Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen. Christoph Keller
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1 Der Sachverhalt ist angelehnt dem Urteil des VG Schleswig v. 15. 6. 1999 – 3 A 209/97, NJW 2000, 970. Mit entsprechenden Fallbearbeitungen auch P-TRE PolR Sachsen, S. 146. — 2 Das Klingeln an der Wohnungstür und die Aufforderung diese zu öffnen, ist nicht notwendigerweise mit einem Betreten (Durchsuchen) verbunden. Insofern liegt ein eigenständiger Grundrechtseingriff in Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) vor. Das Klingeln an der Wohnungstür („Öffnen Sie die Tür“) ist – ebenso wie die „Ermahnung zur Ruhe“ – als selbstständige Verfügung zu qualifizieren. Problematisch ist in derartigen Fällen mitunter die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes. § 43 VwVfG NRW stellt den Zeitpunkt der Wirksamkeit mit der Bekanntgabe gleich. Bekanntgabe bedeutet, dass der Empfänger über den Verwaltungsakt informiert wird. Zuweilen könnte die Bekanntgabe zweifelhaft sein, da nicht unbedingt davon ausgegangen werden kann, dass das Klingeln (Aufforderung) auch wahrgenommen wird. — 3 Hierbei geht es nicht um die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit, sondern um die Verhinderung der Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit. Das aber ist Teil der Gefahrenabwehr. — 4 Vertiefend: Voßkuhle JuS 2007, 908; Schoch JURA 2003, 472. — 5 Grundlegend Britz NVwZ 2019, 672 ff.: Freie Entfaltung der Persönlichkeit – Verfassungsversprechen zwischen Naivität und Hybris? — 6 OLG Düsseldorf NJW 1990, 1676. — 7 Das Öffnen einer Tür wird auch als „Teilhandlung“ zum Betreten und Durchsuchen einer Wohnung angesehen, die vom Adressaten erduldet werden muss; so das VG Düsseldorf, Beschl. v. 28. 9. 1983 – 18 K 1051/82. — 8 Vgl. auch mit einer Fallbearbeitung Springer PIR 1/2009, 46 ff. — 9 Grundlegend zum Wohnungsgrundrecht Braun StaatsR, S. 166 ff. — 10 Puttler JA 2001, 669 (672). — 11 WHM POR NRW, Rn. 196: Die Öffnungsverfügung selbst kann nur auf der Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW) beruhen, da sich aus § 41 PolG NRW im Hinblick auf den Wortsinn nicht die Befugnis ergibt, den Wohnungsinhaber aufzufordern, die Wohnung aktiv zugänglich zu machen. — 12 Schenke POR, Rn. 115. — 13 Schenke POR, Rn. 152. — 14 Götz/Geis POR, § 12, Rn. 5; Schenke POR, Rn. 115. A.A.Gusy PolR, Rn. 256 („Die Durchsuchung ist als Realakt, nicht hingegen als Verwaltungsakt zu qualifizieren“). — 15 Schenke POR, Rn. 115: Die Anordnung einer Durchsuchung, mit welcher der Betroffene zur Duldung der Durchführungshandlung verpflichtet wird, stellt sich als VA dar, die Durchführung der Durchsuchung dagegen als Realakt. — 16 Kritisch Schmitt/Kammler NWVBl. 1995, 166 (167). — 17 Fehling JA 1997, 482 (483). — 18 Die Prämisse „auch ohne Einwilligung“ wird auch als „eigentlich überflüssig“ betrachtet. Sie darf nicht dahin verstanden werden, es müsste immer erst die Nicht-Einwilligung eingeholt werden, bevor gem. dieser Vorschrift (§ 41 PolG NRW) gehandelt werden könne. Vielmehr will § 41 PolG NRW zum Ausdruck bringen, eine Wohnung dürfe betreten werden, ohne dass es auf das Vorliegen einer Einwilligung ankäme. Wenn eine Einwilligung vorliegt, geht der Wohnungsbetretung der Eingriffs-Charakter ab und es stellen sich keine rechtlichen Probleme, jedenfalls solange die Polizei nur überhaupt im Rahmen polizeilicher Aufgaben handelt, Schmitt-Kammler NWVBl. 1995, 166 (dort. Fn. 11). — 19 Vertiefend: Robrecht apf 2006, 199 ff. — 20 BVerfG NJW 2001, 1121 (1123). — 21 Tegtmeyer/Vahle PolG NRW, § 42, Rn. 1. — 22 Knemeyer POR, Rn. 218; nach a. A. ist die Adressateneigenschaft nach den Inanspruchnahmenormen zu prüfen. Den Adressaten aus der Ermächtigung zu nehmen mit dem Hinweis, er sei Wohnungsinhaber, ist nicht sachgerecht, da es seine Rechtsposition unzulässigerweise verkürzt, wenn die Gefahr weder von der Wohnung ausgeht oder noch der Wohnungsinhaber sie verursacht hat, vgl. Tetsch ER Bd. 2, S. 108. — 23 Nimtz/Thiel ER, Rn. 905. — 24 Nach anderer Auffassung ist für diese Maßnahme § 8 PolG NRW zu prüfen. Allerdings ergibt sich dann die Situation, dass nach dem Türöffnen zusätzlich § 41 PolG NRW zu prüfen ist. Daher wird hier dem ersten Lösungsweg der Vorzug gegeben, vgl. auch Springer PIR 1/2009, S. 46 (47). — 25 Tegtmeyer/Vahle PolG NRW, § 41 Rn. 3. — 26 P-TRE PolR Sachsen, S. 57. — 27 BVerwG NJW 1975, 130. — 28 Götz/Geis POR, § 8, Rn. 50. — 29 Die Nachtzeit umfasst vom 1. April bis zum 30. September die Stunden von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr und vom 1. Oktober bis zum 31. März die Stunden von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr; vgl. nun BVerfG, Beschl. v. 12. 3. 2019 – 2 BvR 675/14, NJW 2019, 1428: Der Begriff Nachtzeit ist in § 104 Abs. 3 StPO abschließend definiert, der indes aus der Zeit gefallen ist und für eine bäuerlich geprägte Lebenswelt konzipiert war, in der der Arbeitstag im Sommer morgens um 4 Uhr begann. Weil aber nach den heutigen Lebensgewohnheiten zumindest die Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr ganzjährig als Nachtzeit anzusehen ist, erstreckt sich nach der Entscheidung des BVerfG v. 12. 3. 2019 der Schutz vor nächtlichen Wohnungsdurchsuchungen auch in den Monaten April bis September auf die Zeit von 4 Uhr bis 6 Uhr morgens. Dies folge unmittelbar aus Art. 13 Abs. 1 GG; hierzu Kühlewein NStZ 2019, 501 ff.; Jahn JuS 2019, 822 ff.; Sachs JuS 2019, 1039 ff.; Muckel JA 2019, 471 ff.; Klein Kriminalistik 2019, 526 ff.; Vahle Kriminalistik, 383 ff. — 30 Kritisch zu „Nachtzeitregelung“ bereits Rachor/Graulich, in: Lisken/Denninger HdbPolR, Kap. E Rn. 632. — 31 Gegen die Ansicht, das zwangsweise Öffnen von Wohnungstüren sei als unselbstständiger Bestandteil des Betretens und Durchsuchens von der polizeirechtlichen Ermächtigungsgrundlage mit umfasst, spricht schon die Tatsache, dass das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen ohne Einwilligung des Wohnungsinhabers nicht notwendigerweise mit Zwang verbunden ist. — 32 Auf die Überlegung, dass es sich ggf. beim Öffnen der Tür nur um eine