Verwildert. George Monbiot

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Verwildert - George Monbiot

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und frühen einundzwanzigsten Jahrhundert eine von Zerstörung und Entwürdigung gekennzeichnete Behandlung erfahren. In dem Versuch, dieses Gemetzel zu stoppen, haben Umweltschützer deutlich erklärt, welche Dinge die Menschen unterlassen sollten. Das Argument, das wir anführten, lautete, dass bestimmte Freiheiten – die Freiheit, der Umwelt Schaden zuzufügen, sie zu verschmutzen und zu vergeuden – eingeschränkt werden müssten. Für Verfügungen dieser Art gibt es gute Gründe, im Gegenzug aber hatten wir bisher nur wenig zu bieten. Wir haben lediglich darauf gedrungen, dass die Leute weniger konsumieren, weniger reisen, nicht unbekümmert, sondern mit Bedacht leben, den Rasen nicht betreten sollen. Da wir keine neuen Freiheiten im Austausch gegen die alten anzubieten haben, werden wir oft für Asketen, Spielverderber und Pedanten gehalten. Wir wissen, wogegen wir sind; jetzt heißt es erklären, wofür wir eintreten.

      Verwildert tritt für einen Umweltschutz ein, der die Lebensdimension der Menschen nicht einschränkt, sondern erweitert, ohne das Leben anderer oder die Textur der Biosphäre zu beschädigen, und zieht dabei Regionen in Wales, Schottland, Slowenien, Polen, Ostafrika, Nordamerika und Brasilien als Fallstudien heran, an denen die Praxis zeigt, was gut oder schlecht funktioniert. Einen Umweltschutz, der im Austausch gegen Freiheiten, die wir einzuschränken versuchen, neue anbietet. Einen, der große Land- und Meeresgebiete auf seiner Zukunftsagenda hat, die sich selbst regulieren, Orte, die wieder von dort verschwundenen wilden Tieren bevölkert werden und an denen wir frei umherstreifen können.

      Vielleicht am wichtigsten: Es ist ein Umweltschutz, der Hoffnung bietet. Die Rückverwilderung sollte den Schutz bedrohter Orte und Arten nicht ersetzen; die Geschichte, die sie vorbringt, lautet allerdings, dass der ökologische Wandel nicht immer die gleiche Richtung einzuschlagen hat. Im zwanzigsten Jahrhundert hatte der Umweltschutz einen stummen Frühling vorausgesehen, wobei die weitere Beeinträchtigung der Biosphäre unausweichlich schien. Die Rückverwilderung bietet Hoffnung auf einen geräuschvollen Sommer, in dessen Verlauf zumindest in manchen Weltteilen zerstörerische Prozesse eine Umkehrung erfahren.

      Wie alle Visionen muss auch die Rückverwilderung fortwährend infrage gestellt und auf ihre Folgen abgeklopft werden. Sie sollte nur mit der Zustimmung und dem Enthusiasmus derjenigen erfolgen, die auf dem betreffenden Land arbeiten. Sie darf auf keinen Fall als Instrument der Enteignung und Zwangsräumung benutzt werden. Ein Kapitel des Buchs beschreibt erzwungene Rückverwilderungsmaßnahmen, wie sie hie und da auf der Welt stattgefunden haben, sowie die menschlichen Tragödien, die mit ihnen einhergehen. Rückverwilderung sollte zum Wohl der Menschen stattfinden und nicht um einer Abstraktion willen, die wir als Natur bezeichnen. Sie sollte die Welt, in der wir leben, verbessern.

      Die Recherchen zu diesem Buch sind ein großes Abenteuer gewesen: seine Themen gehören zu den bezauberndsten, denen ich je nachgegangen bin. Sie haben mich an wilde Orte geführt, mich mit dem wilden Leben und mit leidenschaftlichen Menschen in Kontakt gebracht. Durch sie bin ich mit überaus faszinierenden Erkenntnissen im Bereich der Biologie, der Archäologie, der Geschichte und der Geographie in Berührung gekommen. Sie haben mein Leben tiefgreifend verändert. Bisweilen kam es mir bei meinen Nachforschungen vor, als würde ich, wie in der Erzählung vom König von Narnia, durch einen Kleiderschrank in eine andere Welt treten. Die hier erzählte Geschichte beginnt eher sachte in dem Bemühen, mich mit den Ökosystemen direkt vor meiner Haustür zu beschäftigen und in ihnen etwas von dem unbändigen Geist zu entdecken, den ich so gerne wiedererstehen lassen würde. Wenn Sie sich bitte durch die Mäntel und Kleider schieben wollen, wir treffen uns dort.

      2)Wilde Jagd

       Ich muss wieder hinab zum Meer, zum einsamen Meer

       und dem Himmel / Und ich brauche nur ein großes Schiff

      und einen Stern, nach dem ich steuern kann.

