Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld
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Aus Furcht, dass man sie erneut angreifen könnte, ließ Marrin den Drachen sehr hoch und sehr schnell fliegen, doch es gab keinen Angriff. Entweder entdeckten die Damonen sie hoch am Nachthimmel nicht, oder bei dem Heer befanden sich keine Flugungeheuer, oder aber sie kümmerten sich aus irgendwelchen anderen Gründen gar nicht weiter um den Drachen. Was auch immer davon zutraf, Maziroc war es nur recht. Er konnte auf eine weitere Auseinandersetzung in der Luft gut verzichten.
Das Damonenheer war so gewaltig, dass es dem Magier wie eine Ewigkeit vorkam, bis es endlich hinter ihnen zurückblieb. Marrin ließ den Drachen tiefer sinken, als keine unmittelbare Gefahr einer Entdeckung und eines Angriffs mehr bestand.
Sie flogen noch weitere knapp zwei Stunden, bis sie schließlich Lichter unter sich entdeckten. Es handelte sich um die zahllosen Lagerfeuer des Nachtlagers eines Heeres. Mit Schrecken wurde Maziroc bewusst, welch geringen Vorsprung die Elben nur vor ihren Verfolgern hatten. Seit sie aus der Hohen Festung geflohen waren, mussten sie permanent gejagt worden sein.
Marrin ließ den Drachen einige hundert Meter von den Feuern entfernt niedergehen, um keine Panik oder irgendwelche Abwehrreaktionen hervorzurufen, wie sie angesichts der gefährlichen Situation und der sicherlich angespannten Nerven der Elbenkrieger durchaus möglich waren.
"Ich werde direkt wieder losfliegen und unseren Königen vom Fall der Hohen Festung berichten", erklärte er, als Maziroc und Pollus aus dem Korb gestiegen waren.
"Ich kann Euren Wunsch, so schnell wie möglich nach Ravenhorst zurückzukehren, gut verstehen", antwortete Maziroc. "Trotzdem solltet Ihr erst noch mit uns ins Lager kommen. Wenn Ai'Lith erobert wurde, dann droht auch Ravenhorst Gefahr. Ihr solltet Euch anhören, was genau in der Hohen Feste geschehen ist, das dürften für Borrus unschätzbar wichtige Informationen sein."
Der Zwerg zögerte einen Moment, dann kletterte auch er von dem Drachen herunter. "Ihr habt recht", sagte er mit einem Gesicht, als hätte er gerade sein eigenes Todesurteil verkündet. "Ich würde mir lieber eine Hand abhacken, als mich freiwillig in ein Heerlager der Elben zu begeben, aber diese Informationen könnten für mein ganzes Volk lebenswichtig sein."
Mit raschen Schritten gingen sie auf das Lager zu, doch kamen sie nur wenige Dutzend Schritte weit. "Stehen bleiben!", ertönte ein barscher Befehl aus der Dunkelheit vor ihnen. "Keinen Schritt weiter oder wir schießen. Wer seid ihr?"
Da die Damonen vermutlich keine der bekannten Sprachen beherrschten, zeigte die Aufforderung nur, dass die Wachen bereits erkannt hatten, dass sie es nicht mit den Ungeheuern zu tun hatten. Dennoch verharrte Maziroc ebenso wie seine Begleiter augenblicklich.
"Ich bin Maziroc von Cavillon", antwortete er und fügte in der Ursprache der Elben einen Gruß hinzu.
Eine Gestalt trat vor ihnen aus den Schatten der Nacht. Als der Elb erkannte, dass Maziroc nicht gelogen hatte, leuchteten seine Augen erfreut auf.
"Maziroc, Ihr seid es wirklich! Mein Name ist Karon. Wie seid Ihr hergekommen? Wir sahen einen Schatten am Himmel und glaubten schon, diese verdammten geflügelten Ungeheuer würden wieder angreifen. Fast hätten ..." Er brach ab, als er neben Pollus auch den Zwerg in der Begleitung des Magiers entdeckte.
"Das sind Pollus aus der Garde von Cavillon und Marrin vom Volk der Zwerge", stellte Maziroc vor. Weitere Elben näherten sich mittlerweile. "Das kleine Volk hat mich auf einem seiner Drachen herbringen lassen, sonst wäre ich erst in Wochen eingetroffen. Das war der Schatten, den Ihr gesehen habt."
Misstrauisch beäugten sich der Elb und der Zwerg ein paar Sekunden lang, dann wandten sie demonstrativ den Blick voneinander ab.
"Kommt, ich bringe Euch zu Charalon und Eibon", sagte Karon.
