Der Lizenzvertrag. Michael Groß
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Die Frage der Nichtigkeitserklärung ist nach deutschem Recht, ähnlich wie auch nach französischem oder italienischem Recht,122 der Zuständigkeit des Bundespatentgerichtes123 bzw. dem Bundesgerichtshof124 übertragen, deren Urteile immer absolute Wirkung haben.
2. Verzicht des Lizenznehmers auf Erhebung einer Nichtigkeitsklage
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Lizenzverträge enthalten oft eine Klausel, in der sich der Lizenznehmer verpflichtet, keine Nichtigkeitsklage zu erheben.125
Der Bundesgerichtshof führt aus, dass er an der Rechtsprechung des Reichsgerichts festhalte, wonach es zulässig ist, durch Vertrag auf das Recht zur Erhebung der Nichtigkeitsklage zu verzichten und wonach dieser Verzicht im Nichtigkeitsprozess auch geltend gemacht werden kann.126 Auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Interesses an der Vernichtung materiell unwirksamer Patente bestünden gegen Nichtangriffsabreden in Lizenzverträgen keine Bedenken. Derartige Abkommen trügen meist den Charakter von Vergleichen, durch die Streitigkeiten über das Patent auf gütlichem Wege beseitigt werden sollen. Sie seien wirtschaftlich voll gerechtfertigt und nützlich.127 Weiterhin ist auch zu berücksichtigen, dass gerade der Inhaber des Schutzrechtes ein berechtigtes Interesse daran haben kann, dass nicht ausgerechnet sein Lizenznehmer eine Nichtigkeitsklage erhebt, da der Lizenznehmer durch die Verwertung des Patents in besonderem Maße mit den technischen Feinheiten und den spezifischen patentrechtlichen Problemen vertraut geworden ist bzw. von dem Patentinhaber vertraut gemacht worden ist. Gerade der Lizenznehmer hat es daher besonders leicht, selbst nur leichte Schwächen eines Patentes, die sonst unberücksichtigt blieben, auszunutzen.128 Die vertragliche Abrede kann nach deutschem Recht dem Kläger in dem Nichtigkeitsprozess entgegengehalten werden und würde zur Abweisung der Klage führen.129 Der Verzicht wirkt jedoch nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht über die Dauer des Lizenzvertrages hinaus.130
Nichtangriffsvereinbarungen in Anspruchsregelungs- und -verzichtsvereinbarungen fallen in der Regel nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV.131
3. Unzulässigkeit der Erhebung einer Nichtigkeitsklage
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Auch wenn keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen sind, kann es Treu und Glauben widersprechen, dass der Lizenznehmer Nichtigkeitsklage erhebt. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage kann als unzulässige Rechtsausübung anzusehen sein, wenn sich aus den vertraglichen Beziehungen ergibt, dass der Angriff auf das Patent gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.132 Der Bundesgerichtshof verweist dabei darauf, dass gerade das Bestehen eines Lizenzvertrages die Annahme einer Nichtangriffspflicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nahelegen kann, da die Erhebung einer Nichtigkeitsklage in diesen Fällen häufig dem Sinn und Zweck des Lizenzvertrages zuwiderlaufen würde.133 Dies gilt insbesondere bei einer ausschließlichen Lizenz, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und eine besondere Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen der Beteiligten erfordert und bei Lizenzverträgen mit gesellschaftsähnlichem Charakter.134 Als gegen Treu und Glauben verstoßend wird es auch angesehen, wenn ein Lizenznehmer ein Patent, das ihm aufgrund einer sog. Verbesserungsklausel überlassen wurde, mit der Nichtigkeitsklage angreift.135 Unzulässig dürfte weiterhin eine Nichtigkeitsklage sein, wenn der Lizenzgeber Lizenzen als Gegenleistung für die Zurücknahme oder Unterlassung einer Nichtigkeitsklage erteilt hat.136
