Gorloin. Thomas Hoffmann

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Gorloin - Thomas Hoffmann Leif Brogsohn

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im vergangenen Jahr schon einmal gegangen. Sie hatte das von den Menschen der Ebene bewohnte Land mit eigenen Augen sehen wollen, war aber nicht hinabgestiegen ins Grenzfürstentum. Ohne ihren Orientierungssinn hätten wir uns womöglich wieder verlaufen in den unzähligen Seitentälern der Bergwelt, aber Aeolin fand ihren Weg über Pässe, schneebedeckte Hochebenen und durch bewaldete, tief verschneite Täler ohne ein einziges Mal zu zögern. Die beiden Elbenkriegerinnen fanden reichlich Jagdwild und oft saßen wir bis spät in die Nacht am Lagerfeuer unter einem großartigen Sternenhimmel und lauschten Lyanas Flötenklängen und ab und zu einem Lied von Kat.

      Wann immer sich die Gelegenheit bot, übte ich mich in der Elementarmagie der Blitze.

      „Geh weg mit deinem Hokuspokus, du fackelst uns noch das Lager ab!“ schimpfte Kat, wenn es wieder einmal unverhofft in der Nähe krachte.

      Das Wetter blieb günstig. Am vierten Tag unserer Wanderung begann es zu schneien, aber es wurde kaum kälter und die trudelnden Schneeflocken konnten unsere Laune nicht dämpfen. Kat lief lachend durch den frischen Schnee und sie und Sven bewarfen sich übermütig mit Schneebällen.

      „Deine Schwester und dein Bruder sind wie junge Rehkitze,“ meinte Aeolin mit einem angedeutetem Lächeln zu mir.

      Auch ich musste lächeln - über die nüchtern zurückhaltende Art des Elbenmädchens, von der ich bereits wusste, dass sich hinter ihrer äußeren Gelassenheit die Wildheit und Unberechenbarkeit eines Pumas verbarg, wie über die Ausgelassenheit von Kat und Sven. Ich nahm eine Handvoll Schnee und warf Kat einen Schneeball nach.

      Unsere Fahrt über das Gebirge verlief ohne Zwischenfälle. Keine feindlichen Zwergenhorden fielen über uns her, keine Stürme hinderten unser Vorankommen. Auch von den wütenden Höhlenwesen, die uns auf der Wanderung durch das Norkarer Gebirge angefallen hatten, sahen wir keine Spur. Gegen Mittag des siebenten Marschtages stiegen wir von verschneiten Bergrücken eine breite, abwärts führende Rinne hinab, die ein Bach in den Felsen ausgehöhlt hatte. Hinter den Fichten, die sich mit ihren langen Wurzeln am Ufer des vereisten Bachs an den Fels klammerten, ragten keine Gipfel mehr auf. Wir hatten das Gebirge durchquert und stiegen in die Greifenhorster Talebene hinab.

      Langgezogener, grollender Donner hallte uns vom Talausgang her zwischen den Felswänden entgegen. Alle fünf blieben wir stehen und lauschten.

      „Ein Gewitter unten im Tal?“ wunderte sich Sven. „Bei klarem Himmel?“

      Kat schüttelte den Kopf. „Geschützdonner.“

      Wir starrten sie an. Keiner von uns hatte jemals das Krachen von Feldschlangen oder das Rumpeln von Basilisken gehört.

      „Der Krieg dauert noch immer an!“ murmelte Kat entsetzt. „Seit über einem Jahr nun schon!“

      6.

      Zwischen von jungen Fichten überwucherten Felsblöcken hindurch und über umgestürzte Stämme kämpften wir uns das Flusstal hinab. Mit unserem Lastesel kamen wir nur langsam voran. Fedurin beharrte auf seinem eigenen Weg zwischen schneebedeckten Steinen und Geröll. Irgendwann hörte Kat auf, an der Halfterleine zu zerren und ließ den Esel vorangehen.

      Wieder und wieder hallte Geschützdonner aus dem Tal herauf. Beklommen stiegen wir abwärts. Die rumpelnden Donnersalven weckten in mir die Vorstellung, in eine fremdartige, unbekannte Hölle hinabzusteigen. Sven und Lyana schien es ähnlich zu gehen. Wir wechselten unruhige Blicke. Aeolins Gesicht wirkte versteinert. Kat ging gefasst mit zusammengepressten Lippen neben Fedurin her.

