Anarchistische Analysen zur Gegenwart. Jörg Djuren
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Das Kind lernt im sozialem Klonierungsprozess frühzeitig das Vaterzeit und Mutterzeit knapp bemessen und teuer sind, und es lernt gleichzeitig, daß sie eintauschbar ist gegen Geld, denn dafür gehen Papi und Mami arbeiten, und das sie auch eintauschbar ist gegen kindliches Wohlverhalten, oder gegen das Versprechen, mit dem Weinen aufzuhören, wozu natürlich auch gehört bei Zeiten zu lernen richtig loszuheulen. Das Kind lernt außerdem, daß es außer Vaterzeit und Mutterzeit alternativ auch Schokolade, neues Spielzeug oder einen Kinobesuch eintauschen kann. Alles ist ineinander umrechenbar.
Früh übt die Ware ihre souveräne Selbstvermarktung.
Die klassischen Konflikte mit den Eltern sind für dieses Subjekt hinfällig geworden. Statt durch Ausbildung eines Überichs wird das Kind zum Subjekt durch die Selbstobjektivierung als Ware unter anderen Waren. Das primäre Ziel wird die Erhöhung des eigenen Tauschwertes.
Da neue und alte, hegemoniale und alternative, Subjektdiskurse sich in jedem Subjekt überlagern und widersprechen ist die Subjektivierung nicht konfliktfrei, insbesondere in Zeiten des Überganges. Die Gleichzeitigkeit von Anforderungen, noch und schon gültiger, sich ausschließender Diskurse bringt das Subjekt in eine widersprüchliche Situation.
So führt der Warencharakter des Subjektes zu einer verstärkten Sexualisierung insgesamt und insbesondere auch zur Sexualisierung des Körpers von Männern und des männlichen Warensubjektes. In der Werbung ist dies bereits zu beobachten. Diese Sexualisierung birgt aber unter den bestehenden Gesellschaftsverhältnissen immer das Risiko auf ein verfügbares nicht souveränes Sexualobjekt reduziert zu werden.
Dies gilt insbesondere für Frauen, was sie, falls sie Mitarbeiterinnen14 oder wichtige Zuarbeiterinnen der MIS sind, also MIS-Bürgerinnen, vor fast unlösbare Widersprüche stellt. Sie sollen sich auf der einen Seite als souveräne Waren auch mit sexuellen Mitteln selbst vermarkten ohne sich zum verfügbaren Objekt zu machen, aber ganz Frau dabei bleiben und nicht zu männlich aktiv auftreten.
Aber auch für Männer der MIS-Schicht ist die sexuelle Selbstvermarktung nicht unproblematisch, ist dies doch für heterosexuelle bürgerliche Männer eine neue Anforderung und besteht doch auch hier die Gefahr in die Rolle des sexuell verfügbaren - 'schwulen' - Objektes gedrängt zu werden. Was im Fall heutiger Handelsbanker zu einer extrem heterosexistischen machistischen Selbstdarstellungspraxis führt15 . Eine Entwicklung die allgemein einhergeht mit einem aggressiven warenförmigen Zugriff auf Frauen und Kinder, der nicht zu den priveligierten MIS-BürgerInnen gehörenden marginalisierten Mehrheit der Bevölkerung, wie im Prostitutionstourismus sichtbar.
Außerdem kann die Ware nie ihre Versprechungen, die sie macht, erfüllen. Die Rakete unter dem Weihnachtsbaum fliegt halt nicht tatsächlich zum Mond, sie fliegt meist nicht einmal bis zur Zimmerdecke. Eine Ware zeichnet sich gerade dadurch als Ware aus, daß sie ihren Tauschwert über ihren Gebrauchswert erhöht, also mehr verspricht, als sie ist. Die neue reale Familie produziert so immer einen Überschuß an leeren Versprechungen, die sie nicht erfüllen kann.
Um die so enstehenden Bedürfnisse aufzufangen, wird die nach Effizienzkriterien organisierte reale neue Familienform der MIS-BürgerInnen durch die Familien-Simulation ergänzt. 1,5 Stunden am Freitag Abend immer von 18.oo bis 19.3o Uhr hat Papa für seine Tochter Zeit. In dieser 'Qualitätszeit' wird Familie simuliert. Und da die Simulation nicht die Widersprüche der Realität, die alltägliche Arbeit an der Optimierung des Warenwertes, aushalten muß, ist alles hier nun viel schöner, zumindest nachdem der Widerstand der Kinder gegen diese Zeitpraxis gebrochen ist16 . Die schöne neue Familien-Simulation kann so nach ausreichend Training, als Projektionsfläche für all die im Alltag des Warensubjektes nicht erfüllten Bedürfnisse fungieren.
