Dirk Nowitzki - So weit, so gut. Jürgen Kalwa

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Dirk Nowitzki - So weit, so gut - Jürgen Kalwa

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Zeitschrift The Nation mal genannt wurde.

      So mancher stieß ins gleiche Horn. Der Manager der Milwaukee Bucks habe, so hieß es etwa im Juni 2011 auf der Online-Seite der Wochenzeitung Die Zeit, kurioserweise in einem Eishockey-Artikel („Das deutsche NHL-Finale“ 5), „Dirk Nowitzki für Traylor verramscht“.

      Die reinen Fakten sind übrigens unbestritten: Getauscht wurde damals der schon erwähnte Robert Traylor, ein mit vielen Vorschusslorbeeren versehener Power Forward von der University of Michigan, der in seinem letzten Jahr im College-Basketball im Schnitt etwas mehr als 16 Punkte pro Spiel erzielt und zehn Rebounds produziert und es zwei Monate vor der Draft auf die Titelseite des Magazins Sports Illustrated geschafft hatte, gegen den weithin unbekannten Dirk Nowitzki und einen ebenfalls nicht besonders hoch eingeschätzten Amerikaner namens Pat Garrity, dessen Vertragsrechte sich Milwaukee auf dem 19. Draft-Platz gesichert hatte.

      Auf diese Weise – rein formal betrachtet über einen Umweg – kam der Würzburger nach Dallas. Und Traylor – ein Mann mit dem „süßen Charisma eines sanften Riesen“ (Zirin) – landete in Milwaukee. Aber ein wichtiges Detail wird in solchen Nacherzählungen gerne unterschlagen: Nelson wollte Nowitzki von Anfang an und niemand anderen – aber er wollte dafür nicht seinen sechsten Draft-Platz nutzen. Weinhauer wiederum wollte immer nur Traylor, aber hatte Angst, dass er ihn mit seinem neunten Draft-Platz nicht mehr bekommen würde.

      Der Spieler hatte gerüchteweise mit NBA-Profis in Detroit trainiert und die, so hörte man, im Zweikampf regelrecht vernascht. Kein Wunder, dass man bei den Bucks besorgt war, diesen Wunschkandidaten an Draftplatz 9 nicht mehr zu bekommen, weil ihn jemand anderer weggeschnappt hätte.

      Nur deshalb ging Weinhauer auf den Handel mit dem an Platz sechs ziehenden Nelson ein. Ein Projekt, das übrigens nie zustande gekommen wäre, wenn Traylor zu diesem Zeitpunkt bereits von einem der Teams auf den Plätzen eins bis fünf ausgewählt worden wäre.

      Doch es lief wie geplant. „Das war alles so abgesprochen“, hat Don Nelson seitdem mehrfach betont. „Wir hätten dieses Geschäft auch nicht gemacht, wenn sie nicht die Spieler ausgewählt hätten, die wir haben wollten.“ Das Arrangement wurde vor der Draft offiziell wie vorgeschrieben an die Liga gemeldet. Allerdings wusste die interessierte Öffentlichkeit nichts davon und tappte am Draftabend deshalb lange im Dunkeln.

      „Um Viertel nach sechs hatten wir alles zusammen und dann mussten wir warten und dafür sorgen, dass es auch genauso passiert“, erinnerte sich Weinhauer später.

      Der war am Draft-Abend mehr als zufrieden: „Wenn wir jetzt in den Krieg ziehen müssten, könnten wir uns mit jedem messen“, sagte er. Kommentatoren wie Dan Shanoff von Sports Illustrated lobten: „Die Bucks haben es richtig gemacht, dass sie ’98 den vermarktbaren und talentierten Robert Traylor gestohlen haben.“

      Dessen Verpflichtung galt nicht nur als hervorragender Schachzug. Der Tausch mit Dallas wirkte auf manche derart einseitig, dass der Eindruck entstand, Weinhauer habe Nelson und die Mavericks regelrecht übervorteilt. Ausgerechnet jener Bob Weinhauer, der im Kontrast zu Nelson nie sehr gerne auf Risiko gegangen war.

      Noch ein Jahr später gab die harsche Bewertung der Daily News in Los Angeles die Standardsichtweise über jenen Draft-Deal wieder, nachdem sich Milwaukee im Unterschied zu Dallas für die Play-offs qualifiziert hatte: „Was an Don Nelson ist eigentlich dümmer? Dass er Traylor ausgewählt hat oder dass er ihn für Dirk Nowitzki eingetauscht hat?“ Den Milwaukee Bucks bescheinigte die Zeitung damals: „Zum Glück sind sie den deutschen Import an Dallas losgeworden.“

      Die Realität sah schon bald ganz anders aus. Und mit ihr änderte sich – ungerechtfertigterweise – auch die Bewertung eines Mannes wie Bob Weinhauer.

