Sealed. Stephan Kesper

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Sealed - Stephan Kesper

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Frau – Hendrik vermutete, dass ihr der Nissan gehörte – warf in weiter Entfernung einen Ball in die Dünen, damit ihr Hund danach suchte. Ansonsten hatten sie die weitläufige Bucht, die sich in beide Richtungen gute zwei Kilometer erstreckte, für sich alleine. Der Wind blies in starken, unregelmäßigen Böen vom Pazifik her und ließ sie die Kraft der Sonne nicht spüren.

      Hendrik betrachtete Rachel, sie reckte ihr Gesicht der Sonne zu und der Wind riss ihre Haare aus ihrem Gesicht. Einige Sommersprossen blühten auf ihrer Nase und den Wangen, die an diesem Tag besonders deutlich hervortraten. Sie bemerkte plötzlich, dass er sie beobachtete, drehte sich zu ihm um und gab ihm einen langen Kuss.

      Ihr »Picknik« bestand aus einer Tüte Cheetos, die Rachel gerade aufriss und einer Flasche Dr. Peppers.

      Rachel redete nicht viel, sie sah über das Wasser hinaus und schien in Gedanken versunken. Der Wind bemächtigte sich der Tüte Cheetos und riss sie einige Meter über den Sand. Hendrik sprang hinterher und ergriff sie, bevor sie weiter wegfliegen konnte. Rachel stand plötzlich neben ihm: »Wenn wir zu diesem blöden Teleskop fahren, versprichst du mir, dass du nicht die ganze Zeit mit meinem Vater zusammen sein wirst?«

      Er sah ihr in die Augen und erkannte, dass sie sich Sorgen machte. Sorgen, dass sie nicht das Wichtigste für ihren Vater sein könnte.

      »Ich will nicht, ... du weißt schon ... das fünfte Rad am Wagen sein.«

      Hendrik lächelte sanft und strich ihr Haarsträhnen aus dem Gesicht.

      »Du hast keine Ahnung, wie wichtig du für uns bist«, er legte ihr einen Arm um die Schulter und führte sie zurück zur Decke.

      »Ich glaube, dein Vater will uns mitnehmen, weil er mit dir zusammen sein will. Ich bin nur die Ausrede.«

      Sie hielt ihn an und drehte ihn zu sich um. Sie sah in seine Augen, als ob sie zu erkennen versuchte, ob er auch wirklich die Wahrheit sagte.

      Dann zog sie ihn auf die Decke und küsste ihn innig.

      * * *

      Zwei Wochen später stand früh morgens Manchester mit seinem BMW vor dem Haus der Prescotts. Als Hendrik das Ritual der Verabschiedung mit diversen Umarmungen seiner Mutter, einem kräftigen Händedruck und einer kurzen Umarmung seines Vaters hinter sich gebracht hatte, sah er, wie Rachel ihn durch die Scheibe des Wagens anstrahlte. Sie hatte ihre Ansicht gegenüber diesem Ausflug in den letzten Tagen geändert. Sie freute sich ernsthaft und vielleicht – so dachte Hendrik – konnte er wie ein Katalysator wirken, damit sie und ihr Vater wieder ins Reine kamen.

      Manchester ging um das Heck des Wagens herum und kam über den Rasen zu Hendriks Eltern.

      »Ich werde gut auf ihn aufpassen«, sagte er und schüttelte ihre Hände.

      Hendrik ging zum Kofferraum des BMWs und warf seine Tasche hinein. Dann setzte er sich auf die Rückbank und berührte von hinten Rachels Schulter. Sie trug ein Spaghetti-Träger Shirt, sodass er ihre warme Haut spürte. Sie drehte ihren Kopf, lächelte ihn an und berührte sanft seine Hand.

      Manchester hielt noch einen kurzen Smalltalk mit Hendriks Eltern und verabschiedete sich dann ebenfalls.

      Der Wagen fuhr elektrisch, ohne ein Geräusch an und Hendrik sah durch die Scheibe, wie seine Mutter einige Tränen vergoss.

      »Ich weiß gar nicht, warum sie so einen Aufstand macht. Ich bin nicht zum ersten Mal unterwegs«, sagte er mehr zu sich selbst.

      Sie fuhren nach North Bend, wo Manchester den Wagen am Flughafen abstellte. Zwei Stunden später landeten sie in Phoenix, Arizona. Mit einem Mietwagen ging es in die Wüste hinein.

