Verwildert. George Monbiot

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Verwildert - George Monbiot

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existiert. Sie ist eine Kreuzung der Schottischen Wildkatze mit einer verwilderten Hauskatze. Oft wurde berichtet, sie habe die Größe eines Leoparden. Tatsächlich maß das größte je erlegte oder gefangene Exemplar 110 cm vom Kopf bis zum Schwanz, was immer noch kleiner ist als die größten Wildkatzen. Besonders schwierig dürfte es sein, die Größe eines schwarzgefärbten Tiers zu beurteilen.

      Der Psychologe Richard Wiseman erklärt in seinem Buch Paranormalität:

      

      Viele Menschen denken, dass menschliche Beobachtung und Erinnerung wie ein Videorekorder oder eine Filmkamera funktionieren. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein […]. Zu jedem Zeitpunkt haben Ihre Augen und Ihr Gehirn nur die Verarbeitungskapazität, um einen sehr kleinen Teil Ihrer Umgebung anzusehen […], um sicherzustellen, dass wertvolle Zeit und Energie nicht für bedeutungslose Details verschwendet werden, identifiziert Ihr Gehirn rasch dasjenige, von dem es meint, dass es sich um die bedeutsamsten Aspekte Ihrer Umgebung handelt, die es als wichtig erachtet, und konzentriert nahezu seine gesamte Aufmerksamkeit auf diese Bestandteile.14

      Das Gehirn, so Wiseman, scannt die Szenerie, wie eine Taschenlampe ein dunkles Zimmer ableuchtet. Die Lücken füllt es aus und konstruiert aus den Teilinformationen ein vermeintlich komplettes Bild.

      All dies erklärt jedoch nicht, warum Sichtungen von Großkatzen in den letzten Jahren häufiger geworden sind. Auch wenn das Phänomen anscheinend besonders stark in Großbritannien auftritt, ist es nicht nur auf die Insel beschränkt. Es sind auch zahlreiche Sichtungen in anderen Teilen Europas, in Australien und in Gebieten Amerikas gemacht worden, in denen es schon lange keine Pumas oder Jaguare mehr gibt. Seit Jahrhunderten leben verwilderte Hauskatzen auf dem Land, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, und mir sind auch keine Anzeichen bekannt, dass heute ein größerer Anteil als früher schwarz sein sollte. Es könnte sein, dass ihre Population mit dem Nachlassen der Jagdtätigkeit angewachsen ist, aber das müsste mit dem Umstand aufgerechnet werden, dass wir weniger Zeit im Freien verbringen. So ist es eher unwahrscheinlich, dass die um sich greifende Katatonie auf eine zunehmende Begegnung mit Miezekatzen zurückgeht.

      Jede Gesellschaft ist von bestimmten paranormalen Phänomenen affiziert, und diese Phänomene reflektieren offenbar unsere Sehnsüchte. Sehnsüchte, die uns nicht unbedingt völlig bewusst sind. Im viktorianischen England glaubten zahlreiche Menschen, dass ihnen die Toten erscheinen und mit ihnen kommunizieren würden. Sie sahen Gespenster, hörten Stimmen und wähnten, sie könnten durch Séancen und Tischerücken mit den Verblichenen Botschaften austauschen. Die Menschen dieser Epoche waren vom Tod besessen. Man muss nur über einen alten Friedhof spazieren und die tragischen Geschichten jener Zeit lesen: Kinder und Ehepartner wurden bisweilen innerhalb weniger Tage von den Epidemien, die seinerzeit in den überfüllten Städten grassierten, dahingerafft. Damals befand sich das Land in einem Zustand nie endender Trauer. Die Vorstellung, dass die Toten in das diesseitige Leben zurückkehren könnten, muss ebenso tröstlich gewesen sein wie der Glaube, sich im Jenseits wieder mit ihnen vereint zu finden. Heute sind Nachrichten über Kontakt mit den Toten nur noch selten.

