Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld
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"Aber ..." Charalon schüttelte den Kopf. "Wieso Ravenhorst? Die Damonen sind hier. Sie haben die Hohe Festung erobert. Ich war dabei und habe mit meiner Magie bei der Verteidigung geholfen, doch es hat nichts genutzt. Sie haben Ai'Lith einfach überrannt, und wenn wir keine Hilfe erhalten, wird auch Cavillon fallen!"
"Du irrst dich", sagte Maziroc leise. "Trotz allem haben wir die zahlenmäßige Überlegenheit der Damonen noch unterschätzt. Sie sind nicht nur hier. Ein weiteres Heer von ihnen ist noch Nordosten gezogen und dürfte schon in den nächsten Tagen die Todessümpfe erreichen."
"Dann sind wir verloren", murmelte Eibon. Er war ebenfalls aufgestanden, ließ sich nun aber wieder auf den Baumstamm zurücksinken, auf dem er gesessen hatte. Seine Bewegung wirkte matt und kraftlos. Die Erschöpfung hatte tiefe Falten in sein Gesicht gegraben, aber schlimmer noch war eine andere Schwäche, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Der Untergang Ai'Liths musste ihn noch schlimmer als alle anderen getroffen haben. Als Maziroc ihm das letzte Mal gegenübergestanden hatte, hatte der Elbenkönig Autorität und innere Macht ausgestrahlt, wie sie nur ein ungebrochenes Selbstbewusstsein erzeugte. Nun war davon nichts mehr zu spüren. Er war ein geschlagener alter Mann, der mit Ai'Lith auch seine Hoffnung verloren hatte, alles, woran er geglaubt hatte. Mit der Eroberung der Hohen Festung hatten die Damonen einen Sieg errungen, der weit über die rein militärische Bedeutung hinausreichte.
Man brachte Maziroc und seinen Begleitern zu Essen und zu Trinken, und Charalon und Eibon berichteten abwechselnd vom Verlauf der Schlacht. Nachdem es am ersten Tag gelungen war, alle Angriffe zurückzuschlagen, hatten die Verteidiger trotz ihrer immensen zahlenmäßigen Unterlegenheit frischen Mut geschöpft. Obwohl sie immer wieder dagegen anstürmten, war es den Damonen nicht gelungen, auch nur den Zugang zum Tal zu erobern. Mit furchtbaren Verlusten hatten sie sich immer wieder zurückziehen müssen. Die daraufhin bei den Elben aufgekommene Hoffnung war jedoch verfrüht gewesen. Schon in der folgenden Nacht hatte sich das Kriegsglück entscheidend gewendet. Zu Hunderten und Tausenden hatten plötzlich die geflügelten Damonen angegriffen. Die Dunkelheit hatte ihnen Deckung geboten, sodass sie stets erst im letzten Moment zu entdecken gewesen waren, wenn es für einen sicheren Pfeilschuss fast schon zu spät gewesen war. Dennoch waren auch von ihnen unzählige gefallen, doch sie hatten furchtbar unter den Elbenkriegern gewütet und ihre Verteidigung entscheidend geschwächt.
Schließlich hatten sie den Zugang aufgeben und sich in die eigentliche Festung zurückziehen müssen. Die Damonen hatten das Tal regelrecht überflutet und auch die für menschliche oder menschenähnliche Angreifer unbezwingbar hohen Festungsmauern hatten keinen dauerhaften Schutz vor ihnen geboten. Sie hatten keine Leitern oder Seile gebraucht, um sie zu erklimmen. Viele der Damonenrassen waren insektoider Abstammung, und spinnenartig waren sie einfach an den Wällen und Mauern heraufgeklettert. Es war unmöglich gewesen, Pech oder auch nur Wasser immer wieder schnell genug zu erhitzen, um es über sie zu schütten und sie so zurückzutreiben, und auch die Felsbrocken, die man auf sie geschleudert hatten, waren bald zur Neige gegangen.
Dennoch hatten die Elben nicht aufgegeben. Obwohl sie selbst furchtbare Verluste erlitten, hatten sie Charalons Bericht zufolge die Ungeheuer zu Tausenden und Abertausenden getötet, doch für jeden toten Damonen waren gleich darauf mehrere neue aufgetaucht. Bis tief in die folgende Nacht hinein hatten die Elben die Ungeheuer am Übersteigen der Zinnen hindern können. Zu Zehntausenden hatten sich die Leichen der erschlagenen Damonen entlang der Mauern aufgetürmt, und angesichts ihrer schier unerschöpflich erscheinenden Reserven hatten gerade das schließlich den Untergang Ai'Liths eingeläutet.
Trotz ihrer spinnenhaften Geschicklichkeit hatte es die Bestien Zeit gekostet, an den Mauern emporzuklettern. Die aufgetürmten Kadaver der erschlagenden Ungeheuer jedoch hatten regelrechte Rampen gebildet, die schließlich bis an die Mauernkronen reichten.