      John Masefield, Seefieber1

      Am Flussufer neben der alten Eisenbahnbrücke belud ich mein Boot. Ich band ein Rolle an ihm fest, die ich aus Haselstangen gemacht, mit orangener Schnur umwickelt und mit einer Auswahl Lamettaködern versehen hatte. Ich zurrte eine Flasche Wasser und einen Holzknüppel an die links und rechts von meinem Sitz angebrachten Schlagleisten und befestigte das Paddel mit einer Leine am Boot: Alles, was nicht festgebunden ist, könnte leicht verloren gehen. In den Taschen meiner Schwimmweste befanden sich Ersatzköder, Wirbel und Gewichte, ein Schokoladenriegel, ein Messer und für den Fall, dass ich gestochen wurde, ein Feuerzeug.

      Ich setzte meine Füße in das braune Wasser. Es drang in meine Tauchschuhe ein und durchtränkte meine Socken. Den ganzen Tag lang würde es meine Füße warm halten. Ich stieß das Boot in tieferes Wasser, schwang mich hinein und legte flussabwärts ab. Zwei Brachvögel pickten und stocherten am Ufer entlang. Eine Schwanenfamilie mühte sich, kleine Bugwellen aufwerfend, gegen die Strömung. Bald erreichte ich das schnell sprudelnde Wasser in den Untiefen nach dem ersten Mäander. Wolkig bäumte es sich über den Felsen auf, schoss zwischen ihnen hindurch und zerstob zu gischtigen Mähnen. Ich raste durch die Stromschnellen, hüpfte über die Wasserkissen an den Felsbrocken, fühlte mich lebendig und frei. Dann erreichte der Fluss den Strand, wo er sich zu einem flachen Fächer verbreiterte. Ich fand einen Kanal, der gerade tief genug war, um mich zu tragen, und glitt in die erste Welle hinein, die das Kajak überspülte und mich dann passieren ließ. Die weiteren Brecher schwemmten abwechselnd über den Bug oder hoben das Boot, um es mit einem Beben wieder ins Wasser krachen zu lassen. Ich paddelte mit aller Kraft, tauchte unter, tauchte wieder auf, stürzte in die Wellentäler und schob mich durch die brechenden Wellen in die dahinterliegenden rollenden Wasser.

      Ich drehte mich noch einmal um, prägte mir die Landmarken der Küste ein und fuhr auf das offene Meer. Ein schwacher unregelmäßiger Wellengang mit Schaumkronen hie und da. Die Wogen sahen aus wie abgeplatzter Flintstein. Ihre muschelig facettierten Kämme glitzerten im Sonnenlicht. Mir voraus segelte ein Eissturmvogel bis beinahe auf die Wasserfläche hinab, machte eine halbe Rolle und schwang sich wieder fort in die Höhe.

      Ich ließ die Leine aus, platzierte die Rolle neben meinen Fuß und führte die Schnur kurz unter dem Knie über mein Bein. Beim Paddeln konnte ich das Blei über die Steine des Riffs holpern fühlen. Hin und wieder spannte sich die Leine und ich zog sie hinauf, fand aber an den Haken nichts als Klumpen krustigen rosafarbenen Korallenmooses oder ledrige Seetangschnüre, die manchmal bis zu vier Meter lang waren. Einen knappen Kilometer von der Küste entfernt überquerte ich eine Schar fliederfarbener Quallen. Sie sahen fast wie Ölflecken aus, eine blasse zweidimensionale Ausfärbung des Wassers, aber hin und wieder hob der Wind sie an und sie stießen fett und gummiartig durch die Oberfläche. Zu Tausenden strömten sie unter dem Boot hindurch. Manche trugen orangefarbene Nematozysten auf ihren Tentakeln. Mit ihren Segmenten und samenartigen Strukturen sahen die Tiere aus wie aufgeplatzte Feigen.

      Auf der anderen Seite des Riffs drehte ein Krebsfischer seine einsamen Runden, zog seine Reusen hoch, versah sie mit neuen Ködern und ließ sie wieder an der Leine ins Wasser, während sein Boot langsam von Boje zu Boje tuckerte. Über einen Kilometer Meer hinweg konnte ich den Köder riechen und den Diesel. Der Fischer dampfte wieder in Richtung Küste davon und ich war allein.

      Je näher ich dem Rand des Riffs kam, desto höher stieg der Wellengang. Die Leine suchte sich ihren Weg durch das Meer wie eine Erweiterung meiner Sinne, eine an meine Haut geheftete Antenne, die zuckte und zitterte. Von Zeit zu Zeit ruckte die Rolle und auf meinem Knie straffte sich die Schnur, doch wenn ich anhielt und zog, spürte ich, sobald die Welle,

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