Die Struktur der Auslagerung wesentlicher Teile der Familien('HausFrauen')arbeit aus der Familie und ihre Kommerzialisierung setzt dabei die sexistische Arbeitsteilung fort, nur das sie nun mit einer rassistischen Arbeitsteilung verschränkt wird. So sind es meist Frauen marginalisierter Bevölkerungsgruppen, z.B. 'Ausländerinnen' mit unsicherem Aufenthaltsstatus, die gezwungen17 werden diese Arbeiten gegen geringfügige Bezahlung zu übernehmen.
Dies gilt nicht nur für die westlichen Industrieländer und es geht hier nicht 'nur' um Haushaltshilfen sondern um die gesamte Billiglohnökonomie. Der Metropolenkapitalismus ist auf eine verfügbare Masse an Billigarbeitskräften, die Nachts die Banken putzen und für die/den BankerIn das Chop Suey kochen angewiesen18 . Die bevölkerungspolitische und frauenpolitische Strategie der Weltbank weist genau in diese Richtung. Durch Kleinstkredite zum Aufbau einfacher Dienstleistungen für die regionale MIS-Schicht und ihre ZuarbeiterInnen werden insbesondere Frauen im Trikont in diese Billigweltmarktökonomie integriert und von ihr abhängig. Zusätzlich zur direkten ökonomischen Vernutzung ergibt sich als Nutzen für das Kapital, daß die Frauen damit in die Lage versetzt und dazu angehalten werden, die Grundausbildung ihrer Kinder zu finanzieren. So können auch diese Kosten für die Ausbildung zukünftiger Arbeitskräfte auf die Frauen abgewälzt werden.
Die sexistische Spaltung verläuft nicht mehr zwischen dem souveränem Subjekt ('Mann') und der Ware ('Frau') sondern zwischen Waren, die sich souverän selbst vermarkten, eben den Führungsschichten der MIS und wichtigen ZuarbeiterInnen (Überwiegend 'Männer' aus wenigen reichen Ländern mit bürgerlichem Familienhintergrund), den MIS BürgerInnen, und Waren, denen es durch rassistische und sexistische Gesetze und Gesellschaftsstrukturen, z.B. durch das Aufenthalts- und Arbeitsrecht, unmöglich gemacht wird, sich souverän selbst zu vermarkten, und die sich zu Dumpingpreisen verschleudern müssen (Der überwiegende Teil der Frauen, die Bevölkerungen der Trikont-Länder und die ärmeren Schichten der Metropolen). Obwohl der Warencharakter, die Menschen in dieser Ideologie alle gleich macht, gibt es auch hier wie im Absolutismus eine klare Hierarchie der oberen und unteren Diener Gottes, also in diesem Fall der oberen und unteren Diener des freien Marktes, der wie Gott eine ideologische Fiktion im Interesse der Herrschenden ist.
Essen Sie mehr Christen!
Sie wissen doch, wenn Sie Menschen essen, eignen Sie sich die Eigenschaften dieser Menschen an.
Und Christen sind zivilisiert.
Wollen Sie nicht zivilisiert sein?
Falls es nicht wirkt müssen Sie einfach mehr Christen essen. Das ist wie mit der freien Marktwirtschaft, Sie haben halt nur noch nicht genug davon.
Ein wesentliches Moment dieser Hierarchie ist die, daß WeltbürgerInnentum der MIS-Klone ergänzende, Reteritorialisierung für die Beherrschten. Es wird ein immer ausdifferenzierteres System der Zuweisung an Bewegungsfreiheit aufgebaut. An deren einem Ende die MIS-BürgerInnen stehen, die sich überall bewegen und ihren Zugang zu Territorien auch militärisch erzwingen, und an deren anderem Ende zu Hungerlöhnen zwangsarbeitende Gefängnisinsassen, Kriminalisierte mit elektronischer Fußfessel, Menschen mit keiner oder beschränkter Aufenthaltsbefugnis und die Masse der Bevölkerung der Länder des Trikont stehen. Auf der städtischen Ebene bildet sich dies ab über No-Go-Areas für Obdachlose, DrogenutzerInnen und Farbige besonders in aufgewerteten Innenstadtbereichen. Auch im Internet zeigen sich mit vielfältigen Paßwortzugängen inzwischen Tendenzen zum Aufbau ähnlicher Strukturen.
EinE MIS-BürgerIn wird in vielen Fällen diese Barrieren nicht einmal mehr wahrnehmen, läuft doch die Zugangskontrolle im Internet inzwischen längst im Hintergrund automatisiert ab, und wird sie doch an den Außengrenzen bevorzugt behandelt, bzw. erledigt die MIS die Formalitäten.
Den meisten Menschen wird die Möglichkeit zur souveränen Selbstvermarktung genommen, sie müssen sich zu Zwangsbedingungen verkaufen.
Ideologisch