"Charalon ist hier?", hakte Maziroc überrascht nach.
"Ja, er war in Ai'Lith, als ... Aber das sollen er und Eibon Euch besser berichten. Es gibt schreckliche Nachrichten."
"Ich weiß es bereits", antwortete Maziroc niedergeschlagen, während sie auf das Lager zu gingen. "Ich hatte Marrin gebeten, uns zur Hohen Festung zu bringen. Wir waren dort und haben gesehen, was geschehen ist."
"Diese Bestien haben uns einfach überrannt!", stieß Karon gleichermaßen hass- wie leiderfüllt hervor. "Der Kampf dauerte gerade mal nur zwei Tage. Wir hatten keine Chance. Niemand hat es je für möglich gehalten, dass Ai'Lith unter dem Ansturm eines Feindes fallen könnte, aber diese Ungeheuer ..."
Er brach ab, und als Maziroc den Blick zu ihm wandte, sah er, dass Tränen über das Gesicht des Elben rannen. Ai'Lith war nicht nur eine Festung gewesen, und auch nicht nur die Heimat der Elben seit ungezählten Jahrtausenden. Die Hohe Festung war ein Mythos in sich, ein Hort des Friedens, der Ordnung und auch der Stärke inmitten der oft unbeständigen politischen und militärischen Situation Arcanas. Nach dem Untergang dieses Mythos' gab es keinerlei Beständigkeit mehr. Nichts war mehr so, wie es gewesen war; buchstäblich alles schien plötzlich möglich.
Selbst der Untergang dieser gesamten Welt.
Wer sollte einer Macht wie den Damonen noch Einhalt gebieten können, wenn dies nicht einmal den Elben gelungen war, wenn selbst die Hohe Festung in nur zwei Tagen erobert worden war?
Tiefe Niedergeschlagenheit ergriff von Maziroc Besitz, obwohl er dies alles bereits gewusst hatte, seit er das verwüstete und verlassene Ai'Lith gesehen hatte. Dennoch hatte er in den vergangenen Stunden dagegen angekämpft, sich von der Mutlosigkeit überwältigen zu lassen. Jetzt jedoch, wo Karon ihm vor Augen führte, wie die verlorene Schlacht selbst den einst unerschütterlichen Durchhaltewillen der Elben gebrochen und ihnen die Hoffnung geraubt hatte, konnte auch er die Augen nicht länger vor der Realität verschließen. Was sollten noch irgendwelche Bündnisse nutzen? Selbst wenn sämtliche Länder, Städte und Völker sich zusammenschließen würden, hätten sie kaum noch eine Chance. Wahrscheinlich wären nicht einmal alle Krieger und Soldaten Arcanas gemeinsam in der Lage, es mit einen Feind wie den Damonen aufzunehmen.
Als sie die Feuer erreichten, erkannte Maziroc, dass die Elben nicht einmal ein richtiges Lager aufgeschlagen hatten. Die meisten waren offenbar so erschöpft gewesen, dass sie sich einfach irgendwo zum Schlafen hingelegt hatten, viele von ihnen sogar ohne sich mit irgendetwas zuzudecken. Es handelte sich ausnahmslos um Männer, soweit er erkennen konnte, und es waren nicht nur Elben, sondern auch viele menschliche Krieger."
"Was ist mit den Frauen und Kindern?", wandte er sich an Karon.
"Eibon hat sie bereits aus Ai'Lith fortgeschickt, bevor der Angriff begann", erklärte der Elb. "Keiner von uns hat es für möglich gehalten, dass die Hohe Festung fallen könnte, er jedoch scheint es bereits geahnt zu haben. Ich hoffe, sie haben Cavillon heil erreicht."
Er führte Maziroc und Pollus zu einem Zelt ziemlich im Zentrum des Lagers. Zelt war eigentlich eine geschmeichelte Bezeichnung, für die Decken und Planen, die zwischen einigen Bäumen gespannt waren. Mehrere Personen saßen in dem freien Raum dazwischen an einem Feuer, neben einigen weiteren Elben auch Charalon und Eibon. Als er Maziroc erblickte, sprang Charalon auf, eilte ihm entgegen und umarmte ihn voller Freude.
"Maziroc!", stieß er hervor. "Ich habe kaum zu hoffen gewagt, dich noch einmal lebend zu sehen. Doch wie ich sehe, hast du es sogar geschafft, bis zu den Zwergen zu gelangen", ergänzte er mit einem Blick zu Marrin. "Mit Ihrer Unterstützung können wir das Blatt vielleicht doch noch einmal wenden."
"Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen. Es wird keine Hilfe geben",