Der meergrüne Tod. Hans-Jürgen Setzer

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Der meergrüne Tod - Hans-Jürgen Setzer

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ich werde dort sein. Danke für Ihr Verständnis“, kam, ohne lange zu überlegen, von ihr die Antwort.

      „Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken. Wir waren doch alle einmal jung, oder?“ Leon lächelte und verließ die Wohnung. „Ich finde schon allein hinaus“, sagte er abschließend, bevor er wieder die Treppen hinunterging.“

      Leon fuhr noch einmal in die Redaktion, um eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Recherchen aufzuschreiben. Er wollte danach für heute Feierabend machen, denn er fühlte sich völlig fertig. Das Thema schien nicht ganz spurlos an ihm vorbeizugehen. Die Gefühle der Mutter, die offensichtlich litt, nahmen ihn mehr mit, als er sich eingestehen wollte. Für den Abend müsste er sich dringend einer fröhlicheren Beschäftigung widmen.

      Als er von der Arbeit nach Hause kam, ging er zunächst eine Runde joggen. Seit einiger Zeit bewohnte er eine Jugendstilvilla in Koblenz-Oberwerth mit Rheinblick und nur einige hundert Meter vom Rhein entfernt. Er lief gerne abends einfach immer am Fluss entlang und versuchte auf diese Art, von den Themen des Tages abzuschalten. Heute erwartete ihn eine viel schönere Überraschung, die er besser fand, als einfach nur zu joggen.

      Er war bestimmt seit einer halben Stunde immer kerzengerade am Rhein entlanggelaufen. Seine Aufmerksamkeit auf die Außenwelt war trotz der schönen Landschaft, die er wie seine Westentasche kannte, auf ein Minimum reduziert, als ihm eine hübsche Joggerin entgegenkam. Schlagartig funktionierten alle Sinnes-Systeme auf Anhieb. Auf einige Meter an ihn herangekommen, erkannte er die junge, hübsche Polizeibeamtin, die ihm die Unterlagen im Präsidium zusammengestellt hatte.

      „Ah, das ist ja eine schöne Überraschung“, sagte er lächelnd und ein wenig außer Puste.

      „Herr Walters, wie schön, Sie machen Sport am Rhein?“ Die blonde Polizeibeamtin war stehen geblieben und lächelte. Das Treffen schien ihr nicht unangenehm.

      „Wollen wir nicht ein paar Meter zusammen weiterlaufen?“, fragte Leon. „Dafür dürfen Sie gerne ‚Leon’ und ‚Du’ zu mir sagen.

      „Warum nicht, Leon? Sophie, Sophie Tillmann.“

      „Als Polizeibeamtin müssen Sie sicher trainieren, um immer fit zu bleiben?“ Leon versuchte ein Gespräch in Gang zu bringen.

      „Oh ja, es ist ja praktisch meine beste Lebensversicherung. Es heißt entweder schnell genug einem Verbrecher hinterherzulaufen oder, wenn es ganz dumm läuft, schnell genug wegzulaufen oder auszuweichen.“ Es klang so, als hätte sie die Frage vorher häufiger beantwortet. „Und nicht zu vergessen, für den Kollegen auf Streife bin ich praktisch seine Lebensversicherung und für ihn quasi mit verantwortlich. Stellen Sie sich einmal vor, der wäre fit, verfolgt mit einem Affentempo einen Täter, gerät in einen Hinterhalt und ich laufe 200 Meter hinterher. Das könnte tödlich für ihn enden.“

      „Ja, so habe ich es noch nie gesehen. Für mich ist es eine angenehme und gesunde Freizeitbeschäftigung. So schalte ich abends ab“, erklärte Leon. „Wollen wir vielleicht nachher eine Kleinigkeit essen oder trinken gehen?“ Er sah in der netten, hübschen Polizistin eine schöne Freizeitbeschäftigung für den Abend. Mit ihr könnte er die unangenehmen Themen sowohl verdrängen, eventuell genauso gut besprechen, wenn es sich ergeben sollte. Sie war ja quasi vom Fach.

      „Na, du gehst aber ran. Wieso eigentlich nicht? Ich muss erst morgen um 14:00 Uhr zur Spätschicht und meine Mitbewohnerin geht mit ihrem Ex ins Kino. Muss man sich mal vorstellen: mit dem Ex. Bescheuert, oder?“

      Leon glaubte, so etwas wie ein Singledasein zwischen den Zeilen zu hören, und damit würde der Abend vielleicht doppelt so spaßig.

