Dirk Nowitzki - So weit, so gut. Jürgen Kalwa

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Dirk Nowitzki - So weit, so gut - Jürgen Kalwa

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Fall einen Meisterschaftsanwärter zu machen. Das Angebot war ein Posten als General Manager und ein mit 7,5 Millionen Dollar dotierter Fünf-Jahres-Vertrag.

      Kaum in Texas angekommen, machte er sich mit harten Bandagen an die Arbeit. Er modelte den Kader komplett um und trennte sich von den vier besten Korbschützen der Mannschaft, darunter von Spielmacher Jason Kidd. Das war „eine der chaotischsten Phasen, die je ein Team mitgemacht hat“, charakterisierte Mike Fisher im Fort Worth Star-Telegram den brutalen chirurgischen Eingriff.

      Daniel Düsentrieb hatte ein neues Laboratorium gefunden, aber die Chemie vor Ort als „giftig“ eingestuft. Er benutzte damals eine Allegorie aus der Landwirtschaft, um seine Vorgehensweise zu erklären: „Das war ein absoluter Schlamassel. Wenn eine Scheune derartig versaut ist, dann machst du zuerst das sauber, was am meisten stinkt.“

      Die gesamte Reinigungsmaßnahme dauerte ganze dreizehn Tage und sorgte für den Arbeitsplatzwechsel von insgesamt sechzehn NBA-Spielern, die von einem Tag auf den nächsten in anderen Trikots zu spielen hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Trainer Jim Clemons seinen Job verlor und Nelson selbst den Posten übernahm – nach den ersten sechzehn schwachen Spielen der Saison 1997/98.

      „Ich wollte keine Leute um mich herum haben, die nicht da sein wollten“, lautete sein Motto. Vermutlich wollte er keine Menschen mit Allüren und keine Quertreiber, die ihm die Lust an der Arbeit vermiesen würden.

      Nelson kokettierte gegenüber Mitbesitzer Ross Perot jr., dass er ihn wahrscheinlich innerhalb von einem oder zwei Jahren herauswerfen würde, als sich die beiden über den Vertrag einig geworden waren. „Gottseidank ist das nicht passiert“, gab er zu, nachdem ein neuer ambitionierter Investor, der 42-jährige Mark Cuban, den Club gekauft hatte und die Mannschaft besser geworden war. „Aber ich war sicher ein paar Mal sehr nahe dran. Ich habe mich reingehängt. Und nun erleben wir, dass die Mannschaft das mit Erfolgen zurückzahlt. Das ist das Beste daran.“

      Wenn man sich mit Nelsons in Dallas produziertem Nachlass an die Welt beschäftigt, von denen die drei wichtigsten alle mit dem Buchstaben N anfangen – Nowitzki, Nash und „Nellie-Ball“ – fühlt man sich unweigerlich an all das erinnert. Weil bereits in diesen drei Worten sein Grundverständnis für das Spiel deutlich wird.

      Man nehme „Nellie-Ball“, eine kreative, risikofreudige Methode, die herkömmlichen Konventionen des Basketballs einfach mal zu durchbrechen. Eines Spiels, bei dem von Natur aus die ganz langen Kerle so gut wie immer unbeholfen und staksig wirken und langsam unterwegs sind, aber hochnützlich sind, wenn es darum geht, den Luftraum zu dominieren. Weshalb sie möglichst nahe an den Korb kommandiert werden, während die Kleinen die Bälle verteilen sollen und aus der Distanz werfen.

      „Nellie-Ball“ war das Abenteuer, gegen dieses arbeitsteilige Konzept eine Taktik zu stellen, bei der er ohne jede Scheu gegen die großgewachsenen Typen von mehr als zwei Metern vom Scheitel bis zur Sohle kleine, wieselflinke Männer auf den Platz schickte und denen anordnete, aufs Gaspedal zu treten. Einen echten Center gibt es in diesem Schema nicht mehr, weil der nur die gesamte Mannschaft langsamer machen würde.

      Nelson entwickelte und perfektionierte diesen Stil zum ersten Mal in seiner Zeit bei den Golden State Warriors Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre, wo er mit den drei All-Stars Tim Hardaway, Mitch Richmond und Chris Mullin eine Gruppe von Ballkünstlern beieinander hatte, denen die begeisterten Anhänger einen reizvollen Spitznamen verliehen: „Run T-M-C“. Eine Anspielung an eine damals sehr erfolgreiche Rap-Gruppe namens Run DMC.

      Eine andere Kreation von Don Nelson ist „Hack-a-Shaq“, eine Defensivtaktik, bei der man einen Spieler nur aus einem Grund foult: um ihn schlichtweg an die Freiwurflinie zu zwingen. Er hatte sich diese Taktik ausgedacht, um Dennis Rodman (damals bei den Chicago Bulls) in Verlegenheit zu bringen. Aber erst als er die Methode auf den riesigen Center Shaquille O’Neal anwendete, der im Laufe seiner erfolgreichen Karriere vor allem eine konstante Schwäche besaß – er verfehlte die Hälfte seiner Freiwürfe – bekam das Kind seinen Namen.

