Der Wüstensklave. J. D. Möckli

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Der Wüstensklave - J. D. Möckli Wüstensklave

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beherrschen. Am liebsten würde er Hong in Grund und Boden brüllen. Nur der Gedanke, dass Kai und Großvater darunter zu leiden hätten, lässt ihn die Fassung bewahren.

      Verblüfft über die schnelle Einigung zählt Hong die Münzen ab und wartet dann darauf, dass der Stoffballen seinem Sklaven übergeben wird. »Ich würde ja wirklich noch gern ein wenig mit Ihnen plaudern, Herr Mutsuo, aber die gute Frau Aino wartet auf mich, da ich ihr versprochen habe, sie mit den neuesten Neuigkeiten aus Edo zu versorgen. Wer bietet denn schon einhundert Goldmünzen für einen Sklaven, der weit jenseits der Zwanzig ist? Das ist doch für einen Lustsklaven uralt. Und dann schlägt der Besitzer das Angebot auch noch aus. So einen guten Preis wird der für den Sklaven doch nie mehr bekommen, oder was meinen Sie, Herr Mutsuo?« Gespannt sieht er sein Gegenüber an.

      Zu seiner Enttäuschung erwidert dieser den Blick nicht, sondern konzentriert sich darauf, den Ballen dem Sklaven zu übergeben.

      »Also ich hätte das Angebot sicher nicht ausgeschlagen. Schließlich ist ja jeder Sklave durch ein besseres Exemplar ersetzbar«, versucht Hong noch einmal die Aufmerksamkeit Kais zu bekommen.

      Auffordernd streckt Kai die Hand aus. »Sind das die fünfunddreißig Silbermünzen?«

      Weil er weiß, dass Hong darauf besteht, dass die Münzen vor dessen Augen abgezählt werden, legt Kai sie einzeln in die Kasse. Dann schließt er den Deckel und sieht seinen Kunden auffordernd an. »Wie immer genau abgezählt. Ich bin sicher, Frau Aino wird sich über Ihren Besuch freuen.« Mit steifen Bewegungen begleitet er den Mann zur Tür. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Herr Hong, und grüßen Sie Frau Aino von mir.«

      »Natürlich werde ich das, Herr Mutsuo. Sie sind ja schließlich unser liebster Stoffhändler. Die anderen kann man nämlich nicht gebrauchen, die wollen einem ja immer nur das Schlechteste zum teuersten Preis verkaufen. So, ich muss los. Auf Wiedersehen.« Ohne auf seinen Sklaven zu achten, eilt Hong aus dem Laden und dann die Straße hinunter.

      Erleichtert, dass er Hong endlich losgeworden ist, schließt Kai die Tür und dreht auch gleich den Schlüssel um. Bis zum Mittagessen will er keine Kunden mehr sehen. Nachdem auch das Schild richtig hängt, geht er zu Yari, der immer noch mit zu Fäusten geballten Händen auf dem Boden sitzt. »Yari …« Vorsichtig geht er vor ihm in die Knie, um ihn nicht zu erschrecken.

      »Als ihr Vater damals ins Zimmer geplatzt ist, war sie schon seit zwei Monaten schwanger«, sagt Yari leise. »Allerdings hat sie es ihrem Vater nicht gesagt und das Kind heimlich abgetrieben. Schließlich geht es ja nicht, dass sie, als Tochter eines Katos, den Balg eines Sklaven austrägt. Kurz darauf bin ich dann verkauft worden, weil Kato befürchtete, dass seine Tochter irgendwann von mir schwanger werden könnte und sich die Gerüchte bestätigen würden. Was für eine Ironie.« Yari weiß nicht mehr, ob er damals deswegen wütend oder erleichtert war, aber die Erinnerung daran schmerzt.

      Mit einem unterdrückten Aufschluchzen schmiegt er sich an seinen Sharik, der ihn tröstend umarmt. Immer wieder sieht er sich an der Tür zum Wohnzimmer stehen, in dem Veronika und ihre Freundin sich damals unterhalten haben, wodurch er erfahren hat, dass sie von ihm schwanger war. Schon damals hatte es ihn geschockt, denn auch wenn er wusste, dass diese Frau ihn benutzt hatte, so war ihm bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen, wie sie mit ihm geschlafen hatte.

      »Ach, Yari …« Sanft streichelt Kai über den bebenden Rücken seines Liebsten. Nur schwer kann er sich vorstellen, wie es in Yari jetzt aussehen muss. Nicht zum ersten Mal wünscht er sich, dass er es diesen Mistkerlen heimzahlen könnte, die Yari so gequält haben.

      Ren wundert sich, wo die beiden Jungs bleiben, schließlich ist es schon längst Zeit fürs Mittagessen, daher geht er in den Laden, um nachzusehen.

