Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen. Christoph Keller

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen - Christoph Keller страница 4

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen - Christoph Keller

Скачать книгу

des Angriffs durch PK A stellt sich rechtlich als Zwangsanwendung dar. Es handelt sich um unmittelbaren Zwang (§ 58 Abs. 1 PolG NRW) in Form der körperlichen Gewalt (§ 58 Abs. 2 PolG NRW) unter Einsatz eines RSG als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt (§ 58 Abs. 3 PolG NRW). Eingegriffen wird in das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Wie jedes Verwaltungshandeln, das in die Rechte eines Beteiligten eingreift, bedarf es auch für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) einer gesetzlichen oder auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Ermächtigungsgrundlage. Die Maßnahme dient der Gefahrenabwehr (Abwehr von Gefahren für PK A).10

       II. Formelle Rechtmäßigkeit

      Die sachliche Zuständigkeit ergibt aus § 1 Abs. 1 Satz 1, 2 PolG NRW i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 POG NRW. Die Gefahr besteht für PK A sowie für die Rechtsordnung.

       III. Materielle Rechtmäßigkeit

       1. Zulässigkeit des Zwangs (§ 50 Abs. 2 PolG NRW)

      Nach § 50 Abs. 2 PolG NRW kann der Verwaltungszwang (auch) ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Behörde innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

       a) Handeln im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse

      Im Rahmen ihrer Befugnisse handelt die Behörde, wenn sie rechtmäßig einen entsprechenden (fiktiven/hypothetischen) Grundverwaltungsakt hätte erlassen dürfen. Es wird also verlangt, dass ein Verwaltungsakt, der dem Zwang grundsätzlich vorausgehen müsste, vorliegend aber nicht vorausgehen kann, rechtmäßig wäre, d. h. es ist demzufolge zu prüfen, ob die Polizei, wenn hierzu die zeitliche Möglichkeit bestanden hätte, befugt gewesen wäre, einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen. Zu prüfen ist die materielle Rechtmäßigkeit des (Grund-)Verwaltungsaktes; Zum Prüfungsumfang Band 1, S. 45.

      Mangels Spezialermächtigung (§§ 9 ff. PolG NRW) kommt als Grundlage für einen entsprechenden Verwaltungsakt (Verfügung) nur § 8 PolG NRW in Betracht („Unterlassen Sie den Angriff“).

       aa) Materielle Rechtmäßigkeit

      § 8 Abs. 1 PolG NRW fordert das Vorliegen einer im einzelnen Falle bestehenden (konkreten) Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Diese Gefahr liegt vor, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Schadens tatsächlich befürchtet werden muss und der Eintritt des Schadens zeitlich und räumlich konkretisierbar ist. Dass diese Gefahrenlage vorliegend gegeben war, bedarf keiner näheren Begründung. Es bestand sogar eine gegenwärtige Gefahr, d. h. eine konkrete Gefahr mit zeitlicher Steigerung. PK A wurde unvermittelt tätlich angegriffen. Der Eintritt des schädigenden Ereignisses stand unmittelbar (!) bevor. Eine gegenwärtige Gefahr schließt die konkrete Gefahr ein. Die Gefahr bestand für die körperliche Unversehrtheit des PK A und der Rechtsordnung (§§ 113, 223 StGB) und damit (auch) für die öffentliche Sicherheit. Von einem öffentlichen Interesse an der Gefahrenabwehr ist auszugehen.

       bb) Verfahrensvorschriften

      Eine Verletzung von (allgemeinen) Verfahrensvorschriften (vgl. §§ 28 ff. VwVfG NRW) ist nicht denkbar, da hier ein fiktiver/hypothetischer Verwaltungsakt zu prüfen ist.

       cc) Adressat

      Durch die Generalklausel des § 8 Abs. 1 PolG NRW wird die Richtung der Maßnahme nicht bestimmt.

      Es ist also zu prüfen, ob Z als sog. Handlungshafter in Anspruch genommen werden kann. Z hat durch sein Verhalten die Gefahr unmittelbar verursacht. Er ist somit polizeipflichtig i. S. v. § 4 Abs. 1 PolG NRW.

       dd) Verhältnismäßigkeit i. w. S.

      Eine entsprechende polizeiliche Verfügung („Unterlassen Sie den Angriff“) ist grundsätzlich zwecktauglich und damit geeignet. Auch ist sie notwendig (erforderlich). Eine Verfügung entspricht bereits der geringstmöglichen Eingriffsqualität. Ein milderes Mittel als eine verbale Aufforderung ist nicht denkbar. Die Verfügung entspricht insbesondere der Verhältnismäßigkeit i. e. S., d. h. eine Abwägung zwischen der Belastung, die dem Z auferlegt wird, mit den Rechtsgütern, die geschützt werden, führt (eindeutig) nicht zu einem Missverhältnis. Die Verfügung ist (unstreitig) angemessen. Die Polizei hätte bei Erlass einer entsprechenden Verfügung innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt.

       b) Notwendigkeit des Sofortvollzugs zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr

       Parallelnormen zu § 50 Abs. 2 PolG NRW (Sofortiger Vollzug): § 6 Abs. 2 VwVG; Art. 53 Abs. 2 BayPAG; § 53 Abs. 2 BbgPolG; § 47 Abs. 2 HSOG; § 80 Abs. 2 MVSOG; § 64 Abs. 2 Nr. 1 NdsSOG; § 50 Abs. 2 RhPfPOG; § 44 Abs. 2 SPolG; § 53 Abs. 2 LSASOG; § 229 Abs. 2 SchlHLVwG; § 51 Abs. 2 ThürPolG

       2. Zulässigkeit des Zwangsmittels

      Gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW kann die Polizei unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Ersatzvornahme und Zwangsgeld kommen ersichtlich nicht in Betracht. Gem. § 55 Abs. 1 Satz 2 PolG NRW richtet sich die Art und Weise des (unmittelbaren) Zwanges nach den Vorschriften der §§ 57 ff. PolG NRW (vgl. § 57

Скачать книгу