Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Alessia kommt zur Theke zurück und zeigt mir, wie sie die Kuchen auf die Teller stellt, Kuchengabeln gekonnt in die Kuchenstücke steckt, dass sie halb auf dem Teller liegen, aber trotzdem nicht durch die Gegend purzeln. Dann stellt sie die Unterteller und Kaffeetassen auf kleine Tabletts, legt Zucker und Milch dazu und stellt an jede Tasse ein Glas kaltes Leitungswasser. Dann zeigt sie mir die Bedienung der Kaffeemaschine.
Die Gäste möchten zwei Cafe latte Macchiato und zwei Cappuccino. Ich sehe Alessia zu, wie sie alles zubereitet und zu dem Tisch bringt. Dann geht sie zu den anderen Gästen, die bezahlen wollen. Als sie wieder an den Tresen kommt und ich dem Pärchen zusehe, wie es sich von den Stühlen erhebt und er ihr in die Jacke hilft und sogar die Tür aufhält und uns ein freundliches: „Bis bald!“, zuruft, lächele ich Alessia an. „Die sind aber nett.“
Sie schmunzelt und um ihre braunen Augen ziehen sich unzählige kleine Fältchen. „Die kommen jeden Nachmittag.“
Ich gehe zu dem kleinen Tisch und hole die zwei Kaffeetassen an die Theke. Alessia putzt den Tisch ab.
„Meinst du, du hättest Lust hier zu arbeiten?“, fragt sie mich nach meinem ersten Eindruck und ich nicke.
„Magst du heute schon hierbleiben und weiter zuschauen?“
„Ja, gerne“, sage ich begeistert.
So vergeht der Nachmittag wie im Flug. Ich darf schon einige Café Macchiato caldo, Café Latte Macchiato und Cappuccino mit Milchschaumverzierungen machen, und alle Kuchensorten kann ich bald aus dem FF.
Alessia freut sich über meine Wissbegierde und hält mich für ein Coffeemaker-Talent. Außerdem gefällt ihr, wie ich mit den Gästen umgehe, die mir alle sehr freundlich begegnen. Sie sagt, dass nicht jeder die Ausstrahlung hat und den Leuten ein Lächeln auf die Gesichter zaubert. Dann erzählt sie mir von ihrer Heimat Italien und den sonnigen Gemütern dort.
Als wir um halb acht alles sauber haben und sie hinter uns die Tür abschließt, freue ich mich schon auf den nächsten Nachmittag, an dem ich kommen darf.
„Wie ist es mit Montag?“, fragt sie.
„Ich komme gerne“, freue ich mich über meinen Job und bin richtig glücklich.
„Dann bis Montag.“
Sie geht und ich bleibe unschlüssig stehen und weiß erst nicht, was ich als Nächstes machen möchte. Am liebsten würde ich jemanden anrufen und von meinem neuen Job erzählen. Aber wen? Meine Eltern wage ich nicht anzurufen, weil sie bei Julian waren und bei ihnen die Stimmung bestimmt wieder voll am Boden ist. Marcel fällt auch aus. Tim ist bestimmt mitten in seinen Auftrittsvorbereitungen und Ellen soll noch gar nichts davon wissen. Also gibt es niemanden.
Ich schlendere erneut durch die Fußgängerzone und überlege, ob ich mir ein Hähnchen vom Kochlöffel gönnen soll. Alessia hatte mir zwanzig Euro in die Hand gedrückt, obwohl ich nichts haben wollte. Ab Montag bekomme ich acht Euro die Stunde. Ich freue mich riesig darüber und nehme mir schon mal vor, mich bis dahin noch über alle Kaffeesorten und Kuchen ausführlich schlau zu machen. Ich möchte unseren Gästen etwas bieten.
Ich nehme mir die andere Seite der Geschäfte vor und bestaune die Auslage … und träume auch schon davon, mir mal was kaufen zu können.
Beim Kochlöffel suche ich mir im oberen Stockwerk einen Platz und esse ein halbes Hähnchen. Ich esse es sogar ganz auf. Tim wäre stolz auf mich.