      »Was ist passiert?«, fragt er besorgt, als er die beiden am Boden kauern sieht. Mit knackenden Kniegelenken geht er neben Yari in die Hocke, der sein Gesicht jedoch in Kais Oberteil vergraben hält.

      Ohne seinen Griff zu lockern, hebt Kai den Blick. »Hong war hier und hat erzählt, dass wir in Edo wohl Gesprächsthema Nummer eins sind, weil bekannt geworden ist, dass jemand einhundert Goldmünzen für einen Sklaven ausgeschlagen hat. Dabei hat er auch noch etwas weiter ausgeholt und davon erzählt, dass dieses Miststück von Yari schwanger war, das Kind jedoch verloren hat.« Weil sich Yari nun noch mehr an ihn drückt, hält Kai den Mund.

      Geschockt stützt sich Ren am stabilen Holz des Tresens ab. Es dauert ziemlich lange, bis er sich zumindest so weit gefangen hat, dass ihm seine Stimme wieder gehorcht. »Ich … muss gestehen, dass ich sprachlos bin.« Mit einem leisen Ächzen steht er auf und legt seine Hand beruhigend auf Kais Schulter. »Ich gehe mal den Pferden ihr Heu in die Boxen hängen und koche uns dann Kakao. Nach dem Schock können wir den sicher gebrauchen.« Mit einem leichten Lächeln, das seinen Enkel ein wenig aufmuntern soll, zieht er die Hand wieder zurück und geht zur Tür. »Wenn ihr soweit seid, dann kommt in die Küche.«

      Nachdem er im Stall war, setzt sich Ren in der Küche an den Tisch und stützt den Kopf in die Hände. »Das Schicksal ist wirklich brutal zu dem Jungen. Aber vielleicht ist es ja ganz gut, dass das Kind nicht geboren wurde …«

      Seufzend steht er wieder auf, schließlich kocht sich der Kakao nicht von allein.

      Die Milch ist gerade heiß geworden, als Kai mit dem kalkweißen Yari hereinkommt, der sich schon beinahe krampfhaft an dessen Hand festhält und diese auch nicht loslässt, als er sich an den Tisch setzt.

      Ohne ein Wort zu sagen, stellt Ren für seinen Enkel einen Stuhl neben Yaris.

      »Danke.« Kai setzt sich und nimmt den Kakao mit einem dankbaren Nicken entgegen. Auch ihn hat die Sache geschockt, weshalb er froh ist, dass er seine Nerven mit dem heißen Getränk wenigstens ein bisschen beruhigen kann.

      Yari scheint wie betäubt. Mechanisch leert er seine Tasse und löffelt die gute Gemüsesuppe, die schon seit dem frühen Morgen vor sich hin geköchelt hat.

      Voller Sorge mustert ihn Ren, der schließlich aufsteht und ins Bad geht, um die Baldriantinktur zu holen. Anders wird der Junge diesmal wohl nicht aus seinem Tief herausfinden. Er gibt ihm diese Medizin nur ungern, könnte es von ihm doch so aufgefasst werden, dass er ihn, wie seine Vorbesitzer, unter Drogen setzen möchte.

      Wieder in der Küche blickt Ren prüfend zu Yari und entscheidet sich dann schweren Herzens, ihm gleich die doppelte Menge zu geben, damit dieser auch wirklich ein wenig schlafen kann. Er tropft die Tinktur in einen Suppenlöffel und hält ihn Yari vor den Mund. »Es schmeckt schrecklich, aber es hilft«, sagt er. Zu seiner Überraschung wird die bittere Medizin ohne zu murren geschluckt. »So, und jetzt gehst du dich hinlegen. Kai übernimmt heute den Stall für dich und ich stelle mich in den Laden.«

      Er rechnet mit schwachem Widerspruch, denn so schnell lässt sich Yari die Pferde in der Regel nicht wegnehmen, doch Yari steht wie an Fäden gezogen auf und verlässt die Küche.

      »Es muss ihm wirklich schlecht gehen, wenn er ohne etwas zu sagen einfach auf dich hört.« Kai sieht seinen Großvater betrübt an.

      »Ja, das tut es. Weißt du, bis jetzt war es ihm wohl bewusst, dass damals sein ungeborenes Kind umgebracht wurde, aber erst jetzt ist es ihm auch emotional klar geworden und das, in Kombination mit den ganzen Umständen …«

      Seufzend reibt sich Kai die Schläfen. »Obwohl es schlimm ist, ist es vielleicht besser so. Wer weiß, was sonst aus dem Kind geworden wäre.« Weil er etwas tun muss, steht Kai auf und beginnt die Teller wegzuräumen.

      Oben im Zimmer liegt Yari unter der Decke und kuschelt mit seinem Osis. Dabei spürt er,

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