Verwildert. George Monbiot

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Verwildert - George Monbiot

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zu fassen bekam, und befreite mich, gerade als mein Gesicht unter Wasser gedrückt wurde. Dann stürzte ich den Fluss hinab, um das Kajak einzufangen. Ich drehte es um und watete wieder flussaufwärts, war aber so müde, dass ich mich kaum gegen das Wasser stemmen konnte.

      In dem ruhigeren Wasser unter der Eisenbahnbrücke zog ich das Heck auf das Ufer und rüttelte das Boot, damit die Fische bis zur vorderen Luke glitten. Ihr Rücken hatte sich in ein dunkles Aquamarin verfärbt und der Bauch hatte ein irisierendes Rosa angenommen. Sie glühten im Abendlicht.

      Ich holte ein Brett aus dem Wagen sowie ein weiteres Messer. Ich filetierte eine Makrele, legte die helle, durchscheinende Mittelgräte frei, heftete das Filet am Schwanzende mit meinem Taschenmesser an das Brett und häutete es mit dem anderen Messer. Das Fleisch schmeckte nach rohem Steak. Ich filetierte noch zwei weitere Fische und aß sie. Ich saß noch eine Weile an der Flussböschung, sah den Meeräschen zu, wie sie die Wasseroberfläche kräuselten, und den Krähen, die für einen kurzen Moment auf der rostigen Brücke landeten und wieder davonflatterten, wenn sie mich entdeckten. Die restlichen Fische nahm ich aus. Es war kein großer Fang, aber in diesem Sommer war es das erste Mal auf dem Boot, dass ich mehr Energie gefangen hatte, als ich verbraucht hatte.

      3)Vorahnungen

       Als jung die Welt, mahnt’ schlau Natur zur Hast

       Es reifte früher und machte länger Rast

      John Donne, Vom Fortschritt der Seele

      Alles fing damit an, dass mein Freund Ritchie Tassel mich anrief. »Da gibt es etwas, was du dir ansehen solltest. Wie schnell kannst du hier sein?«

      »Ich bin am Strand. In einer Stunde vielleicht?«

      »Das reicht.«

      Ich warf meinen Neoprenanzug ins Auto und machte mich auf den Weg um das Mündungsgebiet. Wenn Ritchie, der fast alles gesehen hatte, der Meinung war, die Sache würde sich lohnen, dann war es auch so.

      In den Marschen links und rechts des Pfads zirpten und sirrten die Schilfrohrsänger. Schwalben schwirrten über den Gräben und flatterten um die Köpfe der Schafe. Der Duft des Gagelstrauchs – Honig und Kampfer – hing in der Luft, eine Reminiszenz an viktorianische Zeiten. Ritchie hatte mir ein Fernglas geborgt. Wir warteten.

      »Da ist er!«

      Bei der Entfernung hätte es sich für mein untrainiertes Auge um einen Bussard oder eine Mantelmöwe handeln können. Als der Vogel aber den Flussarm hinaufflatterte, mit einem seltsam linkischen Flügelschlag, bemerkte ich zwei Dinge. Erstens, dass etwas unter ihm baumelte und schwebte. Zweitens, dass er für eine Möwe zu dunkel und für einen Bussard zu weiß war. Ich brauchte eine Weile.

      »Jesus Maria auf dem Fahrrad!«

      »Habe ich doch gesagt, oder.«

      »Ich kann gar nicht glauben, was ich da sehe.«

      »Er ist seit drei Tagen hier. Wenn er sich ansiedelt, dann ist das das erste Mal seit dem siebzehnten Jahrhundert.«

      Der Vogel flog auf uns zu. Etwa zwanzig Meter, bevor er den Pfad erreichte, wendete er, zeigte sein Profil und flog langsam vorbei. Er trug einen großen Plattfisch. Nach etwa hundert Metern landete er auf einem Zaunpfahl und begann an dem Fisch zu rupfen.

      Indirekt war dafür Ritchie verantwortlich. Er hatte überlegt, dass die Fischadler, die seit 1954 wieder in Schottland brüteten, auf ihrem Weg nach und von Afrika die Küste entlangwandern würden und in den Mündungsgebieten und Seen pausieren und fressen würden – und war zu dem Schluss gekommen, dass die Jungvögel nach Revieren suchen würden. Er hatte die höchste Fichte auf seiner Seite des Tals ausfindig gemacht, sich aufgeseilt, die Spitze abgeschnitten und 15 Meter über dem Boden eine hölzerne Plattform gebaut. Er hatte sie mit Zweigen bedeckt und mit weißer Farbe bespritzt, damit es wie Vogelkot aussah: offenkundig die beste Methode, Fischadler zum Bleiben zu bewegen.

