Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen. Christoph Keller
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen - Christoph Keller страница 13
5. Übermaßverbot (§ 2 PolG NRW)
Das Betreten der Wohnung entspricht insbesondere dem Übermaßverbot. Es war geeignet, um weitere Maßnahmen treffen zu können. Mildere Maßnahmen führten nicht zum Erfolg. Die Maßnahme war auch angemessen angesichts der erheblichen Ordnungsstörungen, die von A (und seinen Gästen) ausgingen.
Parallelnormen zu § 41 PolG NRW (Betreten, Durchsuchen von Wohnungen): § 45 BPolG; § 61 BKAG; § 31 BWPolG; Art. 23 BayPAG; § 36 ASOG Bln; § 23 BbgPolG; § 21 BremPolG; § 16 HambSOG; § 38 HSOG; § 59 MVSOG; § 24 NdsSOG; § 20 RhPfPOG; § 19 SPolG; § 25 SächsPolG; § 43 LSASOG; § 208 SchlHVwG
C. Öffnen der Wohnungstür mit Schlüsseldienst
I. Ermächtigungsgrundlage
Durch das Öffnen der Tür mit Schlüsseldienst könnte der A in seinen Grundrechten auf Eigentum (Art. 14 GG) und auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) „verletzt“ worden sein. Eine formell-gesetzliche Ermächtigung ist erforderlich. Ob polizeiliches Handeln (auch) Zwang ist, lässt sich mithin bei Standardmaßnahmen letztlich relativ einfach sagen, da durch die Rechtsfolgenbeschreibung vorgegeben ist, welche Rechtsfolgen durch die Maßnahme erfasst werden, also noch keinen Zwang darstellen. § 41 PolG NRW berechtigt zum Betreten und Durchsuchen einer Wohnung. Das Öffnen der Tür mit Schlüsseldienst wird von § 41 PolG NRW nicht mit umfasst.31 Es liegt Zwang vor.
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Die Maßnahme dient der Durchsetzung der Grundverfügung, mithin der Gefahrenabwehr. Eine Anhörung kann unterbleiben (§ 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW).
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Zulässigkeit des Zwanges (§ 50 Abs. 1 PolG NRW)
Gem. § 50 Abs. 1 PolG NRW kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat (gestrecktes Verfahren). Ein gestrecktes Verfahren kommt nur in Betracht, wenn ein wirksamer VA vorliegt, der auf Handeln, Dulden oder Unterlassen gerichtet ist. Das ist durch die Aufforderung der Polizeibeamten, die Wohnungstür zu öffnen, der Fall. Der nach § 80 Abs. 1 VwGO vorgesehene Suspensiveffekt (§ 80 Abs. 1 VwGO) entfällt nach § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, wenn es sich um unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten handelt. Grundsätzlich hat das Rechtsmittel der Klage aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO. Hier soll aber eine (gegenwärtige) Gefahr abgewendet werden. Eine zeitliche Verzögerung, um den Rechtsweg zu ermöglichen, kann nicht hingenommen werden. Es handelt sich um eine unaufschiebbare Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten, § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Die Voraussetzungen des sog. gestreckten Zwangsverfahrens nach § 50 Abs. 1 PolG NRW liegen vor.
Parallelnormen zu § 50 Abs. 1 PolG NRW (Gestrecktes Verfahren): § 6 VwVG; Art. 53 Abs. 1 BayPAG; § 53 Abs. 1 BbgPolG; § 47 Abs. 1 HSOG; § 80 Abs. 1 MVSOG; § 64 Abs. 1 NdsSOG; § 50 Abs. 1 RhPfPOG; § 44 Abs. 1 SPolG; § 53 Abs. 1 LSASOG; § 229 Abs. 1 SchlHLVwG; § 51 Abs. 1 ThürPolG
2. Zulässigkeit des Zwangsmittels (§ 51 PolG NRW)
Zwangsmittel sind in § 51 PolG NRW abschließend aufgezählt, d. h. mit anderen Mitteln dürfen polizeiliche Maßnahmen nicht durchgesetzt werden. In Betracht kommt Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW).32 Ersatzvornahme ist die Ausführung einer (vertretbaren) Handlung durch die Polizei oder einen Dritten anstelle des Pflichtigen. Ersatzvornahme scheidet naturgemäß im Hinblick auf Duldungen und Unterlassungen aus.33 Ersatzvornahme ist die Ausführung der eine vertretbare Handlung gebietenden Verfügung auf Kosten des Verantwortlichen.34 Das Wort „vertretbar“ wird hier nicht im Sinne von verhältnismäßig oder angemessen verwandt. Eine vertretbare Handlung ist immer dann gegeben, wenn sie nicht ausschließlich von dem Pflichtigen selbst, sondern auch von einem anderen vorgenommen werden kann. Die Ersatzvornahme ist demnach für unvertretbare Handlungen ausgeschlossen; diese können nur mit Zwangsgeld oder mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.
Die Polizeibeamten haben die Tür des A von einem Schlüsseldienst öffnen lassen und haben dadurch genau den Zustand hergestellt37, den auch A herbeigeführt hätte, wenn er die Tür von innen geöffnet hätte. Daher liegt eine Ersatzvornahme