Killer ohne Gnade: Ein Jesse Trevellian Thriller. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Killer ohne Gnade: Ein Jesse Trevellian Thriller - Alfred Bekker страница 8
Ich wandte mich an Mendrowsky.
"Sie haben bei den Arbeiten zum neuen Bestienkiller-Film zugesehen?"
"Ja. Hin und wieder."
"Haben Sie gesehen, wie auf Mariano geschossen wurde?"
Mendrowsky schluckte.
Er druckste etwas herum und ich fragte mich, warum eigentlich. Er hatte doch nichts zu verlieren. Keiner glaubte, dass er der Killer war. Er hatte kein Motiv und auch nicht die nötigen Schießfertigkeiten. Im Moment gaben wir ihm eine Vorlage nach der anderen zu seiner Entlastung.
Eigentlich hätte es aus Leo Mendrowsky heraussprudeln müssen wie bei einem Wasserfall. Aber er blieb noch immer sehr zurückhaltend.
Mein Instinkt sagte mir, daß es dafür einen Grund geben musste.
"Ich zeige es Ihnen", sagte er dann.
"Okay", nickte ich.
Er hob die mit Handschellen zusammengeketteten Hände.
"Glauben Sie, das die wirklich nötig sind?"
"Sie haben gerade noch auf uns geschossen", stellte Milo fest. "Ist noch gar nicht so lange her...."
"Das war doch nur, weil..."
"Warum?", hakte ich sofort nach. Unsere Blicke begegneten sich. Er taxierte mich ab und biss sich auf die aufgesprungene Lippe. "Nichts", knurrte er.
"Für wen haben Sie uns gehalten?", beharrte ich.
Er schluckte.
"Für welche von denen..."
"Wer sind die?"
"Die zu dem Mann gehören, den ich gesehen habe. Ich hatte gedacht, Sie machen kurzen Prozess mit mir!"
*
Ich nahm Mendrowsky die Handschellen ab. Sofern er nicht die umgebaute Automatik in den Fingern hatte, wirkte er auf mich wenig furchteinflößend. Wir ließen uns von ihm in jenes Gebäude führen, von dessen Dach aus John Mariano getötet worden war. Außer Milo und mir begleiteten uns auch die Agenten Medina und Dillagio.
Wir betraten einen hässlichen Quader, schnell hochgezogen, um Büro und Lagerräume zu bieten. Jetzt eine Ruine. Es sah ebenso kahl und leergeplündert aus wie die anderen Gebäude auch. Nur hatte man hier noch keine Sprengungen und pyrotechnischen Tricks im Rahmen der Dreharbeiten eines Action-Reißers vorgenommen. Und so machte der Klotz einen verhältnismäßig wohnlichen Eindruck. Dazu kam, dass fast durchgängig die Fenster noch intakt waren.
Dafür hatte man von dieser Seite des Gebäudes aus noch nicht einmal freie Sicht auf den East River und die Silhouette von Downtown Manhattan, auf der anderen Seite dieser Meeresbucht, die seltsamerweise als "River" in allen Atlanten steht, seit irgendwer auf die glorreiche Idee kam, sie so zu nennen.
Mendrowsky zeigte uns sein Lager, das er in einem großflächigen Raum im dritten Stock aufgeschlagen hatte. Man hatte aus den Fenstern heraus eine hervorragende Sicht auf jene Stelle, an der John Mariano ermordet worden war.
Die weiße Markierung der Umrisse war von hier oben aus gut zu sehen.
In einer Ecke lagen Mendrowskys Habseligkeiten. Ein Schlafsack, ein Spirituskocher, ein paar Kartons.
"Ich war hier am Fenster", sagte er. "Und ich habe nach draußen geblickt... Mein Gott, all die Explosionen und das Theater. Und dann merkte ich plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Mariano sank zu Boden, obwohl er doch eigentlich immer der Gewinner in den Streifen ist!" Mendrowsky grinste schief. Er kratzte sich am Hinterkopf und deutete dann in Richtung der offenen Tür, durch die man in den Flur sehen konnte.
"Was geschah dann?", fragte ich.
"Ich hörte Schritte. Jemand rannte den Flur entlang. Ich war neugierig und schaute nach. Wenig später erreichte ich das Treppenhaus und sah hinab."
"Und?"
"Da war er."
"Er?"
"Ich habe ihn leider nur von hinten gesehen. Er rannte in Riesenschritten nach unten. So, als ob der Teufel hinter ihm her gewesen wäre..."
"Haben Sie ihn angesprochen?"
"Bin ich verrückt? Ich fand die Waffe. Er hatte sie einfach von sich geschleudert. Wahrscheinlich fürchtete der Kerl, dass die Sicherheitskräfte, die da unten tätig waren, ihn nicht vom Gelände lassen würden, ohne ihn gründlich zu durchsuchen. Aber die verloren schon in den ersten Momenten völlig die Kontrolle. Da lief nichts mehr geordnet zusammen, sag ich Ihnen, Sir. Ein einziges Chaos war das..."
"Wohin ist der Kerl verschwunden?"
"Ich habe ihn nicht mehr gesehen."
Jetzt mischte sich Milo ein. "Können Sie sich an irgendwelche Einzelheiten erinnern? Welche Haarfarbe hatte er zum Beispiel? Alter? Kleidung?"
Mendrowsky sah ihn etwas überrascht an. Er zuckte die Schultern. "Er war schwarzhaarig", erklärte er. "Und ich glaube, er trug eine Lederjacke..."
"Welche Farbe?"
"Braun - glaube ich. Irgendwie dunkel jedenfalls. Meine Güte, das ging alles so schnell..."
"Und die Pistole haben Sie mitgenommen..."
"Ja, ich bin mit Sack und Pack eine Weile hier ausgezogen, als die Polizei hier alles durchsucht hat. Eigentlich dachte ich, dass das alles längst vorbei wäre - das ganze Theater. Deswegen war ich auch so misstrauisch Ihnen gegenüber." Er atmete tief durch. "Ich dachte wirklich, Sie wären gekommen, um mich über den Jordan zu schicken..."
Milo und ich wechselten einen Blick miteinander.
Mein Partner zuckte die Achseln.
"Wir werden Sie mit ins Hauptquartier nehmen und dort ein ausführliches Protokoll von Ihrer Aussage machen", erklärte ich dann.
Mendrowsky nickte langsam.
Er nahm das hin, wie ein notwendiges Übel. Etwas, das man wie ein Gewitter über sich hinwegziehen lässt. Er beschwerte sich noch nicht einmal darüber.
Er verbirgt etwas, dachte ich. Ich konnte nicht sagen, was genau mich in diesem Augenblick zu dieser intuitiven Erkenntnis brachte. Vielleicht die Tatsache, dass Mendrowskys Erinnerungsvermögen manchmal ganz exakt und manchmal seltsam ungenau zu funktionieren schien...
"Eine Frage noch", sagte ich, als Orry ihn schon abführen wollte.
Mendrowsky drehte sich zu mir herum.
"Ja?"
Seine unruhigen Augen schienen nervös zu flackern.
"Was