An diesem Teil des Berichts schauderte es Maziroc bei der bloßen Vorstellung, wie die Damonen über die Berge von Kadavern herangestürmt waren und sich wie eine Flutwelle über die Festungsmauern ergossen hatten.
Nachdem sie diese erst einmal erobert hatten, gab es nichts, was sie noch aufhalten konnte. Ai'Lith war gefallen, und Eibon hatte den Befehl zum Rückzug geben müssen, wollte er nicht alle seine Männer dem sicheren Tod ausliefern. Da die Damonen bereits das gesamte Tal beherrschten, hatte er den Rest seiner Armee durch einen geheimen unterirdischen Fluchtweg unter dem Hauptturm aus dem Gebirge herausgeführt. Hundert Freiwillige waren zurückgeblieben und hatten ihr Leben geopfert, um die Flucht der anderen zu verbergen und ihnen einen Vorsprung zu verschaffen, indem sie die Damonen noch eine Zeit lang aufhielten.
"Seither werden wir wie die Tiere gejagt", schloss Charalon mit resigniert klingender Stimme. "Wir haben unseren Vorsprung halten und sogar etwas ausbauen können, aber dafür sind wir wie die Teufel geritten und haben uns nie mehr als vier oder fünf Stunden Rast gönnen dürfen."
"Diese Ungeheuer scheinen keine Erschöpfung zu kennen", ergänzte Eibon. "Das ist das Geheimnis ihrer Schnelligkeit. Sie sind langsamer als wir, doch sie legen keine Pause ein, folgen uns unerbittlich."
"Aber wovon leben sie? Selbst wenn sie keinen Schlaf brauchen, müssen doch auch sie irgendwann mal Nahrung zu sich nehmen. Für ein so gewaltiges Heer immer wieder Nachschub heranzuschaffen, erfordert Zeit."
"Ahnst du es nicht?", antwortete Charalon in einem Tonfall der Maziroc eine weitere schreckliche Enthüllung ahnen ließ. "Wir haben es am ersten Tag des Kampfes entdeckt. Ich bin sicher, du hast kaum irgendwelche Kadaver von ihnen bei den Ruinen von Ai'Lith gesehen. Sie fressen ihre eigenen toten Artgenossen, und vermutlich nicht nur die toten. Wenn einer von ihnen verwundet oder geschwächt ist, werden sie ihn wahrscheinlich ebenfalls wie bei einem Rudel bestimmter Raubtiere verzehren. Du kannst dir vorstellen, welch für ein Festmahl sie gerade erst hinter sich haben."
Erneut schauderte Maziroc vor Grauen, dabei war es in der Tat eine so naheliegende Erklärung, dass er sie sich selbst hätte zusammenreimen können. Bei Ungeheuern wie den Damonen war kaum zu erwarten, dass sie irgendwelche Gräber aushoben, um ihre Toten zu bestatten. Schließlich waren sie intelligenzmäßig nicht viel mehr als Tiere.
"Jeden Vorsprung, den wir am Tage herausschinden, verlieren wir nachts fast vollständig wieder, wenn wir rasten müssen", erklärte Eibon. "Zwei Drittel meiner Krieger sind bereits tot, und ich weiß nicht einmal, ob die übrigen diese Flucht noch lange genug durchhalten, um Cavillon lebend zu erreichen."
"Was ist mit Maramon?", wandte Maziroc ein. "Die Stadt liegt nur zwei Tagesritte von hier entfernt und ist stark befestigt."
Der Elbenkönig lächelte nur matt. "Maramon wurde bereits aufgegeben, so wie alle anderen Städte und Siedlungen zwischen hier und Cavillon. Zumindest hoffe ich es, denn ich habe schon vor Tagen Boten hingeschickt. Wie sollte irgendeine von Menschen erbaute Stadt dem Ansturm der Damonen länger als ein oder zwei Stunden standhalten können, wenn selbst die Hohe Festung innerhalb von kaum zwei Tagen gefallen ist?" Er schüttelte den Kopf. Selbst diese kleine Bewegung schien fast über seine Kräfte zu gehen. "Nein, alle Hoffnungen ruhen jetzt allein auf Cavillon, und ohne die Hilfe des Zwergenvolkes und seiner Drachen wird auch die Ordensburg fallen."
"Auch wenn zwischen Eurem Volk und meinem seit langer Zeit Feindseligkeit herrscht, möchte ich Euch meine tief empfundene Trauer über den Untergang Euerer Heimstatt ausdrücken, und ich bin sicher, ich spreche für mein ganzes Volk", meldete sich Marrin erstmals zu Wort. Aufrichtige Betroffenheit klang aus seinen Worten. "Ich wünschte, wir könnten Euch helfen zu vermeiden, dass Cavillon womöglich das gleiche Schicksal ereilt. Aber wie Maziroc schon berichtet hat, befindet sich Ravenhorst in ebenso großer Gefahr, und ich hoffe, Ihr habt Verständnis dafür, dass das Überleben unseres eigenen Volkes für uns Vorrang vor allem anderen hat."
"Daraus