Die Magie von Pax. Sarah Nicola Heidner

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Die Magie von Pax - Sarah Nicola Heidner

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bringen mussten. Bea behandelte Mary wie eine Freundin, was wahrscheinlich daran lag, dass sie der Schwarzkutte ihr Leben zu verdanken hatte. Und ich – ich war einfach froh, nicht der einzige Freak hier zu sein. Mary war nett, aber ziemlich eigen. Sie saß die ganze Zeit im Zimmer und las irgendwelche Geschichtsbücher oder so einen Kram (freiwillig übrigens, das muss man sich mal vorstellen) und das besserte sich erst, als Herr Must ihr Mentor wurde. Die anderen Oberstufenschüler behandelten sie wie mich – hinter ihrem Rücken wurde getuschelt, ansonsten hielt sich die Lästerei in Grenzen. Hin und wieder kamen ein paar Sprüche à la »Komm mir nicht zu nah – Schwarzkutten sollen angriffslustig sein!«, aber es war nicht mehr, als ich die letzten Jahre hatte ertragen müssen.

      Ich fragte Yu Weiß, ob es wirklich nötig wäre, dass ein Erwachsener in unserem Zimmer Wache hielt und er beschränkte es auf eine Wache vor der Tür und eine im Hof (die armen Lehrer!).

      Die Abende verbrachten wir drei eigentlich immer mit Hausaufgaben. Während Mary Fragebögen über Magie, vor allem die der Rotkutten, ausfüllte, ließ Bea Gegenstände durch den Raum fliegen (die leider nicht immer dort landeten, wo sie sollten – ich sag nur blaue Flecke an meinen Beinen und ein grüner Farbklecks auf Marys neuer, roter Robe) und ich las Bücher über die verschiedensten Kampfstellungen.

      Die ersten Stunden machten Merl und ich nur Theorie, aber danach fingen wir mit dem Kämpfen an und ich konnte nachvollziehen, dass Yu Weiß Merl als Trainer ausgewählt hatte, auch wenn er noch so jung war.

      Bevor ich mich überhaupt nur bewegen konnte, hatte Merl mich schon zu Boden gedrückt. Er hatte viel Geduld mit mir, obwohl ich nicht wirklich besser wurde. Eigentlich wollte ich Bea nicht mit der ganzen Kampfgeschichte belasten, so kurz nach dem Angriff auf sie. Aber die Verletzungen vom Training konnte ich nicht auf ewig geheim halten, und so erzählte ich Bea und Mary schließlich von Merl und meinem (jetzt gebrochenen) Versprechen an Yu Weiß.

      »Bei Armet!«, stöhnte Bea, die in ihrem Bett lag und mich mit enttäuschter Miene anstarrte. »Du hättest mir das wirklich erzählen sollen!«

      »Sorry«, murmelte ich nur, schließlich hatte ich ihr erklärt, warum ich es zuerst verschwiegen hatte.

      »Das ist merkwürdig«, bemerkte Mary, ohne den Blick von ihrem Buch abzuwenden.

      Bea und ich schauten sie fragend an. »Na ja …«, sagte Mary gedehnt. »Es sieht ja so aus, als würden sie dir beibringen, dich zu verteidigen. Nachdem was du erzählt hast, übt ihr ja eher das Ausweichen als das Zuschlagen.«

      Ich nickte zustimmend und musste feststellen, dass ich das so noch nicht betrachtet hatte. Mary legte ihr Buch über Göttergeschichte (sehr langweilig, ich habe das mal irgendwann vor ein paar Jahren gelesen) zur Seite und schaute uns ratlos an.

      »Aber wenn sie dich wirklich vor den Schwarzkutten beschützen wollen – das gibt einfach keinen Sinn, Sofia. Ich war lange bei den Schwarzkutten, und ich kenne ihre Denkweise. Sie wollen Macht – die Macht der Blaukutten. Vor allem die neue Herrscherin Dite ist irgendeiner Sache auf der Spur, die angeblich mit der Macht der Blaukutten zu tun hat. Keine Ahnung, was sie genau plant, aber die Rotkutten interessieren sie generell nicht. Und du hast ja noch nicht einmal irgendwelche Magie.«

      »Ich verstehe es ja auch nicht«, seufzte ich, griff unter mein Bett und holte die Keksdose hervor. »Und Merl wohnt jetzt hier im Schülerhaus – ich habe ihn gestern in der Mensa gesehen. So was gibt es doch gar nicht, oder? Wechsel zwischen den Schülerhäusern? Er ist doch sicher nicht nur hierhergekommen, um mich zu unterrichten!« Ich bot den beiden die Kekse an und nahm mir selbst einen, nachdem Mary abgelehnt und Bea zugegriffen hatte.