      Als der Wettlauf ins All zwischen den USA und der Sowjetunion auf der ganzen Welt die Fantasie der Menschen beschäftigte, nahmen die Sichtungen von UFOs und Aliens, die zuvor so gut wie unbekannt waren, um ein Vielfaches zu. Es war eine Zeit, in der wir große Hoffnungen in das Veränderungspotenzial der Technik setzten. Damals stellten sich viele Menschen vor, auf anderen Planeten zu leben und durch Galaxien und die Zeit zu reisen. Es war auch die Zeit, in der die Welt kleiner wurde und uns bewusst wurde, dass das Zeitalter der Entdeckungen auf der Erde und der Begegnung mit noch unbekannten Menschengruppen zu Ende ging; dass der Planet Erde womöglich ein weniger aufregender Ort wurde und sicherer war als bislang. Aliens und ihre Fertigkeiten füllten die Lücke, elektrisierten uns mit der Möglichkeit, dass Begegnungen mit unbekannten Kulturen weiterhin möglich seien, und stellten zugleich das Versprechen dar, dass auch wir jene Beherrschung von Technik und Physik erreichen würden, die wir den Außerirdischen zuschrieben. Heute hören wir nicht mehr so viel über UFOs – vielleicht weil unser Glaube an die erlösende Kraft der Technik nachgelassen hat. Könnte es also sein, dass herbeifantasierte Großkatzen einem unerfüllten Bedürfnis entspringen? Jetzt, da unser Leben zahmer und vorhersehbarer geworden ist, da Fülle und Vielfalt der Natur zurückgehen, da unsere körperlichen Herausforderungen so gering geworden sind, dass die größte Kraft- und Geschicklichkeitsprobe, mit der wir es heute zu tun bekommen, das Öffnen einer schlecht entworfenen Nusspackung ist, könnte es da nicht sein, dass uns diese illusorischen Kreaturen etwas liefern, das uns mangelt?

      Vielleicht verleihen die Biester, die so viele Menschen heute in den dunklen Ecken des Landes auf der Lauer wähnen, unserem Leben einen Kitzel, den wir uns sonst nur künstlich verschaffen können. Vielleicht wecken sie alte genetische Erinnerungen an Konflikte und schieres Überleben, Erinnerungen, die Begegnungen mit großen Raubkatzen beinhalten dürften – womöglich die heikelsten Zusammenstöße, denen unsere Ahnen ausgesetzt waren. Sie verweisen auf den geheimen Wunsch nach einem Leben, das wilder und stürmischer ist als das Leben, das wir heute führen. Mit gelben Augen und fauchend stieren unsere Sehnsüchte aus dem Dickicht unseres Verstands.

      Ich nehme an, und ich verallgemeinere natürlich, dass die Konkretisierung unserer inneren Großkatzen nicht das einzige Phänomen ist, das auf ein solches Verlangen verweist. Man vergegenwärtige sich nur die verbreitete und andernfalls unerklärliche Reaktion auf den Tod von Raoul Moat. Moat wurde 2010 aus dem Durham-Gefängnis entlassen, nachdem er eine Freiheitsstrafe wegen Kindesmisshandlung abgesessen hatte. Mit einer abgesägten Schrotflinte und vielleicht von »Roid Rage« gepackt – jener explosiven irrationalen Wut, wie sie Bodybuilder bei Einnahme von Steroiden befällt – zog er los, um mit seiner früheren Freundin und der Polizei eine vermeintliche Rechnung zu begleichen. Er schoss seiner Ex-Partnerin in den Bauch und tötete ihren Freund, dann feuerte er einem Polizisten ins Gesicht, der dadurch erblindete.

      Polizeibeamte aus acht Polizeieinheiten wurden mobilisiert, um ihn dingfest zu machen, aber fast eine Woche lang konnte er immer wieder entkommen. Er lebte im Freien, schlief in Abwasserkanälen und verlassenen Gebäuden. Auf dem Höhepunkt der Fahndung waren zehn Prozent der diensthabenden Polizeibeamten in England und Wales für seine Jagd im Einsatz. Teile von Northumberland wurden evakuiert. Als er schließlich gestellt wurde, hielt Moat die Polizei sechs Stunden hin, bevor er sich selbst in den Kopf schoss.

      R.I.P. Sir Raoul Thomas Moat – Ein wahrer Volksheld. Sir Raoul wurde von der Polizei Northumbrias kaltblütig ermordet. Wer das Geräusch einer abgefeuerten Schrotflinte kennt, weiß, dass er sich nicht umgebracht hat. Wir werden dafür kämpfen, dass dir, unserem tapferen gefallenen Soldaten, Gerechtigkeit widerfährt.

      R.I.P. Raoul, Du warst ne echte LEGENDE! Werden dich vermissen, Kumpel! Wären doch die Leute wie du, nicht lange rumreden und tun, was

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