      „Gut, dann treffen wir uns nach dem Duschen? Was hältst du vom Irish Pub?“

      „War lange nicht mehr da, könnte mir jedoch gefallen“, entgegnete Sophie spontan.

      „Fein, der Abend ist gerettet.“ Leon lächelte über das ganze Gesicht.

      „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, antwortete sie schlagfertig.

      Das reizte Leon natürlich. Er liebte schlagfertige Frauen.

      Das Laufen mit ihr machte ihm wirklich großen Spaß. Sie hatten fast das gleiche Lauftempo und für eine Frau schien sie extrem gut trainiert. Von der wunderschönen Figur her wären die einzigen Steigerungsmöglichkeiten gewesen, hinter ihr herzulaufen, schwimmen zu gehen oder eine Sauna zu besuchen. Doch wer wusste schon, ob das nicht früher oder später im Bereich des Möglichen liegen würde. Diese Gedanken gefielen Leon. Sie unterhielten sich über Koblenz, den Rhein, ihre Hobbys. Es war eine angenehme gemeinsame Stunde, offensichtlich wirklich für beide, wie Leon vermutete. Sie joggten dann an ihrer Wohnung in der Nähe der Koblenzer Altstadt vorbei und sie verabschiedeten sich für ein knappes Stündchen, damit jeder seiner Körperpflege in Ruhe nachgehen konnte. Leon versprach, Sophie wieder zu Hause abzuholen, denn sie wollten zunächst ins Irish Pub gehen und anschließend einfach sehen, wohin sie der Abend vielleicht noch verschlagen würde.

      Karaoke im Irish Pub

      Leon kam pünktlich an Sophies Haustür und klingelte.

      „Moment, ich komme runter.“

      „Mein lieber Schwan, hat die sich feingemacht, nicht wieder zu erkennen“, dachte Leon, als Sophie im kurzen Schwarzen aus der Tür trat. Sie konnte es sich wirklich leisten. Leon glaubte, noch nie so hübsche, wohlgeformte lange Beine gesehen zu haben und musste sich bemühen, nicht zu auffällig hinzusehen. Außerdem trug sie ihr langes blondes Haar mit ganz leichten Wellen offen, frisch gewaschen und geföhnt.

      „Hast du einen Waffenschein dabei?“, witzelte Leon.

      „Wieso, wie meinst du das?“, fragte Sophie scheinheilig lächelnd.

      „Na, toll siehst du aus. Dann werde ich heute wohl nicht lange allein das Vergnügen mit dir haben.“

      „Keine Sorge, ich bin eine ganz, ganz treue Seele. Wer mich abholt, darf mich bestimmt später wieder nach Hause bringen. Danke für das Kompliment.“ Sie lächelte Leon bei diesem Satz an und er bekam ganz weiche Knie.

      „Gehen wir?“, fragte sie.

      „Klaro.“ Er bemühte sich, ein wenig den obercoolen Macho zu mimen, in der selbstironischen Variante.

      Sie gingen fröhlich lachend bis zum Irish Pub nebeneinander her.

      „Leon, mir ist, als würden wir uns schon zwanzig Jahre kennen.“

      „Geht mir ebenso und ist mir wirklich ewig lange schon nicht mehr passiert.“

      Sie alberten herum wie Teenies und mir nichts dir nichts standen sie vor dem Pub. An der Eingangstür begrüßte sie ein großes Plakat: Heute Abend Karaoke – einfach trauen und mitmachen. Hauptpreis heute: ein Wochenende für zwei Personen, inklusive Flug, Vollpension sowie einem Musikabend in einem Irish Pub in Irland.

      „Fliegen wir zusammen nach Irland?“, fragte Leon.

      „Aber selbstverständlich. Welches Lied wollen wir denn darbieten?“ Sophie spielte Leons Spielchen mit. Sie ahnte nicht, dass er keine Witze über solche Themen machte.

      Die Atmosphäre im Pub war angenehm. Es war nicht zu voll, doch die Stimmung der meisten Gäste schien gut. Sie setzten sich zunächst im Obergeschoss an

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