      Denn acht Jahre nach dem Draft-Tag stand Dirk Nowitzki mit den Mavericks zum ersten Mal in der Finalserie. Weitere fünf Jahre später war er Meister. Demgegenüber zeigte Robert Traylor nie das, was ihm Experten prophezeit hatten und was Weinhauer in ihm gesehen hatte. Er spielte nur ein paar Jahre in der NBA und wanderte von Club zu Club. Er erzielte dabei nicht mehr als einen Karriereschnitt von fünf Punkten und vier Rebounds pro Begegnung und kam zwischendurch auch noch mit dem Gesetz in Konflikt. Im November 2006 entdeckten Ärzte, dass er eine zu große Herzklappe hatte und operierten ihn. Er versuchte anschließend sein Glück in Spanien, in der Türkei und auf Puerto Rico, wo er im Mai 2011 – ein paar Wochen ehe Nowitzki den Titel gewann – überraschend an Herzversagen starb. Er wurde 34 Jahre alt und in seiner Heimatstadt Detroit beerdigt.

      So traurig dies ist, die urban legend von der angeblichen Fehlleistung der Milwaukee Bucks war damals schon eine Weile im Schwange. Was unter anderem daran lag, dass Weinhauers Vertrag im Sommer 1999 nicht verlängert wurde. Das wirkte rein oberflächlich später so, als hätte ihn die Clubführung dafür abgestraft, dass er Nowitzki nicht verpflichtet hatte.

      Tatsächlich lag der Fall ganz anders. Als er aus dem Amt gescheucht wurde, galt die Weitergabe des Würzburgers an die Mavericks noch immer als kluges Manöver. Mit anderen Worten: Das eine hatte mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.

      Obendrein: Verantwortliche NBA-Manager werden gewöhnlich nicht daran gemessen, ob ihre Prognosen eintreffen oder nicht. Denn diese Leistungsprojektionen bewahrheiten sich selten genug. Man kann Draft-Tableaus aus jedem Jahr nehmen und wird feststellen, dass viele Spieler, die am Draft-Tag hoch gehandelt wurden, nicht das eingelöst haben, was sich erfahrene Manager und Trainer von ihnen versprochen haben. So brachten aus dem Pool von 1998 mal gerade zwei Basketballprofis im Laufe ihrer Karriere als Leistungsträger ihrer Teams NBA-Titel nach Hause: Dirk Nowitzki (gezogen an Platz 9) und Paul Pierce (gezogen an Platz 10) von den Boston Celtics, die sich damals ebenfalls sehr stark für Nowitzki interessierten.6 Die größte Enttäuschung: der auf Platz 1 von den Los Angeles Clippers gezogene nigerianisch-britische Diplomatensohn Michael Olowokandi.

      Weshalb aber verlor Weinhauer ein Jahr nach der Tauschaktion mit Dallas eigentlich seinen Posten? Weil er im Sommer 1999 wichtige Leistungsträger nicht an den Club binden konnte und weil der von ihm selbst angestellte Trainer George Karl hinter den Kulissen um mehr Einfluss auf Personalentscheidungen antichambrierte. Die Sterne standen schlecht. Weinhauers Arbeit – die Bucks hatte 1999 zum ersten Mal seit 1991 wieder die Play-offs erreicht – galt als nicht gut genug. Und die Hoffnung auf den hochgepriesenen Traylor fiel langsam, aber sicher in sich zusammen.

      Mit Nowitzki hatte das alles ganz und gar nichts zu tun.

      Aber einige Fragen blieben offen. Und so beschloss ich irgendwann, mich auf die Suche nach Bob Weinhauer zu machen.

      Die Nummer von Bob Weinhauer steht im Telefonbuch. Weshalb man ihn leicht ausfindig machen kann. Zumal er zu den Basketballtrainern und -managern der alten Schule gehört. Wenn man ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlässt, ruft er zurück. Und er erzählt, wie das damals wirklich war, mit Nowitzki und Nelson. Doch wie das Leben so spielt, saßen wir uns wenige Monate später höchstpersönlich gegenüber. Mitten im Atlantischen Ozean.

      Es wäre falsch, allzuviel in diese eine Begegnung hineinzugeheimnissen, die sich beinahe zufällig auf einem Schiff auf halber Strecke zwischen Florida und Portugal irgendwo im Atlantik ergab. Denn wir waren uns ja wenige Monate zuvor schon einmal begegnet. Und zwar am Telefon, bei einem Gespräch, bei dem wir uns hinreichend ausgetauscht hatten.

      Bob Weinhauer hatte mir bei der Gelegenheit alles Wissenswerte aus seiner Zeit als verantwortlicher Manager bei den Milwaukee Bucks erzählt. Und natürlich auch die Sache mit

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