Kartellrechtliche Schadensersatzklagen. Fabian Stancke
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Während die Forderung einer Kompensation etwaiger Rechtsverfolgungskosten oder bei kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen direkter Vertragspartner für die Unternehmensleitung betroffener Unternehmen womöglich auf der Hand liegt, sind andere Fälle, wie die mittelbare Schädigung am Ende einer Veräußerungskette, mitunter nicht so einfach zu beurteilen.19
1. Direkte Betroffenheit
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Eine Schädigung kann insbesondere aus einem kartellrechtswidrigen Verhalten direkter Vertragspartner folgen. Hier werden Preise oder Vertragsverhandlungen direkt beeinflusst und ein kausaler Schaden liegt meist auf der Hand,20 so dass die geschädigten Unternehmen regelmäßig gute Erfolgsaussichten haben, eine Schadenskompensation vom Vertragspartner zu erhalten. Mögliche Kartellanten sollten in diesem Fall verstärkt mit Kompensationsforderungen ihrer Geschäftspartner rechnen. Zwar ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Schäden bei den betroffenen Unternehmen vorliegen können. Grundsätzlich können hierbei aber die folgenden zwei Arten von Schäden in Betracht kommen:
– Kartellaufpreisschaden, d.h. Abnahme von Gütern zu überhöhten Kartellpreisen; der Schaden liegt grundsätzlich in der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten überhöhten Preis und dem hypothetischen Preis bei funktionierendem Wettbewerb („Wettbewerbspreis“), und
– entgangener Gewinn, d.h. der Schaden aus dem Absatz-/Nachfragerückgang durch vom Abnehmer vorgenommene Preiserhöhungen seiner Produkte, die aus den gestiegenen Kosten infolge der überhöhten Kartellpreise resultieren.21
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Aufgrund der unmittelbaren Geschäftsbeziehungen bietet sich unter Umständen – entweder im Rahmen der üblichen Preisverhandlungen oder als gesonderte Vergleichsverhandlung – eine außergerichtliche Einigung an, so dass auf eine öffentlichkeitswirksame Klage als Mittel zur Geltendmachung von Schäden verzichtet werden kann.22 Nicht zuletzt dient dies auch der Aufrechterhaltung guter Geschäftsbeziehungen, da eine einvernehmliche Lösungssuche zwischen geschädigten Unternehmen und Kartellanten meist weniger kontrovers ist als eine gerichtliche Auseinandersetzung. Neben einer direkten Kompensation von Schäden kann es bei derartigen Verhandlungen auch andere Gestaltungsmöglichkeiten geben, wie z.B. Rabatte oder Vorzugspreise bei neuen Aufträgen.
2. Indirekte Betroffenheit
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Anders ist dies mitunter bei indirekten Kartellschäden zu beurteilen, bei denen erst Unternehmen einer weiteren Marktstufe (entlang der Produktions- oder Vertriebskette) betroffen sind.23 Unternehmen, die lediglich indirekt betroffen sind, werden im Vergleich zu direkt Betroffenen regelmäßig erhöhte Prozessrisiken eingehen müssen und geringere potenzielle Schäden durchsetzen können. So ist es aus ökonomischen Gesichtspunkten durchaus vorstellbar, dass z.B. Preiserhöhungen des Lieferanten an die Abnehmer des ursprünglich direkt geschädigten Unternehmens weitergegeben werden. Hinsichtlich des Kartellaufpreisschadens muss der mittelbar Betroffene aber grundsätzlich für die gesamte Veräußerungskette bis zu seinem Erwerb des jeweiligen Produktes nach Maßgabe des § 287 ZPO einen hinreichend kausal auf dem Kartell beruhenden Schaden darlegen und dementsprechend nachweisen,24 dass
– ein Kartellverstoß einen Preisaufschlag für den unmittelbaren Abnehmer des Rechtsverletzers zur Folge hatte; und