      Um freiwurfschwache Spieler öffentlich vorzuführen und dadurch möglichst nervös zu machen, ließ Nelson seine Mavericks solche Gegner auch in Situationen foulen, in denen sie den Ball gar nicht in der Hand hatten. Der Vorteil eines solchen Konzepts lag auf der Hand: Statt zwei oder drei Punkte pro Angriff zu kassieren, konnten die Mavericks auf diese Weise die Ausbeute auf das reduzieren, was der wurfschwache Gegner an der Freiwurflinie zustande brachte. Außerdem verlangsamte man so das Tempo der anderen Mannschaft in Phasen, in denen sie dynamisch in Fahrt gekommen war.

      Der Nachteil: Spieler aus dem eigenen Kader durch das Ansammeln von Fouls der Gefahr der frühen Disqualifikation auszusetzen. Es war also ein zweischneidiges Schwert, aber offensichtlich scharf genug. Denn die Taktik wurde irgendwann von anderen Trainern kopiert und nötigte die obersten Etage der NBA dazu, sich Gedanken über eine Regeländerung zu machen. Wozu es schließlich auch kam. Solche bewussten Fouls gegen Spieler, die nicht im Ballbesitz sind, werden seitdem in den letzten, oft entscheidenden Minuten eines Spiels damit geahndet, dass das betroffene Team einen anderen als das wurfschwache Mannschaftsmitglied die Freiwürfe ausführen lassen kann.

      Der Hang von Nelson zum kreativen Experiment ähnelte oft dem eines Pokerspielers, der ahnt, wie gut oder schlecht die anderen bluffen, und der sich ständig darüber Gedanken macht, wie man aus dem unberechenbaren Stapel auf dem Tisch irgendetwas herausziehen kann, was einem am Ende die meisten Chips einbringt.

      Ein Hang, durch den man sich auch schon mal massiv verzockt. Anfang der neunziger Jahre in Golden State zum Beispiel verschätzte sich Nelson auf besonders dramatische Weise. Da musste er, weil er dem Club unbedingt ein Talent wie Chris Webber sichern wollte, vor der Draft 1993 den Orlando Magic einen Spieler – Anfernee Hardaway – und drei Erstrunden-Draft-Picks geben.

      Was er im Tausch dafür bekam, entwickelte sich zu einem regelrechten Desaster. Webber und er gerieten schon bald in Fragen der Taktik und des Positionsspiels aneinander. Das Selbstbewusstsein des Spielers war vermutlich unter anderem einem Faktor geschuldet, der erst 1998 ausgeräumt wurde. Der Tarifvertrag der Spielergewerkschaft mit der Liga ließ es bis dahin nämlich zu, dass Clubs hochgehandelten Nachwuchsspielern enorme Summen hinterherwarfen, auch wenn so etwas auf purer Spekulation beruhte und die Bezahlung weit über dem der älteren Profis lag. Diese Situation stärkte das schnöselige Selbstbewusstsein von Typen wie Webber ganz erheblich. Der sollte dann auch im Laufe seiner Karriere mehr als 170 Millionen Dollar brutto verdienen, das Doppelte von dem, was Michael Jordan im Rahmen seiner Arbeit bei den Chicago Bulls und in Washington einzunehmen in der Lage war.

      Nur ein Jahr später hatte Nelson genug. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich von Webber zu trennen. Zum Glück fand er mit den Washington Bullets (heute Wizards) einen Abnehmer, der ihm im Wechsel nicht nur einen Spieler – Tom Gugliotta – sondern drei Erstrunden-Draft-Picks abgab. So kostete das Abenteuer den Club im Grunde zwar nichts, Nelson hingegen sehr viel – ein gutes Stück seiner Reputation als Prognostiker von Talenten. Wohl auch deshalb verlor er bei seinem nächsten Club, den New York Knicks, schon nach wenigen Monaten einen rasch aufkeimenden Machtkampf und kündigte mitten in der Saison trotz positiver Bilanz sang- und klanglos.

      Er hatte schließlich Maui als Rückzugsoption. Tagsüber Golfspielen und nachts Pokern mit seinem Freund Willie Nelson – das wirkte wie ein attraktiver Plan.

      Doch dann suchte ihn Frank Zaccanelli auf und unterbreitete ihm seine Offerte.

      All das sollte man wissen, um zu verstehen, wie dem Pokerspieler Don Nelson am 24. Juni 1998, dem Draft-Tag, mit seinen riskanten Manövern einer der größten Geniestreiche in der Geschichte der NBA gelang. Seine Lust, aufs Ganze zu gehen, bescherte den Dallas Mavericks die Nachwuchsprofis Dirk Nowitzki und Steve Nash, die beide später als wertvollste Spieler der Liga ausgezeichnet wurden. Beide ausgestattet mit einem unkonventionellen Verständnis von

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