119 Benkard, PatG, Rn. 33 zu § 22 m.w.N.; Kraßer für die Deutsche Landesgruppe der AIPPI, GRUR Int. 1990, 611. 120 Benkard, PatG, Rn. 33 zu § 22; Schippel, GRUR 1955, 322, 325, wo auch Rechtsprechung für Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien angegeben ist; in diesen Ländern wird die Frage in ähnlicher Weise beurteilt. Dagegen wird im englischen Recht eine andere Auffassung vertreten. Zitate hierfür siehe ebenfalls bei Schippel. 121 Benkard, wie vor. 122 Zur Situation in Frankreich und Italien vgl. Schweyer, GRUR Int. 1983, 149; Schweyer, 150, weist im Übrigen darauf hin, dass das Schweizerische Bundesamt für geistiges Eigentum auch schiedsrichterliche Entscheidungen über die Patentnichtigkeit für zulässig erachtet. 123 § 81 Abs. 4 PatG. 124 § 110 Abs. 1 PatG. 125 Vgl. Rn. 541, 785 ff., 800 ff. 126 BGH, 20.5.1953, GRUR 1953, 385, ebenso BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; Benkard, PatG, Rn. 39 ff. zu § 22. 127 Vgl. auch RG, 28.3.1914, Bl. 1914, 348; RG, 23.9.1922, Bl. 1922, 146. 128 Vgl. Bartenbach, Rn. 2042 ff.; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 80 zu § 9. 129 Vgl. BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; siehe zum amerikanischen Recht z.B. Court of Appeals, 30.8.1983, GRUR Int. 1985, 493, wonach auch bei noch wirksamem Lizenzvertrag die Nichtigkeitsklage des Patentlizenznehmers zulässig ist, und ders., 7.7.1988, zur Lizenzgebührenzahlungsverpflichtung in einem Vergleich in einem Patentverletzungsverfahren, wenn das Patent später für nichtig erklärt wird, wobei ein Angriff des Patents durch den Lizenznehmer nicht entgegensteht; Minssen/Schindler, GRUR Int. 2008, 192 ff. mit vielen interessanten Nachweisen. 130 BGH, 2.3.1956, GRUR 1956, 264; OLG Karlsruhe, 23.4.1968, WRP 1968, 409. 131 Vgl. Rn. 548–550, 557, 583, 620, 781, 795–798, 904. 132 BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243, 244, und Benkard, PatG, Rn. 44 zu § 22. 133 BGH, 14.7.1964, GRUR 1965, 135, 137; BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 243; BGH, 4.10.1988, GRUR 1989, 39. 134 BGH, 30.11.1967, GRUR 1971, 242; RG, 22.1.1921, RGZ 101, 235, 237. 135 BGH, 29.1.1957, NJW 1957, 911 = GRUR 1957, 485 ff. Bezüglich der Rechtsstellung des Lizenznehmers bei Nichtigkeitsklagen vgl. auch BGH, 20.4.1961, DB 1961, 1063. 136 Isay, Anm. 18 zu § 6; Schippel, GRUR 1955, 325.
V. Verteidigung von Marken
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Da der Lizenzgeber trotz der Lizenzierung Inhaber der Marken ist, kann er gegen Dritte, die die Marke verletzen, immer vorgehen. Die amtliche Begründung zu § 155 MarkenG geht von einer dinglichen Wirkung der ausschließlichen und der nichtausschließlichen Lizenz aus (siehe auch die Überschrift zu § 29 MarkenG). Da die Markenlizenz eine dingliche Wirkung hat, hat der ausschließliche und nichtausschließliche Lizenznehmer ein eigenes Klagerecht gegen den Verletzer der Marke. Im eigenen Namen konnte er vor dem Inkrafttreten des MarkenG nur klagen, wenn er dazu ausdrücklich oder konkludent ermächtigt worden war.137 Auch nach Inkrafttreten des MarkenG (§ 30 Abs. 3 MarkenG) kann der (ausschließliche und nichtausschließliche) Lizenznehmer Klage wegen Verletzung der Marke nur mit Zustimmung ihres Inhabers erheben.138
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Der Lizenznehmer kann auch aus dem Gesichtspunkt