Als ich den Imbiss wieder verlasse, ist es kurz nach acht und ich beschließe nach Hause zu fahren. Auf halbem Weg zum Bahnhof klingelt mein Handy. Es ist Ellen und ich nehme ab. „Hallo Ellen.“
„Hey, wo steckst du? Hast du Lust mit uns heute noch irgendwohin zu gehen? Du darfst auch aussuchen.“ Sie klingt gut gelaunt und in Partystimmung.
Ich würde schon gerne. Aber ich weiß, dass Erik auch da sein wird … oder zumindest durch Ellen erfahren wird, wo er uns findet.
Ich möchte ihn nicht sehen. Schon der Gedanke an ihn lässt mein Herz wehleidig aufseufzen. Sein Lachen und sein Blick hatten mich heute schon genügend verunsichert und ich weiß, sie können mich in meinen Grundfesten erschüttern.
„Ne, lass mal. Ich fahre jetzt nach Hause.“
Einen Augenblick ist es still in der Leitung. Die Ruhe vor dem Sturm.
„Du bist noch in der Stadt? Dann fährst du auf keinen Fall nach Hause. Komm, ich gehe heute auch mit dir ganz allein los. Keiner kommt mit. Nur du und ich. Bitte!“
Wer es glaubt.
„Ellen, dass klappt eh nicht. Das weißt du. Daniel und Erik sind immer überall aufgetaucht, wo wir waren.“
Sie brummt: „Nah und! So schlimm ist das doch nicht. Ich kann denen doch nicht verbieten, auf Partys zu gehen.“
„Das brauchst du auch nicht. Ich fahre jetzt nach Hause und wünsche euch viel Spaß.“
Abermals ist es einige Zeit still in der Leitung, weil Ellen sich bestimmt weitere Argumente einfallen lässt. Doch sie brummt nur: „Wenn du meinst. Aber dann morgen! Morgen bestehe ich drauf, dass du mir wieder etwas von deiner Zeit schenkst.“
„Ich schau mal. Wir telen dann noch. Ich muss mich morgen noch mit Marcel treffen. Ich habe es ihm versprochen. Mal sehen, wie ich dann drauf bin.“
„Aha! Wozu müsst ihr euch treffen?“
„Er will mit mir noch mal über alles reden.“
„Und dich erneut um den Finger wickeln?“, giftet sie.
„Ich glaube nicht, dass ich mich noch von irgendjemandem um den Finger wickeln lasse“, antworte ich nur.
„Okay“, sagt sie und lässt das Thema lieber fallen. „Du lässt dich also nicht erweichen und kommst mit mir mit?“
„Nein“, sage ich nur kurz angebunden, weil etwas in mir mit meiner Antwort nicht zufrieden ist.
„Dann ruf mich bitte morgen an. Oder ich rufe dich besser an. Du machst das eh wieder nicht. Mittlerweile kenne ich dich, wenn du so drauf bist. Also bis morgen. Und solltest du doch noch Lust haben mitzukommen, dann ruf einfach an. Wir holen dich dann ab, egal woher.“
„Danke. Rechnet da aber nicht mit“, sage ich und muss schmunzeln. Ellen kann so schlecht lockerlassen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Wie ihr Bruder.
„Schönen Abend noch“, raune ich und werde doch etwas wehmütig. Etwas drängt mich zuzusagen und ich weiß genau, was es ist. Deshalb gebe ich nicht nach.
„Dir auch, Carolin“, sagt sie und ihre Stimme klingt gar nicht mehr unternehmungslustig und in Partystimmung. Sie denkt sich bestimmt, dass ich jetzt traurig nach Hause schleiche und wegen Marcel und allem Drumherum unglücklich bin. Sie hat natürlich nicht ganz unrecht. Marcel fehlt mir. Und Erik auch.
Ich lege auf, den Bahnhof schon vor mir sehend. Hoffentlich erreiche ich noch den Bus um halb neun.
Ich laufe los und schaffe es gerade noch zum Busbahnhof, als mein Bus vor der Haltestelle hält. Es ist der letzte Bus, der abends noch fährt und mit dem ich bis nach Alfhausen