      Auf der anderen Seite des Tals hatte ein eifriger Naturschützer diese Maßnahmen beobachtet. Es dauerte nicht lange, und er hatte den örtlichen Naturschutzbund davon überzeugt, eine eigene Plattform zu bauen. Also wurde ein Telegrafenmast neben das Eisenbahngleis gepflanzt und eine Sperrholzplatte auf ihre Spitze genagelt.

      »Eigentlich ein Selbstläufer«, meinte Ritchie. »Der Vogel konnte zwischen einem kleinen, tief im Wald gelegenen hübschen Anwesen oben auf einem Baum mit Blick über den gesamten Flussarm wählen und einem exponierten Pfosten direkt an der Eisenbahnlinie. Und was tut der Blödmann? Er hat sich natürlich für das Angebot des Naturschutzbunds entschieden. Nicht, dass mich das ärgern würde oder so was.«

      Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Es fiel mir noch immer schwer zu glauben, was ich gerade gesehen hatte. Mein Herz pochte. Ein wildes Verlangen überkam mich von der Art, die mich jedes Mal anfiel, wenn ich aus dem immer wiederkehrenden vorpubertären Traum aufwachte, in dem ich, meine Füße ein paar Zentimeter über dem Teppich, die Treppen hinabschwebte. In den letzten Jahren hatte ich ihn nur noch einmal geträumt; tatsächlich nur ein paar Monate, bevor ich den Fischadler zu Gesicht bekommen hatte.

      Wie etwa alle vierzehn Tage hatte sich bei mir wieder einmal eine alarmierende Abwesenheit jenes Überlebensinstinkts gezeigt, mit dem andere Leute gesegnet sind, als ich am Strand der Ortschaft Pwlldiwaelod mein Kajak bei drei Meter hohem Wellengang ins Wasser stieß. Das Boot, das auf seiner Bahn durch die Wellen zurückgeschleudert wurde, überschlug sich über mir und ich knallte mit dem Kopf auf den Kies. Ein Glück, dass ich nicht ohnmächtig geworden war. Es erübrigt sich zu sagen, dass ich die Sache wiederholte. Aber beim zweiten Mal schaffte ich es durch die Wellen und paddelte auf das Meer hinaus. Nachdem ich ein paar Fische gefangen hatte, wollte ich wieder an Land zurückkehren. Die Flut stand höher und hässliche, chaotische Sturzseen donnerten gegen die Ufermauer. Etwa zweihundert Meter vor der Küste kam ich ins Grübeln. Selbst von meiner Position aus konnte ich sehen, dass die Wellen braun waren von dem groben Kies, den sie aufwirbelten. Ich hörte ihn gegen die Mauer krachen und prasseln. Ein kalter Angstschauder kroch über meine Haut. Ich suchte das Ufer nach einer besseren Landestelle ab, konnte aber nichts entdecken.

      Hinter mir hörte ich ein monströses Zischen: eine Riesenwelle, die über meinen Kopf rollen würde. Ich duckte mich und presste das Paddel auf das Wasser. Nichts. Ich drehte mich um. Die Wogen rollten gleichmäßig heran: hoch, mit weißen Kämmen, aber in dieser Entfernung zum Ufer noch nicht bedrohlich. Verdutzt wendete ich das Boot in alle Richtungen und suchte nach einer Erklärung. Sie tauchte neben dem Boot aus dem Wasser auf: eine graue hakenförmige Flosse, narbig und verschrammt, deren Spitze direkt unter dem Paddelschaft vorbeistrich. Ich wusste, was es war, aber der Schock darüber verstärkte meine aufkeimende Angst und ich geriet fast in Panik. Ich sah nach links und nach rechts und glaubte schon, angegriffen zu werden.

      Dann geschah etwas Bemerkenswertes. Ich hörte vom Heck kommend ein anderes Geräusch: ein Klatschen und Aufspritzen von Wasser. Ich wendete den Kopf und ein riesiges Delfinmännchen sprang in die Luft und fast über meinen Kopf. Beim Vorbeifliegen fixierte er mein Auge. Unsere Blicke kreuzten sich, bis er ins Wasser schlug. Ich starrte auf die Stelle und hoffte, er würde wieder auftauchen, aber er ließ sich nicht mehr blicken. Stattdessen spürte ich ein herzergreifendes Hochgefühl, das mich, einen Augenblick lang, klarer sehen ließ. Ich musterte den Uferwall und bemerkte etwas, das ich zuvor nicht gesehen hatte. Etwas entfernt nahm eine Schiffsrampe den Wellen die Kraft. An ihrer Leeseite gab es zwei, drei Meter ruhigeres Wasser.

      Ich stach durch die Wellen, bis ich mich etwa 40 Meter vor dem Ufer ihrer Laufrichtung überließ und die Bootspitze auf

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