Das Baustellenhandbuch Abnahme. Uwe Morchutt
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Für den Bauvertrag ist die Billigung der Werkleistungen als im Wesentlichen vertragsgerecht der praktisch wichtigste Vorgang bei der Abnahme. Billigung heißt nichts anderes, als dass der Auftraggeber zu erkennen gibt, dass er die Werkleistungen des Auftragnehmers akzeptiert. Der Auftraggeber muss die Möglichkeit haben, die Arbeiten des Auftragnehmers vor der Abnahme zu untersuchen und zu überprüfen. Es ist nicht erforderlich, dass der Auftraggeber diese Prüfungsmöglichkeit auch tatsächlich wahrnimmt.
Praxistipp | |
Jeder Auftraggeber sollte die Bauleistungen seines Auftragnehmers genau untersuchen und sich dabei ggf. auch fachlicher Hilfe (z. B. durch einen Architekten) bedienen, bevor er die Abnahme erklärt. |
Die zweite rechtliche Voraussetzung der Abnahme – „Übergabe des Werks“ – ist praktisch kaum relevant. Hat der Auftraggeber schon Zugriff auf die Arbeiten des Auftragnehmers (z. B. bei Umbauarbeiten im bewohnten Haus), so genügt eine Fertigstellungsmitteilung des Auftragnehmers, um die „Besitzübergabe“ zu dokumentieren.
Praxistipp | |
Vorsicht bei den Rechtsbegriffen „Eigentum“ und „Besitz“. Auch wenn der Bauherr als Eigentümer des Baugrundstücks per Gesetz automatisch Eigentum an den Arbeiten des Auftragnehmers auf seinem Grundstück durch die feste Verbindung mit dem Grund und Boden erwirbt, so ist er damit noch nicht unbedingt Besitzer der Arbeiten. Besitz ist nämlich die tatsächliche, körperliche Herrschaft über die vom Auftragnehmer erbrachten Bauleistungen. Besitz hieran hat bis zur Abnahme meist nur der Auftragnehmer. |
Mit der Erläuterung der theoretischen Abnahmevoraussetzungen ist die Grundlage für die nun folgenden, in der Baupraxis wichtigen Einzelfälle gelegt.
Wie, durch wen und wann die Abnahme vorgenommen wird, behandeln deshalb die kommenden Kapitel. Zentrale Voraussetzung der Abnahme ist, dass die Bauleistungen (= das Werk) vom Auftragnehmer im Wesentlichen vertragsgerecht fertiggestellt sind. Das heißt, es dürfen nur geringfügige, unwesentliche Mängel vorhanden sein bzw. kleinere Restarbeiten fehlen. Dass es das vollständig fertiggestellte und mangelfreie Bauvorhaben oder Einzelgewerk nicht gibt, ist eine Binsenweisheit der Baupraxis. Nichtsdestoweniger entzünden sich fast alle Streitigkeiten der Baubeteiligten an Mängeln – und das oft vor Ort auf der Baustelle bei der Abnahme. Warum ist das so? Dies hängt mit den Hauptwirkungen der Abnahme zusammen, die in
Kapitel 7 dargestellt sind.2. Wie kann eine Bauabnahme erfolgen?
Autoren: Dr. Christian Voit, Martin Loderer
Der Auftraggeber billigt bei der Abnahme die Werkleistung des Auftragnehmers und erkennt damit dessen Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgemäß an. Die Abnahme ist (nach überwiegender Ansicht) von der rechtlichen Einordnung her eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung des Auftraggebers. Die Abnahme kann für den BGB-Bauvertrag durch drei unterschiedliche Abnahmearten erfolgen:
• | ausdrückliche Abnahme, siehe Kapitel 2.1 |
• | schlüssige (= konkludente bzw. stillschweigende) Abnahme, siehe Kapitel 2.2 |
• | Abnahme durch Fristablauf (= fiktive Abnahme), siehe Kapitel 2.3 |
Diese Abnahmeformen gelten auch für den VOB-Bauvertrag, werden dort aber durch spezielle Abnahmearten ergänzt (vgl.
Kapitel 2.4).Das BGB schreibt für die Abnahme weder ein bestimmtes Verfahren noch eine konkrete Form vor. Ist bauvertraglich nichts Besonderes vereinbart, kann die Abnahme also auch mündlich erfolgen. Schon zu Beweiszwecken ist für den Auftraggeber und den Auftragnehmer immer eine schriftliche Dokumentation der Abnahme in einem Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll} zu empfehlen.
Praxistipp | |
Über jede Abnahme sollte ein Abnahmeprotokoll angefertigt werden. In das Abnahmeprotokoll sind zumindest der Abnahmezeitpunkt, die anwesenden Personen, Mängel, fehlende Restleistungen und Erläuterungen der Beteiligten sowie Vertragsstrafenvorbehalte und die Abnahmeerklärung bzw. die Abnahmeverweigerung aufzunehmen. Schließlich sollte das Abnahmeprotokoll von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Nur so lassen sich Mängelrügen, Vertragsstrafenvorbehalte, Abnahmeverweigerung und Beginn der Mängelgewährleistungsfrist ausreichend sicher und klar beweisen. Ein Mangelvorbehalt im Abnahmeprotokoll belässt die Beweislast für diesen Mangel – trotz der Abnahme der Gesamtleistung – beim Auftragnehmer. |
{Abnahme, ausdrückliche}
Bei der ausdrücklichen Abnahme erklärt der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer direkt die Abnahme der Werkleistungen. Bestes Beispiel hierfür ist die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch den Auftraggeber. Andere Formen der ausdrücklichen Abnahme sind Aussagen des Auftraggebers nach der Fertigstellung der Arbeiten des Auftragnehmers, er (Auftraggeber) sei mit dem Auftragnehmer zufrieden, die Arbeiten seien in Ordnung, der Auftragnehmer habe seine Aufgabe gut gemacht, er (Auftraggeber) könne jetzt in das Bauvorhaben einziehen usw. Derartige Aussagen sind z. B. in Gesprächen, Telefonaten, Anschreiben oder E-Mails möglich.
2.2 Schlüssige (= konkludente bzw. stillschweigende) Abnahme
{Abnahme, konkludente}
{Abnahme, stillschweigende}
Die ausdrückliche und schriftlich dokumentierte Abnahme ist trotz ihrer Vorteile für den Auftraggeber und den Auftragnehmer bei vielen Bauvorhaben in der Baupraxis die Ausnahme. Häufig wird die Abnahme vergessen oder gar vom Auftraggeber (bewusst oder unbewusst) vereitelt. Dies gilt umso mehr für diejenigen Bauvorhaben, bei denen später Streit entsteht – und sei es erst bei der Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaften. In diesem Fall muss untersucht werden, ob, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt der Auftraggeber durch sein Verhalten eine Abnahme zum Ausdruck gebracht hat. Dass dies nicht immer einfach ist und zumeist mit erheblichen Problemen für den Unternehmer einhergeht, wird jeder Baupraktiker bestätigen können. Welche sind nun diese Verhaltensweisen des Bauherrn, die auf eine Abnahme schließen lassen?
Eine stillschweigend