, damit ich planen kann?«
»Ja, natürlich. Aber selbst wenn es nichts wird, kannst du jederzeit bei mir wohnen, falls du keine Wohnung findest. Ich hoffe, das weißt du.« Ich lächle Judith zu und erhebe mich.
»Ja, danke.«
»Ich danke dir!«
Zusammen gehen wir in den Flur. Nach der Verabschiedung fahre ich nach Hause. Insgeheim hoffe ich, inzwischen eine Nachricht von Pedro bekommen zu haben, in der er seine Frage wiederholt. Ich möchte mich keinesfalls aufdrängen.
4. Pedro
Als mein Computer mir den Eingang einer neuen Nachricht lautstark mitteilt, zucke ich zusammen. Seit Langem habe ich es heute geschafft, meine Nase nach Feierabend in ein Buch zu stecken. Das liegt sicher an Klaras Schriftstellerei. Ich würde gern etwas von ihr lesen. Sie schreibt aber nur Liebesromane. Das ist kein Genre für mich. Ich stehe mehr auf Krimis und Thriller.
Richtig konzentrieren konnte ich mich nicht, meine Gedanken wanderten ständig zu Klara. Zwischendurch habe ich mehrmals überlegt, ob ich ihr schreiben und sie noch ein Mal fragen sollte, ob sie nach Spanien kommt. Bis jetzt schaffte ich es, mir diesen Drang zu verkneifen. Was soll sie von mir denken, wenn ich sie so bedränge? Das ist viel zu aufdringlich. Vielleicht spricht sie das Thema auch von selbst an. Falls nicht werde ich in den nächsten Tagen vorsichtig darauf zurückkommen und ihr beiläufig erzählen, dass sie bei Miguel im Hotel arbeiten kann. Der finanzielle Aspekt ist damit schon geklärt.
Ich erhebe mich von der Couch in meinem Arbeitszimmer und gehe zum Computer, der auf dem Schreibtisch steht.
»Hallo Pedro, na wie war dein Tag?« Obwohl keine Rede davon ist, dass Klara nach Spanien kommt, lese ich die Zeile mehrmals hintereinander, auf der Suche nach einem Hinweis.
»Gut. Hast du es dir überlegt?«, antworte ich ohne Umschweife. Als die Worte gesendet sind, bereue ich sie. Gerade war ich noch entschlossen, Klara Zeit zu geben und nun presche ich schon wieder vor. Angespannt warte ich auf eine Antwort.
»Mit Spanien?«
»Genau.«
»Ja, ich mache es, aber nur wenn es mit dem Job klappt.«
»Gut, dann kannst du jetzt packen.«
»Ernsthaft?«
»Ja, ich habe mit meinem Freund gesprochen. Du kannst bei ihm arbeiten.«
»Okay, als was?«
»Wahrscheinlich an der Rezeption. Wenn das nichts für dich ist, lässt sich sicher etwas anderes finden.«
»Das klingt gut. Wann kann ich anfangen?«
»Sofort.«
»Klasse. Ich habe bereits mit einer Freundin gesprochen. Sie will sich hier so lange um alles kümmern.«
»Super. Sag Bescheid, sobald du weißt, wann du kommst!«
»Das mache ich.«
Obwohl ich Klara noch nie gesehen habe, freue ich mich auf sie. In den letzten Monaten sprachen wir über Gott und die Welt. Es fühlte sich an, als würden wir uns schon ewig kennen. Auch jetzt geht uns der Gesprächsstoff nie aus.
Nachdem wir das mit ihrem Spanienaufenthalt geklärt haben, finden wir schnell wieder neue Themen.
5. Klara
»Du wirst mir fehlen!«, sagt Judith, als wir uns am Flughafen umarmen.
»Du mir auch.«
»Ich werde mich gut um alles kümmern, versprochen!«
»Das weiß ich doch.« Langsam bekomme ich feuchte Augen. Wenn ich mich nicht bald von Judith löse, fange ich an zu weinen. Bevor das passiert, befreie ich mich aus der Umarmung und schaue meine Freundin ein letztes Mal an. Auch sie nimmt meine Abreise sichtlich mit. Ihre Augen sind ebenfalls glasig. »Ich verschwinde jetzt besser, eh wir beide anfangen zu heulen.«
»Ja. Ich hasse Abschiede. Ich wünsche dir eine schöne Zeit!«
Ich nicke nur, drehe mich weg und gehe zum Check-in. Es fehlt nicht mehr viel, bevor ich weinen muss. Deshalb verkneife ich es mir, mich umzudrehen und Judith zuzuwinken.
Der Abschiedsschmerz wird durch eine Mischung aus Vorfreude und Aufregung abgelöst. Heute werde ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Flieger besteigen. Mit jeder Sekunde wird mir ein bisschen mulmiger zumute.
In Spanien bin ich schon gewesen. Damals war ich noch ein junges Mädchen, als ich mit meinen Eltern runter fuhr. Es war anstrengend einen Tag lang ununterbrochen im Auto zu sitzen, um von Mitteldeutschland bis nach Spanien zu fahren. Als Kind kommen einen solche Strecken sowieso um einiges länger vor als sie es ohnehin schon sind.
***
Ich betrete die Wartehalle des Flughafens in Girona und schaue mich um. Meine Augen suchen nach Pedro. Doch ich kann ihn nirgendwo entdecken. Mit jeder Sekunde werde ich etwas panischer.
Habe ich mich so in meinem neuen Bekannten geirrt?
Pedro hatte versprochen, mich abzuholen. Er ist der Grund, warum ich