      »Eigentlich gibt es solche Wechsel nicht. Du musst ihn uns unbedingt mal zeigen!«, quietschte Bea aufgeregt. »Bei Armet – ich wünschte, Quandri würde mich auch lehren, mich zu verteidigen. Stattdessen dieser ganze Pilzquatsch!« Sie verdrehte die Augen. »Und sie ermuntert mich die ganze Zeit dazu, Mentorin zu werden. Hallo?! Gerade ich!«

      Mary und ich mussten grinsen. Bea konnte ich mir tatsächlich nicht als Mentorin vorstellen. In diesem Moment ertönte der Gong zum Nachmittagsunterricht. »Du musst unbedingt alles erzählen!«, rief Bea überschwänglich, als wir uns alle auf den Weg zu unseren Mentoren machten. Ich grinste sie an, aber in Wirklichkeit fragte ich mich, ob sie wirklich verstand, was Merl mir beibrachte. Natürlich – sie war nicht dabei. Aber wir trainierten nicht nur aus Spaß. Wir kämpften.

      Merl ließ mich wie immer ein paar Runden um die Matten laufen, dann wärmten wir uns gemeinsam auf, bevor wir mit Nahkampf anfingen. (Ich muss wohl nicht sagen, dass ich jämmerlich verlor.)

      »Ich möchte dir jetzt beibringen, wie du mit einem Schwert kämpfst«, sagte er nach der ersten Runde (ich keuchte übrigens schon jetzt, im Gegensatz zu ihm) und Yu Weiß, der sich an der Wand mit den Waffen niedergelassen hatte, stand auf und brachte uns zwei Schwerter, die er uns in die Hand drückte. Ich wog es in der Hand. »Das ist ja richtig schwer!«

      Merl lächelte belustigt. Ich hatte das Gefühl, dass er viel älter war, als er aussah. Es schien so, als hätte er schon viel erlebt (wer bitte, konnte auch sonst so kämpfen?!).

      Ich schaffte es gerade mal, das Schwert zu heben, während Merl damit so leicht durch die Luft wirbelte, als würde es nicht mehr als eine Feder wiegen. Nach ein paar Minuten des Ausprobierens erklärte er mir meine Schwachstellen (ziemlich viele!).

      »Deine linke Seite ist völlig ungeschützt, wenn du kämpfst«, er zeigte mir, wie man sich deckte und gleichzeitig andere Schläge abwehrte. »Das Wichtigste beim Schwertkampf ist für dich, dass du nie frontal angreifst und auf keinen Fall direkt gegen die Klinge des Angreifers schlägst. Dafür hast du einfach zu wenig Kraft, und das Schwert würde dir aus der Hand fliegen.«

      »Danke auch«, schnaubte ich, wusste aber, dass er Recht hatte. Als es zum Ende der Stunde klingelte, hängte Merl sein Schwert an die Wand und verschwand aus dem Trainingsraum. Ich seufzte tief, hievte mich (ehrlich gesagt ziemlich schwerfällig) von den Matten hoch und gab Yu Weiß mein Schwert.

      »Wer ist Merl eigentlich? Warum ist er erst jetzt hier im Schülerhaus, wenn er doch so alt ist wie ich? Kommt er aus einem anderen Schülerhaus der Rotkutten?«, fragte ich meinen Mentor, nachdem er mein Schwert neben Merls an die Wand gehängt hatte. Yu Weiß sah mich verärgert an. »Du musst lernen zu wissen, wann man am besten keine Fragen stellt, Sofia«, sagte er nur und rauschte aus dem Raum. Ich blieb zurück – sprachlos und empört. Okay, es war vielleicht nicht ganz fair, dass ich so sauer auf meinen Mentor war, aber die grundlegendsten Fragen beantwortete er mir nicht – wie zum Beispiel, weshalb wir dieses hier machten. Und außerdem (fand ich) hatte ich sehr wohl das Recht, zu wissen, wer Merl war. Immerhin verbrachte ich viele Stunden am Tag dabei, von ihm auf die Matten geworfen zu werden.

      Darüber beschwerte ich mich auch (wiederholt) bei Bea und Mary, als wir zu dritt am Tisch in der Mensa saßen und zu Abend aßen. (Luis hatte sich verzogen. Mit einem Freak hielt er es vielleicht Bea zuliebe aus, aber nicht mit zweien.) »Ich frag Yu Weiß morgen noch mal, vielleicht hat er dann bessere Laune«, sagte ich missmutig und stocherte in dem undefinierbaren Etwas auf meinem Teller herum. (Ehrlich gesagt erinnerte es mich eher an eine durchgeschmorte Glühbirne als an einen Rinderbraten.) »Das macht keinen Sinn, Sofia«, sagte Mary und warf Isabells Mentor, der mit griesgrämiger Miene am Nachbartisch saß, weil er die Wache für diese Woche hatte, einen genervten Blick zu. »Er wird es dir nicht sagen. Wenn du Antworten haben möchtest, musst du dich eher an Merl wenden. Oder – zu anderen Methoden greifen.« Bevor ich nachfragen konnte, was sie mit anderen Methoden meinte, kicherte Bea albern. »Du kannst dich ja an ihn ranschmeißen, Sofia. So schlecht sieht er wirklich nicht aus«, sie deutete (sehr!) auffällig an den Nachbartisch, wo Merl mit ein paar anderen Jungs saß. Ich senkte schnell den Blick, bohrte Bea meinen Ellbogen in ihre Seite, damit

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