– der unmittelbare Abnehmer seine Weiterverkaufspreise wegen der erhöhten Kartellpreise erhöht hat (und gegebenenfalls ihm folgend auch alle weiteren Abnehmer in der Veräußerungskette) und der mittelbare Abnehmer deshalb für die von ihm abgenommene Menge überhöhte Preise zahlte.25
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Zum Nachweis eines Kartellverstoßes kann der mittelbare Abnehmer gegebenenfalls bestandskräftige Entscheidungen von Wettbewerbsbehörden nutzbar machen.26 Im Hinblick auf die tatsächliche Weitergabe des Preisaufschlags profitiert der mittelbare Abnehmer – je nach Entstehungszeitpunkt des Anspruchs – von einer gesetzlichen Vermutung, sofern er nachweisen kann, dass er kartellbetroffene Produkte oder Dienstleistungen erworben hat.27
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Für den Nachweis der sog. Weiterwälzung des Schadens benötigt der mittelbar Betroffene dennoch nicht nur Informationen über den Markt, auf dem er selbst tätig ist, sondern auch von (allen) vorgelagerten Märkten. Hierfür kann der mittelbare Abnehmer zwar einen Auskunftsanspruch bzw. einen Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln nutzbar machen und den z.B. unmittelbaren Abnehmer zur Preisgabe der Informationen verpflichten.28 Indes dürfte die Wahrscheinlichkeit des Nachweises eines kausalen Schadens, trotz der genannten gesetzlichen Erleichterungen, mit jeder Absatzstufe geringer werden, da mit jeder Absatzstufe die Anzahl der Faktoren, welche die Preisbildung beeinflussen, anwächst.29 Zudem bleibt es den Kartellanten unbenommen, ihrerseits die Weiterwälzung des Preisaufschlags vom mittelbaren Abnehmer auf nachfolgende Abnehmer darzulegen, um hiermit neben der Höhe möglicher Kompensationszahlungen auch den Schadensersatzanspruch im Ganzen in Zweifel zu ziehen.30
3. Preisschirmeffekte
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Dem Grunde nach kommen auch sog. „Preisschirmeffekte“31 in Betracht, obgleich die Erfolgsaussichten für die Durchsetzung von hierauf beruhenden Schadensersatzansprüchen bzw. die diesbezüglichen Schadensersatzrisiken für Kartellanten eher geringer sein dürften. Mit dem Begriff des Preisschirmeffekts beschreibt die ökonomische Lehre das Phänomen, dass preisliche Spielräume und Absatzchancen von Anbietern auf einem Markt umso höher ausfallen, je höher die Preise der übrigen Anbieter auf dem relevanten Markt sind. Insoweit erweitern die kartellbedingten Folgen auf dem relevanten Markt bzw. der seitens der Kartellanten „aufgespannte Preisschirm“ die (Preissetzungs-) Spielräume auch für diejenigen Unternehmen, die nicht am kartellrechtswidrigen Verhalten beteiligt waren (sog. „Kartellaußenseiter“).32
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Nutzen Kartellaußenseiter diese Spielräume in ihren Geschäftsbeziehungen aus, z.B. bei periodischen Verhandlungen, zahlen auch ihre Abnehmer kartellbedingt erhöhte Preise. Abnehmern von Kartellaußenseitern kann daher ebenfalls ein im kartellrechtswidrigen Verhalten begründeter (und damit kausaler) Schaden entstehen – auch wenn sie sich nicht in der Veräußerungskette der Kartellanten bzw. auf einer nachgelagerten Marktstufe befinden.33
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Für solche Preisschirmeffekte haften nicht die Geschäftspartner der betroffenen Unternehmen, die nicht am Kartell beteiligt waren, sondern die Kartellbeteiligten, weil sie den Preisschirm erzeugt haben. Schadensersatzansprüche bestehen allerdings nur dann, wenn erwiesen ist, dass ein Kartell im konkreten Fall, insbesondere aufgrund der bestehenden Marktbesonderheiten, Preisschirmeffekte zur Folge hatte und dass dies den Kartellanten nicht verborgen bleiben konnte.34
4. Zwischenergebnis
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