      Sie verließen die Stadt und folgten dem wie mit einem Lineal gezogenen Highway 60, parallel an einer Bergkette entlang, deren Ende weit jenseits des Horizonts lag. Nachdem sie die letzten Häuser hinter sich gelassen hatten, bestand die Landschaft nur noch aus vertrockneten Büschen und gelblichem, trockenem Boden. Vereinzelt ragten Kakteen zwei, drei Meter in die Höhe. Gegen Mittag machte der schnurgerade Highway eine Kurve nach links, endlich fuhren sie auf die Berge zu, die allerdings immer noch so weit in der Ferne lagen, dass sie keine Einzelheiten erkennen konnte.

      Hendrik musste eingedöst sein, er schreckte hoch, als der Wagen stehen blieb. Sie standen an einer Zapfsäule und Manchester tankte den Wagen voll, bevor sie tiefer in die Berge kamen. Mit einem elektrischen Wagen konnte man sich nicht über so weite Strecken trauen, ohne zu riskieren, im nirgendwo liegen zu bleiben.

      Rachel zog Hendrik aus dem Wagen und ging mit ihm in die künstliche Kälte des Verkaufsraumes. Sie standen an der Tiefkühltruhe mit bunten Eis-Packungen, als Manchester zu ihnen kam.

      »Ich werde noch einen Kaffee trinken«, sagte er abwesend, deutete auf etwas, das sich außerhalb der Tankstelle befand und ging zur Kassiererin.

      Rachel wusste offensichtlich, was das bedeutete und legte das Eis, das sie sich ausgesucht hatte, wieder zurück. Sie folgten ihrem Vater zum Wagen. Er fuhr keine fünfzig Meter weiter zu einem Restaurant. Ein hässliches, flaches Gebäude, das früher einmal jemand lieblos mit gelber Farbe angestrichen hatte. Überall blätterte sie ab und hinterließ grauen Beton. Große, staubige Fensterscheiben gaben den Blick ins Innere frei und über dem Eingang hing ein Schild: »Jim's Highway Diner«.

      Am Eingang empfing sie eine Welle kalter Luft sowie eine blondierte Kellnerin mit dunklen Augenbrauen und zu viel Make-up. Wenn sie redete, sah Hendrik, dass Lippenstift an ihren Zähnen klebte. Er sah sich um, fand aber niemanden, der wie ein Jim aussah. Manchester bestellte einen Kaffee, Rachel eine Diet-Coke und Hendrik ebenfalls einen Kaffee, er wollte die Fahrt nicht vollständig verschlafen.

      »Ganz schön langweilige Gegend, was?«, fragte Rachels Vater, als die Kellnerin hinter dem Tresen verschwand.

      Hendrik nickte nachdrücklich. Rachel schwieg und las weiter die Karte durch.

      »Wollt Ihr etwas essen? Könnte noch eine Weile dauern, bis wir ankommen und ich habe keine Ahnung, ob wir zwischendurch noch einen Stopp machen können.«

      »Ich nehme ein Club-Sandwich. Wenn es zu viel ist, kann ich den Rest mitnehmen«, sagte Rachel bestimmt.

      Hendrik stimmte zu: »Gute Wahl, das nehme ich auch.«

      Als die Kellnerin die Getränke brachte, bestellten sie drei Club-Sandwiche und warteten.

      »Wie lange wird es noch dauern, Mr. Manchester?«

      »Ich schätze noch etwa zwei Stunden, aber auf den Bergstraßen weiß man nie, wie man durchkommt. Und du kannst mich ruhig James nennen, wenn wir von nun an zusammenarbeiten«, er zwinkerte mit seinem linken Auge.

      »Okay, James«, Hendrik musste lachen.

      Als die Sandwiche kamen, traute Hendrik kaum seinen Augen. Er schätzte, dass eine kleine Familie davon hätte satt werden können.

      Sie bestellten sofort einiges an Alu-Folie, in der Gewissheit, dass eine Portion für sie drei gereicht hätte.

      Als sie nach dem Essen aus dem Restaurant kamen, schlug ihnen die heiße Luft wie ein dickes Kissen ins Gesicht. Es fiel ihnen schwer, die zähe Luft zu atmen, der Asphalt unter ihren Füßen brannte durch ihre Schuhe hindurch und die Sonne begann unmittelbar, auf jede unbedeckte Stelle der Haut einzustechen. Sie gingen so schnell wie möglich zum Wagen, aus dem sie erst

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