Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3. Holger Dahl

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Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3 - Holger Dahl Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch

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dürfe, dass er die Belegschaft in beliebige Gruppen von Arbeitnehmern aufspalten und unterschiedliche Entgeltsysteme für diese vorsehen könne.45 Gerechtfertigt sei die Aufspaltung allerdings bereits dann, wenn sie auf sachlichen Gründen beruht. Die Begründung hierzu erschöpft sich in einem Hinweis auf die herzustellende „Verteilungsgerechtigkeit“. Besser lässt sich dies jedoch mit dem hier vertretenen Maßstab begründen. Dass er die Belegschaft in mehrere Gruppen aufspalten und unterschiedliche Entgeltsysteme einführen kann, ist zwar Ausdruck der betrieblichen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Gleichzeitig ist die Zweckbestimmung dieser Aufspaltung jedoch, wie oben ausgeführt, dem Kern unternehmerischer Entscheidungsfreiheit zuzuordnen. Schutzwürdig ist die Ausübung dieser Freiheit allerdings nur solange, wie sie auf sachliche Gründe zurückgeht. Zwar wird dies vom Bundesarbeitsgericht mit Hinweis auf die „Verteilungsgerechtigkeit“ anders verpackt. Im Ergebnis unterzieht das Gericht die Aufspaltungsentscheidung aber zu Recht einer Willkürkontrolle.

       3. Fehlender Regelungsspielraum des Arbeitgebers

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      Nach den gleichen Maßstäben besteht auch bei sonstigen Leistungen einer Drittgesellschaft kein Mitbestimmungsrecht. Wird beispielsweise für ein grenzüberschreitend arbeitendes Vertriebsteam von der englischen Konzerngesellschaft ein Commission Plan ausgerollt, der für alle europäischen Vertriebsmitarbeiter gleichermaßen gilt und bei dem ausschließlich die englische Konzerngesellschaft Vertragspartner ist und auch die Zahlungen leistet, besteht hinsichtlich dieses Commission Plans kein Mitbestimmungsrecht des deutschen Betriebsrats. Freilich sind in diesen Fällen auch stets die steuerlichen Konsequenzen für die Konzerngesellschaft zu beachten.

       V. Bedeutung für die Praxis

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      Die hier aufgezeigten Grenzen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entsprechen der ständigen Rechtsprechung. Auffällig ist, dass sich das Bundesarbeitsgericht scheinbar scheut, diese Grenzziehungen näher zu begründen. Auf die Bedeutung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit wird nicht ausdrücklich hingewiesen. Indem das Gericht jedoch beispielsweise die Lohnhöhe ohne Begründung von der Mitbestimmung ausnimmt, trägt sie dem Schutz des Unternehmers doch wenigstens im Ergebnis Rechnung. Seine Vorstellung des Normzwecks wie auch der Grenzen des Mitbestimmungstatbestandes vertritt das Bundesarbeitsgericht mit einiger Beharrlichkeit. Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass es in näherer Zukunft zu einem Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung zur Mitbestimmung über Fragen der betrieblichen Lohngestaltung kommt.

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      Im Vorfeld der Verhandlungen lässt sich dies dadurch gewährleisten, dass der Arbeitgeber den Dotierungsrahmen, den Zweck der Leistung sowie den begünstigten Personenkreis eindeutig vorgibt. Hat der Arbeitgeber bei der Aufstellung eines Aktienoptionsplans (oder eines Commission Plans) aufgrund einer Entscheidung der Konzernmutter keinen eigenen Gestaltungsspielraum, sollte dies dem Betriebsrat offengelegt und auf die neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen werden, um Auseinandersetzungen im Kern zu ersticken.

       VI. Fazit

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       – Grundtatbestand für die Mitbestimmung in Fragen des Entgelts ist § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dieser kann je nach Fallgestaltung durch das Eingreifen weiterer Mitbestimmungstatbestände erweitert werden.

       – Rechtsprechung und Literatur sehen den Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Begründung in der Gewährleistung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit. Indem die Rechtsprechung ihre Entscheidungen nicht auf einen definierbaren Normzweck stützt, verpasst sie die Gelegenheit, die eigenen Entscheidungen zu strukturieren und so vorhersehbar zu machen.

       – Der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG liegt richtigerweise in der Gewährleistung des Schutzes der Arbeitnehmer. Eine weitergehende Konkretisierung ist nicht geboten und würde vielmehr dazu verleiten, den Anwendungsbereich der Norm allzu weit zu fassen.

       – Bei der Grenzziehung muss die grundrechtlich garantierte unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers berücksichtigt werden. Bei der verfassungskonformen Auslegung des Mitbestimmungstatbestandes ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Dies hat zur Folge, dass auch die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einfließt.

       – Ungeschriebene Grenzen der Mitbestimmung sind die Festsetzung der Lohnhöhe, die Bestimmung des verfolgten Zwecks sowie die Festlegung des begünstigten Personenkreises. Zudem scheidet ein Mitbestimmungsrecht aus, wenn an keine Handlung des Arbeitgebers angeknüpft werden kann.

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