      Nach einer Stunde mühseligen Abstiegs verbreiterte sich das Tal. Zwischen von den Talwänden heruntergebrochenen Felsen stand dichtes Buschwerk. An vielen Stellen war das Geäst so dicht, dass der frisch gefallene Schnee es vollkommen zudeckte. Wir blickten uns nach einem gangbaren Weg durch das überwucherte Tal um, als Aeolin und Lyana innehielten. Lyana machte Kat, Sven und mir ein Zeichen, still zu sein. Mit zusammengekniffenen Augen spähten die Elbenmädchen zwischen den verschneiten Fichten hindurch.

      „Rauch,“ erklärte Aeolin leise, „von mehreren Lagerfeuern. Keine hundert Schritt entfernt unter uns im Tal.“

      Kat zeigte auf die Felswand zur Linken. „Vielleicht können wir uns zwischen den Felsblöcken und der Talwand hindurchschleichen, bis wir sehen, worum es sich handelt.“

      Zwischen der steilen Felswand und großen Felstrümmern klaffte eine von Unterholz freie Lücke, die auf einer Strecke von mehreren Manneslängen breit genug war, um auch für den bepackten Esel noch gangbar zu sein. Aeolin lief voraus und winkte uns dann, ihr nachzukommen. Einer nach dem anderen gingen wir den Spalt entlang. Wo Aeolin auf uns wartete, verbreiterte sich der Spalt zwischen zwei großen Felsblöcken. Eine Lücke führte ins Tal hinaus. Der hintere Felsblock war etwas mehr als mannshoch.

      Aeolin deutete hinauf. „Von dort haben wir einen Blick auf die Lagerfeuer, ohne sofort gesehen zu werden.“

      Lyana und sie holten Bogensehnen hervor und spannten ihre Bögen auf. Behände stiegen sie auf den Felsen. Kat und ich wechselten einen kurzen Blick und kletterten den beiden hinterher. Sven war die Kletterei im Kettenhemd zu mühsam. Er blieb bei Fedurin.

      Die Elbenmädchen lagen vorn an der Kante flach auf dem Felsen. Vorsichtig krochen wir zu ihnen. Vom Felsen aus konnten wir zwischen Fichtenstämmen hindurch den flachen Hang überblicken, über den der Gebirgsbach in die bewaldeten Hügel vor der Ebene hinabfloss. Beim Talausgang war der Waldboden von Unterholz gelichtet worden. Männer und Frauen in schäbiger Kleidung scharten sich um ein halbes Dutzend Lagerfeuer. Es waren auch Kinder dabei. Ein paar Männer hatten lederne Brustpanzer, manche Helme. Nur wenige trugen Schwerter oder lange Dolche. Spieße lehnten an den Baumstämmen. Ich sah auch Bögen und Pfeilköcher. Weiter hinten standen aus Brettern gezimmerte Hütten oder Schuppen. Sie sahen aus, als wären sie schnell und ohne Sorgfalt errichtet worden. Über zweien oder dreien der Lagerfeuer hingen Kessel.

      „Ein Flüchtlingslager!“ flüsterte ich.

      Kat schüttelte den Kopf. „Für Flüchtlinge sind sie zu gut bewaffnet.“

      „Freischärler?“ überlegte Lyana.

      „Wenn sie Freischärler wären, würden sie sich nicht im Wald verstecken,“ meinte Kat leise. „Und für Kriegsvolk sind sie wiederum zu schlecht bewaffnet. Nein, ich glaub', das ist Räubergesindel - Plünderer, Wegelagerer der schlimmsten Sorte!“

      „Wie geübte Krieger sehen die wirklich nicht aus,“ fand ich. „Aber es sind ziemlich viele. Kommen wir ungesehen an denen vorbei?“

      Lyana und Aeolin spähten die Felswand entlang.

      Die beiden wechselten einen Blick, dann meinte Lyana: „Kaum möglich. Hinter den Felsen wird es zu eng. Und davor haben wir keine Deckung zum Lager hin. Vielleicht in der Nacht - aber ohne aufzufallen mit dem Esel am Lager vorbei? Wahrscheinlich stellen sie Wachen auf.“

      Wir schlichen zurück hinter den Felsen und besprachen die Lage mit Sven.

      „Das Flusstal hinauf in die Berge zurück und einen anderen Abstieg suchen?“ überlegte Kat.

      Sven runzelte die Stirn. „Schlecht bewaffnetes Räuberpack, sagt ihr? Lassen wir uns von denen einschüchtern? Wir gehen einfach durchs Lager hindurch! Vermutlich werden sie uns in Ruhe lassen, wenn sie unsere Waffen sehen.“

      „Sie haben auch Bögen,“ gab ich zu bedenken.

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